Chat-Protokoll: PCOS, RLS, Neurodermitis
Essen als Medizin: Wie packe ich selbst so eine Ernährungsumstellung an? Was muss ich bei PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom) beachten? Was kann ich beim Restless-Legs-Syndrom tun? Wie sollte ich mich bei Neurodermitis ernähren? Um diese Themen ging es in Folge 65 der Ernährungs-Docs.
Im Anschluss an die Sendung war Dr. Matthias Riedl live im Chat. Der erfahrene Ernährungsmediziner hat Fragen beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:
Patricia S: Mein Mann hat Neurodermitis und Darmprobleme, wenn er viele Sachen isst. Ist es gut, Darmbakterien einzunehmen? Wie wäre eine Darm-Sanierung durchzuführen?
Dr. Matthias Riedl: Nein, diese Probiotika sind nicht genug erforscht. Besser ist es, eine professionelle Ernährungsberatung zu machen bei einer niedergelassenen Ernährungsberaterin oder in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin (www.bdem.de). Besonders da bei Ihrem Mann auch noch Darmprobleme bestehen.
Lars: Ich habe RLS [Restless-Legs-Syndrom] und MS [Multiple Sklerose]. Momentan kann ich nur mit Levodopa (50 mg) einschlafen, auch wenn die Beine ruhig sind. Nehme ich die Tablette nicht, komme ich nicht in den Schlaf, und dann beginnt das RLS irgendwann. Wie komme ich vom Levodopa wieder los? Ist eine Abhängigkeit zu befürchten?
Riedl: Nein, eine Abhängigkeit ist nicht zu befürchten. Ich rate aber dringend, eine professionelle Ernährungsberatung in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin zu machen. Dort wird der Ernährungsmediziner schauen, ob Ernährung was bringt, ob ein Eisenmangel oder eine Durchblutungsstörung vorliegt. Das wird von den Neurologen meist nicht so intensiv gecheckt.
Sonne242: Ich reagiere allergisch auf nahezu jedes Obst, Bier und Wein. Ich habe Neurodermitis im Ohr, Nase, Augenlid, Arme und Beine. Welche Stuhlanalyse ist die Richtige (wonach schauen)? Die Ärztin rät nur, Lebensmittel wegzulassen und Kortison zu nehmen.
Riedl: Eine Stuhlanalyse sollte nur von erfahrenen Ernährungsmedizinern gemacht werden. Das ist keine Routine. Die meisten Ärzte wissen das nicht zu deuten. Sie müssen das zudem selbst bezahlen. Kosten rund 130 Euro. Besser: eine professionelle Ernährungsberatung zu machen bei einer niedergelassenen Ernährungsberaterin oder in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin.
Nicole: Ich leide unter starkem Haarausfall, andauernde Müdigkeit trotz genügend Schlaf und über Monaten ausbleibende Menstruation. Ich verspüre dennoch immer wiederkehrende starke Schmerzen im Unterleib. Kann dies auch auf das PCO-Syndrom zurückzuführen sein oder könnten das eher Anzeichen auf Endometriose sein?
Riedl: Eher PCO als Endometriose. Aber beides muss behandelt werden. Beides führt zu Unfruchtbarkeit und beides kann gut behandelt werden. Aber eben nicht so per Chat. Hier brauchen Sie [Anm. d. Red.: eine fachärztliche Abklärung und] einen richtig erfahrenen Ernährungsmediziner in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin.
Doris S.: Ich leide unter Neurodermitis, die ich, bis auf den Kopf, im Griff habe. Ich leide unter trockener Kopfhaut, die schuppt und richtige Placken anklebt. Der Hautarzt verschreibt was zum Lösen. Das funktioniert ein paar Wochen und dann juckt es wieder und alles beginnt von Neuem. Ich bin 61 Jahre alt und habe diese Probleme schon seit zehn Jahren. Ich wiege 63 Kilogramm und bin 167 Zentimeter groß. Ich esse viel Gemüse und Salat und auch Fleisch und wenig Fisch und dezent Süßes. Ich habe gerade eine Weißmehl-Unverträglichkeit festgestellt, aber keine Besserung der Kopfhaut. Meine Schwächen: Ich trinke gerne Wein.
Riedl: Wichtig ist hier, die Auslöser zu finden. Das gelingt nur in einer Fachpraxis oder in einer professionellen Ernährungsberatung oder in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. Dann muss gecheckt werden, wieviel entzündungsfördernde Lebensmittel Sie essen, stimmt die Omega-3-Zufuhr und vieles mehr. Da ist viel zu tun.
Sonja: Ich leide seit meiner Kindheit an Neurodermitis. Mit Tabletten und Salben ist nicht wirklich eine Besserung zu erreichen. Was kann ich außer Kortison noch tun? Die Haut im Gesicht ist schon wie Pergament und es blutet direkt, wenn ich mich vorsichtig dort abtupfe. Weißmehl und Zucker lasse ich fast komplett aus meiner Ernährung raus.
Riedl: Der Omega-3-Index sollte gemessen und Auslöser müssen gefunden werden. Bitte an einen Ernährungsmediziner wenden. Das ist Detektivarbeit mit anschließendem Nahrungscoaching!
Norbert: In einigen Ernährungsempfehlungen der Ernährungs-Docs finde ich immer wieder, dass Knäckebrot nicht empfohlen wird. Wir essen Vollkorn. Was ist daran nicht gut?
Riedl: Knäckebrot ist gut bei gewissen Darmerkrankungen wegen der Verträglichkeit und es enthält Ballaststoffe. Vollkornbrot ist aber gesünder.
Kai: Inwieweit finden Sie die Ernährung mit Wild (vornehmlich Rehwild) als vorteilhaft beziehungsweise problematisch?
Riedl: Rehwildfleisch ist ursprünglich und enthält mehr Omega-3-Fette. Also Biofleisch. Das Tier ernährt sich selektiv in der Natur von dem, was es braucht. Es ist gerade ideal zur Ernährung. Wurstprodukte daraus können leider Bleireste enthalten.
Domi: Hängt Neurodermitis auch mit einem unerfüllten Kinderwunsch zusammen?
Riedl: Zum Glück gibt es da keine Hinweise. Allerdings schwächt eine schwere Neurodermitis die werdende Mutter. Dies könnte theoretisch zusammen mit anderen Stressfaktoren die Fruchtbarkeit beeinflussen. Aber nur sehr, sehr theoretisch.
Lisette: Meine beste Freundin hat Neurodermitis. Besonders im Winter ist diese akut. Sie muss diese deshalb mehrmals am Tag mit einer Creme behandeln und ist in ihrer Lebensweise sehr eingeschränkt. Im Sommer sind die Symptome nicht so schlimm. Haben Sie noch Tipps zur Prophylaxe oder einer Ernährungsweise? Da sie Studentin ist und zusätzlich noch eine Zöliakie hat, ist es oft schwer, auf beides Rücksicht zu nehmen.
Riedl: Im Winter ist die trockene Luft eine Zumutung für die Haut. Sie hat zwei schwere ernährungsassoziierte Erkrankungen und muss sich dringend in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin vorstellen. Dort besteht die Chance, die Neurodermitis zu lindern oder zu heilen.
Babsi: Gehört zum Restles-Legs-Syndrom auch Juckreiz an den Beinen und Armen?
Riedl: Nein, das wäre untypisch.
Anne: Ich habe eine Polyneuropathie. Helfen mir bei dieser Krankheit auch die Ernährungstipps, die Sie heute beim Restless-Legs-Syndrom vorgestellt haben?
Riedl: Nein, eine Polyneuropathie muss der Ursache entsprechend behandelt werden. Sie entsteht entweder durch Autoimmunkrankheiten, Diabetes oder Gifte. Dementsprechend erfolgt die Therapie. Es gibt aber auch Überlappungen und man kann beides haben. Da muss ein Fachmann genau draufschauen.
Andrea O.: Nach meiner Ernährungsumstellung vor einem halben Jahr esse ich täglich morgens zum Frühstück Haferflocken-Porridge mit Milch und Beeren. Nun merke ich aber in letzter Zeit, dass ich die Milch auch nicht mehr gut vertrage. Ersatzmilch, wie Mandel, Hafer oder Sojadrink, mag ich leider nicht. Wie könnte ich denn meinen "Matsch" noch schmackhaft hinbekommen?
Riedl: Theoretisch ginge auch die Zubereitung mit Wasser, Kefir oder Joghurt. Vielleicht vertragen sie die Milch auch und die Beschwerden kommen woanders her. Das müsste man durchleuchten.
Fari: Ich schaffe es nicht, mit PCOS [Polyzystisches Ovarialsyndrom] abzunehmen. Das Einzige, was geholfen hat, waren zwei Fastentage in der Woche (500 kcal am Tag). So habe ich sehr langsam drei Kilogramm abgenommen und halte das Gewicht jetzt. Seitdem ich nicht mehr faste, nehme ich nicht mehr ab, egal wie wenig ich esse. Das Fasten kann ich aber nicht über Monate aushalten. Ich bewege mich viel. Was raten Sie mir?
Riedl: Fasten allein reicht nicht aus. Es muss eine komplette Ernährungsanalyse stattfinden. Dort wird man schauen, ob alles im Lot ist: Zuckermenge, Gemüse, Proteine, Mahlzeitenfrequenz und Zusammensetzung.
Ella: Ich (65 Jahre, weiblich) habe Neurodermitis und eine Histamin-Intoleranz. Nach welcher Ernährungsweise soll ich mich nun richten?
Riedl: Wer mehr als zwei ernährungsbedingte Erkrankungen hat, muss eine professionelle Ernährungsberatung bei einer niedergelassenen Ernährungsberaterin oder in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin machen. Das schaffen Sie allein nicht. Die Gefahr von Mangelernährung wäre zu groß.
K.F.: Können Sie auch zweieinhalb Jahre alten Kleinkindern mit Neurodermitis mit der Ernährung helfen?
Riedl: Unbedingt. Je früher, desto besser. Aber das bitte immer in professioneller Ernährungsberatung machen bei einer niedergelassenen Ernährungsberaterin oder in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. Der Grund: Das Kind darf auf keinen Fall einer Mangelernährung ausgesetzt sein. Gut, dass Sie fragen. Sie ersparen dem Kind viel Leid, wenn Sie sich früh kümmern.
Tina: Gibt es Probleme bei der Einnahme von Schilddrüsenmedikamenten und der Ernährung mit Haferflocken?
Riedl: Nein, am besten eine halbe Stunde vor dem Essen einnehmen.
Markus49: Ich habe seit Januar meine Ernährung umgestellt und koche viel aus Ihren Büchern. Viel Protein, wenig Kohlenhydrate, gesunde Fette und wenig Zucker sowie Dinkel beziehungsweise Vollkorn. Weiterhin mache ich dreimal die Woche Sport. Habe nun zwölf Kilogramm runter, sowie Muskelmasse aufgebaut. Mein Problem: Mein Gewicht steht seit Monaten und das Fett an Bauch und Brust geht nicht weiter weg. Haben Sie hier Tipps für mich?
Riedl: Toll, gute Leistung! Ich erlebe das immer wieder. Sie haben alles richtig gemacht. Jetzt wehrt sich der Körper, er will nicht verhungern. Es kommt nun drauf an, dass weitere kleine Fehler ausgemerzt werden. Ich rate zu einer Analyse bei einer professionellen Ernährungsberatung, bei einer niedergelassenen Ernährungsberaterin oder in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. Die Berater stellen einen Antrag bei der Kasse.
Christopher Fischer: Meine Frage im Kontext vom Intervallfasten (16:8): Ist es für die Muskeln schädlich, mitten im Fastenintervall eine Einheit Kraft- und Ausdauersport beziehungsweise reinen Ausdauersport (jeweils 60 Minuten) abzuleisten und den Muskeln nach dem Training (und auch noch nach ihrem "Nachbrenneffekt") frische Nährstoffe und somit gegebenenfalls ein angemessenes Muskelwachstum zu verwehren? Ich bin männlich, 40 Jahre alt, 180 Zentimeter groß, wiege gut 69 Kilogramm und bin körperlich gesund; keine (Vor-)Erkrankungen, Gebrechen, o. Ä. Haben Sie vielen Dank!
Riedl: Wenn Sie wenig Körperfett haben, ist das ein niedriges Gewicht, aber okay. Sie müssen auf den Muskelerhalt setzen. In Ihrem Fall würde ich das Intervallfasten so planen, dass Sie nach dem Kraftsport Eiweiße zu sich nehmen können. Insgesamt zählt aber noch mehr für den Muskelaufbau, ob Sie in den 24 Stunden danach ausreichend Eiweiß gegessen haben.
Christine: Wo kann man denn so eine Darmanalyse und die Nährstoffanalyse machen lassen? Es gibt im Internet so viele Anbieter und es fällt schwer herauszufinden, was seriös ist.
Riedl: Bitte nicht auf eigene Faust [Anm. d. Red.: so etwas über das Internet buchen]. Die Interpretation ist schwierig. Es gibt viele Geschäftemacher in dem Bereich. Auch bei uns im Medicum Hamburg gehört die Analyse nicht zur Routine. Wir machen das in Einzelfällen.
Andrea: Ich leide an leichter Neurodermitis, aber auch an diversen Kreuzallergien. Rohes Obst und Gemüse kann ich gar nicht essen! Hülsenfrüchte und Vollkornbrot verursachen einen schmerzhaften Blähbauch. Die Reaktion kommt erst Tage später aus der Haut, sodass ich nicht sagen kann, was genau der Auslöser für den Schub war! Selbst Gemüsesäfte gehen nicht! Was nehme ich stattdessen bei einer Fastenkur? Hilft eine Kur mit dem Vitamin B6 und den Ölen (wobei Nüsse auch nicht gehen) vorab?
Riedl: Bitte nicht zu Hause rumprobieren. Das ist ein schwieriger Fall, hier muss ernährungsmedizinische Detektivarbeit bei einer niedergelassenen Ernährungsberaterin oder in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin gemacht werden. Dazu noch Intoleranztests. Wenn Sie auf eigene Faust etwas weglassen, schränken Sie sich ein und lassen eventuell das Falsche weg.
Anne S.: In der Sendung wurde empfohlen, Vitamin B6 zu ergänzen. Was ist hier die empfohlene Tagesdosis?
Riedl: Bitte nicht auf eigenen Faust [Anm. d. Red.: das Vitamin supplementieren], nur bei nachgewiesenem Mangel. Eine falsche Vitamin-B6-Dosierung kann zu schweren Nervenschäden führen!
Tanja Lemke: Ich mache seit Mai diesen Jahres Intervallfasten. Morgens um 10 Uhr frühstücken, dann zum Mittag um 14.50 Uhr einen Kaffee und eine warme geschäumte Milch und um 17 Uhr mache ich mir Abendessen: Da gibt es zum Beispiel zwei Bratwürste im Ofen warm gemacht, dazu Kartoffelsalat und Shrimpssalat und zwei Esslöffel Farmersalat vom Metzger. Und gemischter grüner Salat mit Tomaten und Mais. Und viel Bewegung! Habe schon 20 Kilogramm abgenommen. Mache ich das so richtig oder falsch?
Riedl: Das ist eine einseitige Ernährung mit viel tierischen Produkten. Quasi low-carb oder paleo. Damit nimmt man ab, steigert aber sein Herzkreislaufrisiko. Sprich: Man bekommt laut Statistik eher Infarkte oder Schlaganfälle.
Jolanda: Welche Lebensmittel bei Arthrose sollten wir meiden? Zum Beispiel Spargel, Rote Bete, Spinat, Rhabarber und welche mehr?
Riedl: Nein. Gemüse ist sehr gut bei Arthrose. Meiden sollten man viele tierische Produkte und hochverarbeitete Lebensmittel.
Mondschein: Gibt es auch jenseits der Wechseljahre PCOS? Oder trägt man das sein ganzes Leben mit sich?
Riedl: Frauen mit PCOS kommen früher in die Wechseljahre. Sie haben einen gestörten Stoffwechsel, der das Risiko für Diabetes stark ansteigen lässt. Im klassischen Sinne besteht dann kein PCOS, aber die Folgen daraus.
Nora: Sind die Ernährungsempfehlungen für Menschen mit PCOS und Normalgewicht (kein Übergewicht) die gleichen wie in der Sendung, oder gibt es da andere Empfehlungen? Ist es zum Beispiel immer sinnvoll, Gluten wegzulassen?
Riedl: Die Empfehlungen wären ähnlich. Gluten wegzulassen ist nur ein ergänzender Behandlungsversuch.