Krimi "Der Gott des Waldes": Ein Mädchen verschwindet aus dem Feriencamp
"Der Gott des Waldes" von Liz Moore zählt zu Barack Obamas Buchempfehlungen aus dem Jahr 2024. Jetzt ist der Roman auf Deutsch erschienen: ein vorzüglicher Krimi, nicht nur für Freunde des Genres.
In diesem in vielfacher Weise erstaunlichen literarischen Thriller geht es mitten in ein Naturreservat, bestehend aus einem dunklen, gefährlichen Waldgebiet und einem großen See. Dort lebt in einem imposanten Landhaus die wohlhabende Familie Van Laar, die seit Jahrzehnten ein Ferienlager für Kinder betreibt. Sie dürfen hier in einfachen Hütten leben und den Umgang mit der Natur lernen. In diesem Jahr hat Barbara, die 13-jährige Tochter der Van Laars, durchgesetzt, dass sie auch in das Ferienlager darf. Sie wird untergebracht in einer Hütte, die den Namen "Haus Balsam" trägt. Betreuerin Louise war in der Nacht kurz weg, und als sie zurückkommt, ist ein Bett leer.
Die einzige Taschenlampe in der Hütte, deren Fehlen auch bei Tag anzeigt, dass eines von den Mädchen zum Toilettenhaus gegangen ist, liegt an ihrem angestammten Platz auf einem Bord neben der Tür. Louise dreht sich langsam um die eigene Achse und ruft sich die Namen der Mädchen, die sie sieht, ins Gedächtnis. Melissa. Jennifer. Michelle. Amy. Caroline. Tracy. Kim. Acht Ferienkinder. Neun Betten. Sie zählt, und dann zählt sie noch einmal. Leseprobe
Auch Barbaras Bruder wird vermisst
Louise will nicht wahrhaben, dass es passiert ist und wertvolle Zeit für die Suche verstreicht, ehe dann der große Alarm, die riesige Suchaktion startet. Nicht nur etwa ein Dutzend Verdächtige werden in diesem Thriller beleuchtet und verfolgt - es geht auch in die Geschichte der Van Laars zurück. Denn vor 14 Jahren ist schon einmal ein Kind der Familie verschwunden, der kleine Sohn Bear. In Rückblenden wird von der Suche nach dem damals fünf Jahre alten Jungen erzählt. Der letzte Mensch, der ihn vor seinem Verschwinden gesehen hat, war der Großvater:
"Wann haben Sie ihn aus den Augen verloren?" Van Laar senior überlegte. "Fast sofort", sagte er. "Es gibt eine Stelle, vom Wanderweg aus etwa dreißig Schritte zurück in Richtung Haus, an der der Weg eine Biegung macht." Van Laar demonstrierte es mit der Hand. "Ich konnte Bear bis zu dieser Stelle sehen, dann bog er nach links ab und war weg." Leseprobe
Dort beginnt ein beliebter Wanderweg, und dann ist da auch noch ein Parkplatz direkt an der Straße. Das erweitert die Möglichkeiten, wo und wie das Kind verschwunden sein könnte. Ein gewalttätiger Mann, frisch aus der Haft entlassen, streift in der Gegend herum. Es gibt Verdächtige im nächsten Dorf, ebenso unter den Angestellten. Vor allem hat die Familie Van Laar brisante Themen, die auf keinen Fall zur Sprache kommen sollen durch eine tiefer gehende Suche.
Vorzüglicher Krimi mit überraschendem Finale
Liz Moore schafft es, die Spannung über knapp 600 Seiten hin nicht nur zu halten, sondern mehr und mehr zu steigern, bis zu einem überraschenden Finale. Themen wie Alkoholismus, soziale Ungerechtigkeit, die Macht der Superreichen, sich notorisch ihr eigenes Recht zu verschaffen, Folgen von ungerechten Anschuldigungen für die Betroffenen oder heftige Familienkonflikte werden in diesem erstklassigen Krimi ohne moralischen Zeigefinger sorgsam mitverhandelt. Kurz: Es ist ein vorzügliches Buch - nicht nur für Freunde des Kriminalromans.
Der Gott des Waldes
- Seitenzahl:
- 590 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Zusatzinfo:
- Aus dem Englischen von Cornelius Hartz
- Verlag:
- C.H. Beck
- Veröffentlichungsdatum:
- 20. März 2025
- Bestellnummer:
- 978-3-406-82977-2
- Preis:
- 26 €
