Magische Nachtklänge: Die eindrucksvolle Chormusik von Voces8
Von Dream Pop über Videospiel-Musik, Kirchengesänge und Neue Musik aus Skandinavien, eine Weltersteinspielung und das Werk einer Pulitzer-Preisträgerin: "Nightfall" von Voces8 präsentiert eine musikalische Vielfalt zum Thema Nacht, die weit über Wiegenlieder hinausgeht.
Im Schlaf kam schon so manchem kreativen Menschen die alles verändernde Idee; durch träumen kreieren wir die Zukunft; oder ganz romantisch: Zu zweit unter dem Sternenhimmel sitzen und Sternschnuppen zählen (oder Satelliten). Doch sie kann einem auch bedrohlich und düster, beängstigend und von Alpträumen gespickt den kalten Schweiß auf die Stirn treiben. Sie ist für alle, die vornehmlich tagsüber aktiv sind, eine ganz andere Welt: Die Nacht. Das Chormusik-Album "Nightfall" des britischen Ensembles Voces8 ist eine wilde Reise durch die Nacht - und durch besonders spannende Genres der Musik.
Dream Pop von Sigur Rós: Letzte Zuflucht Hoffnung
Der Sternenhimmel ist ein häufig besungenes Naturphänomen. Immerhin ist es auch eines der wichtigsten, denn seit Menschengedenken dient es der Orientierung (für Seefahrer) und der Unterhaltung (mit Sternbildern und ihren Geschichten). Je nach Kontinent, je nach Land sieht der Sternenhimmel anders aus. Besonders sagenumwoben sind die Polarlichter des Nordens. Von dort, genauer gesagt aus Island, stammt die dreiköpfige Band Sigur Rós. Ihr Genre: ein Mix aus Dream Pop, Ambient und Post Rock. Mit "Fljótavík" haben Sigur Rós eine alte Legende vertont, die - möglicherweise - auf einer wahren Begebenheit beruht. Sie erzählt von der abgelegenen, unbewohnten Bucht Fljótavík im Nordwesten Islands auf der Halbinsel Hornstrandir. Zwei oder vielleicht auch mehr Menschen gingen hier mit ihrem Boot an Land, um Schutz vor einem Sturm zu suchen. Ob unter wolkenverhangenem Himmel oder inmitten der finsteren nordischen Nacht: Der letzte Kapitän eines jeden Schiffes heißt Hoffnung. Und so findet die Crew Zuflucht in diesen bisher unbekannten Gefilden.
Musik aus einem Videospiel: Zelda's Lullaby
Das Wiegenlied ist in der Musik eine sehr populäre und eher gewöhnliche Gattung. Ungewöhnlich ist jedoch dieses: "Zelda's Lullaby" - Zeldas Wiegenlied. Nach einem rasanten Aufschwung der Computerspieleindustrie Anfang der 1980er Jahre kam es fast ebenso schnell zu einem Crash der Branche - verursacht durch Billig-Hardware und schlechte Spiele. Doch dann, im Jahr 1985, führte der japanische Konzert Nintendo die Nintendo Entertainment System (NES) in Nordamerika ein - eine Spielkonsole für "Super Mario Bros.", "Mega Man", "Final Fantasy", Donkey Kong" und "The Legend of Zelda". Das Interesse an Videospielen war neu entfacht, die Branche wieder stabil und mit "Zelda" war eine der beliebtesten und einflussreichsten Videospielserien der Computerspielgeschichte erfunden.
Die Reihe ist bekannt für ihre fesselnden Geschichten um Prinzessin Zelda und das Königreich Hyrule. Und egal, ob beim Rätseln, Kämpfen oder Entdecken - jede gute Geschichte wird durch die passende Musik zum Leben erweckt. So auch durch "Zelda’s Lullaby", das Jim Clements für Gesangsensemble und Harfe arrangiert hat. In der Einspielung von Voces8 spielt Harfinistin Lise Vandersmissen.
Der Klassiker: Ein Gute-Nacht-Lied von Max Reger
In der Geschichte vom "Erlkönig", in Lewis Carrolls "Alice" oder in Kafkas "Verwandlung", ob Traum, ob Wirklichkeit - das ist manchmal gar nicht so einfach zu unterscheiden und führt dabei zu den unglaublichsten Geschichten. Auch das "Nachtlied" von Max Reger erzählt von der Nacht als Übergang, aber nicht nur zwischen wachen und schlafen oder Bewusstsein und Fantasterei, sondern auch als Übergang, der vom Leben in den Tod hinüber führen kann. "Die Nacht ist kommen", heißt es da, "Drin wir ruhen sollen; Gott walts zu Frommen Nach seim Wohlgefallen, Dass wir uns legen, In seim Gleit und Segen Der Ruh zu pflegen." Das "Nachtlied" ist eine heilige Motette für unbegleiteten gemischten Chor, basierend auf dem Gedicht von Petrus Herbert "Die Nacht ist kommen". Im Jahr 1914 in Meiningen komponiert, erschien das Stück 1916 nach Regers Tod als dritter der "Acht geistlichen Gesänge".
Gute Nacht, gute Nacht - gute Nacht, mein Herz
Im Gebet und mit den Liebsten kann das "Gute Nacht"-Sagen mehr sein als bloße Worte. Es kann zum Ritual werden, das hilft den Weg in die Traumwelt zu finden. Es kann die letzten Gedanken vor dem Einschlafen auf etwas Schönes richten oder Worte der Dankbarkeit an Gott senden. Beides spiegelt sich im Stück "Good Night, dear Heart": Mark Twain schrieb seinen Vers "Warm Summer Sun" angelehnt an die letzte Strophe aus dem Gedicht "Annette" von Robert Richardson. Der US-Amerikanische Komponist und gläubige Christ Dan Forrest vertonte Twains Zeilen für Vokalensemble a cappella. Und so findet sich sein Werk nun als Weltersteinspielung auf dem Album "Nightfall" von Voces8.
Auch eine Pulitzer-Preisträgerin ist dabei
Die 1982 geborene Komponistin Caroline Shaw wurde 2013 mit dem Pulitzer Preis für Musik ausgezeichnet - für ihr Werk "Partita for 8 Voices", das für seine kreative Verwendung von Stimme und Klang bekannt ist. Mit der renommierten Auszeichnung steht sie Seite an Seite mit George Gershwin, Samuel Barber, Leonard Bernstein, John Adams, David Lang, Jennifer Higdon und vielen weiteren. Shaw ist zudem die jüngste Gewinnerin in der Geschichte des Preises.
"And the Swallow" ist ihre Vertonung des Psalm 84, ein Text über die Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit. Er drückt eine tiefe Verbundenheit mit Gott aus und ermutigt dazu, Vertrauen in die höhere Macht zu haben. Denn wahre Erfüllung und Glück sind in der Gemeinschaft - mit anderen Menschen, mit Gott oder dem Glauben an sich - zu finden. Und dort, in Gottes Obhut, in Gottes Haus, so heißt es im Text, fand der Spatz "ein Zuhause, und die Schwalbe ihr Nest, wo sie ihre Jungen aufziehen kann."
Diese und weitere Werke repräsentieren auf dem Album "Nightfall" die fantastischen Facetten der Nacht und der Welt der Träume - in vielfältigsten musikalischen Genres.
Die ganze Sendung können Sie in der ARD Audiothek hören. Die Chormusik können Sie auch als Podcast abonnieren - in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.
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