Mitglieder der Genossenschaft bilden eine Menschenkette vor der Mundhalle. © NDR Foto: Antonia Reiff
Mitglieder der Genossenschaft bilden eine Menschenkette vor der Mundhalle. © NDR Foto: Antonia Reiff
Mitglieder der Genossenschaft bilden eine Menschenkette vor der Mundhalle. © NDR Foto: Antonia Reiff
AUDIO: Hamburger Ideenschmiede Mundhalle steht vor dem Aus (3 Min)

Hamburger Ideenschmiede Mundhalle steht vor dem Aus

Stand: 20.01.2023 15:06 Uhr

Die Genossenschaft Mundhalle in der Hamburger HafenCity ist eine wichtige Ideenschmiede für Künstler, Kreative und Handwerkerinnen - ein Ort für kreativen Austausch. Jetzt steht sie vor dem Aus: Ende Februar wird das Gebäude abgerissen.

von Antonia Reiff

Mitten in der HafenCity wird die Mundhalle von einer Menschenkette umringt. "One last Hug" (eine letzte Umarmung) heißt die Aktion der Kreativen, Künstlerinnen und Unterstützer, die sich hier versammelt haben. Vor drei Jahren hat sich die Genossenschaft Mundhalle in Rothenburgsort gegründet. Ziel war, an einem gemeinsamen Ort kreativ zu arbeiten, Synergien zu nutzen und Ideen zu entwickeln. 70 Künstler, Gewerbetreibende und Handwerkerinnen haben seitdem nebeneinander und miteinander gearbeitet.

Blick auf eine Werkstatt mit einem bunten Schirm und einen gelben Fahrrad. © NDR Foto: Antonia Reiff
"Wir haben hier Menschen, die bauen Fahrräder und Surfbretter, aus Pilzen gewachsen", erzählt Paul Claussen.

"Wenn man in Hamburg nur am Computer arbeiten möchte, dann hat man vielfältige Möglichkeiten, man kann in Shared-Offices gehen. Aber wenn man in Hamburg etwas entwickelt möchte, handwerklich arbeiten möchte, dann findet man nichts", sagt Paul Claussen, der als Desginer und Bootsbauer in der Genossenschaft arbeitet. "Dafür haben wir das gemacht. Hier hat man das soziale Umfeld und die Interdisziplinarität."

Vor zwei Jahren schon einmal umgezogen

Dann kam 2021 der erste Umzug. Die Mundhalle musste ihren Standort in Rothenburgsort verlassen, neues Zuhause war die Halle des ehemaligen Cruise Centers in der HafenCity. Die war von Anfang an nur als Zwischennutzung gedacht - jetzt ist auch hier Schluss. Der Mietvertrag ist ausgelaufen und die Halle wird abgerissen. Die Genossenschaft der Mundhalle steht vor dem Aus.             

Alternative in Moorfleet scheitert

Auch dieses Mal haben sie wieder ein neues Gelände gefunden: In Moorfleet. Eineinhalb Jahre habe man in die Suche investiert, zusammen mit der HCU ein Konzept entwickelt. "Aber das klappt jetzt leider doch nicht", sagt Claussen: Wegen eines Rechtsstreits zwischen dem Eigentümer und der Stadt. "Das ist aber letztlich nicht unser Rechtsstreit. Den muss die Stadt führen", sagt Claussen.

Die Mundhalle steht beispielhaft für viele Initiativen und Orte Kreativen Schaffens in Hamburg, die vor ähnlichen Problemen stehen. Darunter auch der Verein Hallo aus dem Kraftwerk Bille. Auch der muss trotz Bundesförderung in Millionenhöhe Ende des Monats seinen Standort verlassen. Eine Perspektive und Alternativflächen gibt es bisher keine.

Arbeitsgemeinschaft Ost fordert bezahlbare Flächen für Kunst, Kultur und Soziales

Zusammen wollen sie lauter werden. In der Mundhalle stellt sich deshalb die neu gegründete Arbeitsgemeinschaft Ost vor. "Wir fordern dauerhafte und bezahlbare Flächen für Kunst, Kultur und Soziales im Hamburger Osten", erzählt Franziska Dehm vom Hallo Verein. "Es fehlt die komplette Innovation, die Kultur, es ist dann alles weg und wir haben auch immer in den Stadtteil reingestrahlt", sagt Paul Claussen. "Wir haben uns geöffnet, dass Menschen hier gucken können, haben geguckt, dass wir Bildungsangebote schaffen können und das ist dann alles weg." 

Am Eingang der Mundhalle leuchtet eine digitale Anzeige mit dem Countdown bis zum Auszug: Sie hoffen weiter auf einen neuen Ort für ihre kreative Arbeit. "Es ist nicht so, dass die Stadt uns ablehnt, im Gegenteil, aber trotzdem ist nichts bei rumgekommen in zwei Jahren", sagt Claussen. "Das finden alle Beteiligten schade. Aber schade ist das eine, auf unserer Seite bedroht es Existenzen."

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kulturjournal | 20.01.2023 | 19:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Kunsthandwerk

Installationskunst

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Cornelia Funke signiert ein Buch bei der Kinderbuchmesse KIBUM © Hauke-Christian Dittrich/dpa-Bildfunk Foto: Hauke-Christian Dittrich

50. KIBUM: Messe nimmt Kinderbücher in den Fokus

Zum 50. Mal treffen sich in Oldenburg Kinder- und Jugendbuch-Fans. Das Jubiläum der Messe hat Erfolgsautorin Cornelia Funke eröffnet. mehr