Regionale und saisonale Lebensmittel - gut für Mensch und Klima
Ob Beeren oder Gurken: Obst und Gemüse gibt es im Supermarkt das ganze Jahr, Importe machen es möglich. Doch das schadet dem Klima. Regional und saisonal einzukaufen, ist die umweltschonende Alternative.
63 Prozent unseres Gemüses und sogar 80 Prozent des Obstes wurden 2021 nach Deutschland importiert. Die Produkte kommen aus Europa und Übersee, haben also zum Teil lange See- oder sogar Flugreisen hinter sich. Die weiten Transportwege belasten das Klima und auch beim Vitamingehalt, der Pestizidmenge und den Anbaubedingungen schneidet Import-Obst und -Gemüse oft schlechter ab als heimische Produkte. Bei der ganzjährigen Fülle im Supermarkt verliert man schnell den Überblick, welche Feldfrucht in Deutschland gerade Saison hat und somit besonders frisch im Einkaufskorb landen könnte.
Regionale Lebensmittel: Besser genau hinschauen
Wer regional einkauft, schont die Umwelt und unterstützt nebenbei lokale Erzeuger. Nicht zuletzt bietet saisonales und regionales Obst- und Gemüse aromatischen Geschmack und viele Vitamine. Der Begriff "regional" begegnet einem im Supermarkt inzwischen oft. Der Wunsch der Verbraucher, ihre Lebensmittel aus der direkten Umgebung zu beziehen, ist groß. Lebensmittelunternehmen nutzen dieses Interesse allerdings als Marketingstrategie. Denn bei "regional" schwingen positive Assoziationen wie gesund, natürlich oder umweltfreundlich mit. Dabei sollte man wissen, dass der Begriff nicht automatisch etwas über die Art des Anbaus aussagt, also etwa darüber, ob das Gemüse im Freiland oder im Gewächshaus gezogen wurde. Auch der Einsatz von Pestiziden oder chemischen Düngemitteln wird durch die Bezeichnung "aus der Region" nicht geregelt.
"Aus der Region" ist kein geschützter Begriff
Regional ist kein rechtlich geschützter Begriff, jeder Hersteller verwendet ihn anders. So kann ein Lebensmittelproduzent, der seinen Firmensitz im Allgäu hat, "Region" als den Bereich definieren, der 100 Kilometer um seinen Standort herum liegt. Werden diese Produkte in einem Hamburger Supermarkt angeboten, kann man von Regionalität kaum noch sprechen. Andere fassen den Begriff enger und legen Wert auf eine lokale Produktion aus dem nahen Umkreis des Verkaufsortes.
Es lohnt sich also, die Produkte genauer unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen: Woher kommt der Salatkopf, die Karotte oder der Blumenkohl eigentlich? Helfen kann hier die Kennzeichnung der Initiative Regionalfenster. Sie setzt sich für eine bessere Sichtbarkeit regionaler Produkte ein. Zu den Mitgliedern gehören Hersteller und Händler von Lebensmitteln, teilweise aus dem ökologischen Landbau. Kunden sollen gleich erkennen können, woher ein Produkt kommt. Die Kennzeichnung ist allerdings freiwillig.
Hofladen, Markt, Gemüsekiste als Alternative zum Supermarkt
Wer es ganz genau wissen und mit dem Erzeuger in Kontakt kommen möchte, kann auf dem Wochenmarkt direkt nachfragen und herausfinden, wo das angebotene Obst und Gemüse angebaut wurde. Auch Hofläden bieten hier eine große Transparenz und oft auch interessante Informationen rund um den Anbau oder alte Obst- und Gemüsesorten. Ist der Weg zum nächsten Hofladen zu weit, kann eine Gemüsekiste im Aboeine gute Lösung sein, um frische Produkte aus dem Umland zu beziehen. In der Regel wird sie wöchentlich an die Haustür geliefert. Hier lernt man nebenbei Sorten kennen, die man im Supermarkt selten findet und bekommt eine größere Vielfalt auf den Teller.
Gemüse selbst anbauen im Garten oder auf dem Balkon
Wer Spaß am Pflanzen und Ernten hat, kann sich sein Lieblingsgemüse auch im eigenen Garten oder auf dem Balkon ziehen. Gurkenpflanzen und Salate wie Feldsalat lassen sich hervorragend im Garten, im Hochbeet oder sogar im Balkonkasten kultivieren.
Der Deutschen liebstes Gemüse ist die Tomate. Im Jahr 2019 haben wir pro Kopf etwa 28 Kilogramm Tomaten gegessen. Die große Nachfrage kann der Anbau in Deutschland nicht decken. Zusätzlich zu den rund 100.000 Tonnen deutscher Tomaten werden über 700.000 Tonnen importiert, vor allem aus den Niederlanden. Tomaten wachsen außerhalb der Saison nur im beheizten Gewächshaus - ein Klimakiller, denn ein Kilogramm Tomaten hat in dem Fall eine Bilanz von circa 2,9 Kilogramm CO2-Äquivalenten. CO2-Äquivalente sind eine Maßeinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der unterschiedlichen Treibhausgase, wie zum Beispiel CO2 oder Methan. Zum Vergleich: Die saisonale Tomate ohne zusätzliche Wärme sorgt für 300 Gramm CO2-Äquivalente. Das ergab eine Studie des Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) von 2020, die den ökologischen Fußabdruck von Lebensmitteln in Deutschland untersucht.
Andere Studien verwenden eine andere Maßeinheit, nämlich CO2 statt CO2-Äquivalenten, und kommen zu einer Bilanz von 9,3 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Treibhaustomaten. Beide Werte zeigen gleichermaßen auf: Tomaten aus dem beheizten Gewächshaus haben eine schlechte Klimabilanz.
Bei selbst gezogenen Tomaten weiß man genau, woher sie stammen. Außerdem leistet regionaler Anbau einen guten Beitrag zum Klimaschutz. Es gibt das leckere Gemüse in einer enormen Farb-, Formen und Geschmacksvielfalt. Tomaten gedeihen sehr gut und ertragreich, wenn man ein paar Tipps beachtet. Das gelingt bei ausreichend Schutz vor Sonne und Regen auch im Freiland, ganz ohne beheiztes Treibhaus.
Saisonkalender für Obst und Gemüse im Blick behalten
Wer Gemüse im Garten anbaut, weiß es längst: Jedes Obst und Gemüse hat seine Zeit. Doch das Wissen, was wann wächst ist in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen. Alba Pestaña vom Haidehof in Wedel möchte das ändern. Sie baut mit ihrem internationalen Team im Hamburger Umland Obst und Gemüse auf besonders kleinem Raum an, ein Pilotprojekt. Die Chefgärtnerin und ihr Team verstehen ihre Arbeit auch als Bildungsauftrag: "Die Leute haben keine Idee mehr davon, was wann wächst und dass sie die Dinge essen müssen, wenn sie angebaut werden können und reif sind. Wir müssen die Menschen überzeugen, dass es gut ist, jetzt den Kohl zu essen. Schwierig ist es, im März oder April Tomaten zu produzieren."
Die deutschen Verbraucher haben sich daran gewöhnt, dass viele Obst- und Gemüsesorten ganzjährig zur Verfügung stehen. Erdbeeren und Blaubeeren kann man auch im Dezember kaufen, sollte sie aber lieber im Regal stehen lassen. Denn: Sie haben einen großen CO2-Fußabdruck. Wenn sie nicht per Flugzeug aus Übersee kommen, wurden sie im Treibhaus gezogen. Hier müssen mehr Pestizide eingesetzt werden als unter freiem Himmel, weil sich im feuchten Treibhausklima Pilze und Schädlinge schneller vermehren. Die Rückstände der Pflanzenschutzmittel können gesundheitsschädlich sein.
Viele Supermärkte bieten selbst dann Importware an, wenn es die Produkte auch in Deutschland gibt. Die Saison heimischer Früchte im Blick zu haben, lohnt sich hier besonders. Um herauszufinden, wann welches Obst und Gemüse gerade regional verfügbar ist, hilft ein Saisonkalender, etwa als übersichtliches Poster am Kühlschrank. Das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) bietet eine kostenlose App, um im Supermarkt mal eben zu checken, was gerade frisch vom Acker kommt.
Einwecken, Einkochen, Fermentieren für den Winter
Besonders reich gedeckt ist der Tisch in Deutschland im Sommer und im Frühherbst. Nicht ohne Grund feiert man traditionell Anfang Oktober das Erntedankfest. Bis in den Winter gibt es frisches Gemüse wie Lauch, Topinambur, Rosenkohl, Rote Bete, Schwarzwurzel, Spitzkohl und Möhren. Deutsche Äpfel und Birnen sind im Herbst reif und lassen sich eine gewisse Zeit lagern.
Einige Gemüsesorten, wie etwa Kohl- und Wurzelgemüse, können noch zu Frostzeiten auf dem Feld wachsen und im Winter geerntet werden. Die niedrigen Temperaturen sorgen sogar dafür, dass sich der Geschmack des Gemüses verbessert: Stärke wird durch die Kälte in Zucker umgewandelt. Viele Wintergemüsesorten sind lange haltbar und sehr vitamin- und nährstoffreich - genau das, was das menschliche Immunsystem in der kalten Jahreszeit braucht.
Durch Einkochen, Einlegen und Einmachen kann man auch leckere Sommerprodukte, wie Kirschen und Paprika für die kalten Monate haltbar machen. Viele der Vitamine bleiben trotz des Konservierens erhalten. Auch durch Trocknen und Einfrieren lässt sich die Haltbarkeit von Obst und Gemüse verlängern.
Eine traditionelle Methode entwickelt sich gerade zum neuen Food-Trend: das Fermentieren. Sauerkraut ist hier ein bekannter Klassiker. Durch das Einlegen von Weißkohl in jodfreies Salz entstehen Milchsäurebakterien, die aus dem Kohl einen haltbaren und gesunden Vitaminkick in der Erkältungszeit machen. Fermentieren kann man aber auch noch viele andere Gemüsesorten. Das koreanische Kimchi etwa wird mit Chinakohl, Ingwer, Knoblauch und Chili hergestellt - das ist nur eine Variante von vielen. Nebenbei lässt sich beim Fermentieren Energie sparen, denn esbraucht dafür weder Herd noch Ofen.