Eine Frau hält sich den Bauch. © Imago

Unterleibsschmerzen: Ursachen und Behandlung

Stand: 28.01.2023 11:40 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Rund zwölf Prozent der Frauen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen im Unterleib, die ihre Lebensqualität enorm beeinträchtigen und ganz unterschiedliche Ursachen haben können.

Ein Zwicken kennen viele Frauen vom Eisprung, ebenso wie leichtere Schmerzen bei der Monatsblutung. Belastet der Schmerz ihren Alltag oder hat eine Frau auch außerhalb der Menstruation (Periode) an zehn aufeinander folgenden Tagen Schmerzen, sollte sie sich ärztlich untersuchen lassen. Auch wenn Schmerzen immer bei bestimmten Tätigkeiten auftreten, etwa beim Sport, beim Sex oder beim Stuhlgang, sollte die Ursache abgeklärt werden. 

Periode, Clamydieninfektion, Blinddarmentzündung: Unterleibsschmerzen können viele Ursachen haben

Ärztinnen und Ärzte sprechen bei Schmerzen im Unterleib oder Unterbauch meist von Beckenschmerzen, weil sie im Beckenbereich auftreten. Dieser ist bei Frauen mit seinen vielfältigen Strukturen, Organen und Funktionen eine hochkomplexe Region, was die Suche nach den Schmerzursachen schwierig macht. Häufige Gründe können Veränderungen an den Eierstöcken, zum Beispiel durch Zysten, oder auch eine Eileiterschwangerschaft sein. Infrage kommen aber auch Verspannungen des Beckenbodens, Regelbeschwerden, Darm- oder Blinddarmentzündung, Verdauungsprobleme wie Verstopfung, eine Chlamydieninfektion, eine Gebärmuttersenkung oder auch eine Blasenentzündung

Im Beckenbodenzentrum arbeiten Fachärzte zusammen

So vielfältig wie die möglichen Schmerzursachen sind die Fachrichtungen der Ärztinnen und Ärzte, die bei der umfassenden Abklärung der Beschwerden gefragt sind: Spezialisten für Gynäkologie, Urologie, Radiologie, Neurologie, Gastroenterologie, Orthopädie, Onkologie oder Schmerzmedizin könnten die Lösung finden. Sie alle ambulant nacheinander zu konsultieren, erfordert viel Zeit und Geduld. Und so haben die betroffenen Frauen oft eine Ärzteodyssee und einen langen Leidensweg hinter sich, wenn die Ursache ihrer Beschwerden endlich gefunden wird.  

Primäre Anlaufstelle für Frauen mit Beckenschmerzen sollte daher idealerweise ein sogenanntes Beckenbodenzentrum sein, in dem viele der benötigten Fachgebiete vertreten sind. Solche Zentren gibt es inzwischen bundesweit an vielen Orten. Geeignete Ansprechpartner sind über die Deutsche Kontinenz Gesellschaft zu finden. Ist kein Beckenbodenzentrum erreichbar, sollten Betroffene ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt als Lotsen nutzen und gemeinsam einen Plan machen, wie die Beschwerden sinnvoll ambulant abgeklärt werden können.  

Schmerztagebuch für die Diagnose

"Typische" Symptome gibt es bei Beckenschmerzen nicht, sondern ein weites Spektrum von Beschwerden. Manche Frauen klagen über Schmerzen immer kurz vor der Regelblutung, über Blasenkrämpfe, Schmerzen beim Stuhlgang oder darüber, dass eine bestimmte Stelle beim Geschlechtsverkehr immer wehtut. Deshalb beginnt die Detektivarbeit der Spezialisten mit der sogenannten Schmerzanamnese: Wann und wo genau tut es weh? Wie stark ist der Schmerz? Wie fühlt er sich an? Diese subjektive Beurteilung der Betroffenen ist der Ausgangspunkt für die weitere Diagnostik.  

Hilfreich ist auch ein Schmerztagebuch, in dem die Frau über vier Tage alle Beschwerden genauestens notiert. Der nächste Schritt ist die Basisdiagnostik mit Ultraschalluntersuchungen der inneren Beckenorgane, Blase, Darm und Beckenboden sowie Tastuntersuchungen der Scheide und des Enddarms. Mitunter ist auch eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) sinnvoll, etwa bei der Suche nach Verwachsungen oder einer Endometriose

Periodenschmerzen durch Gewebewucherungen bei Endometriose

Eine mögliche Ursache für zyklusabhängige Unterleibsschmerzen ist die sogenannte Endometriose. Dabei wächst Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, an verschiedenen Stellen im Bauchraum. Herde unterschiedlicher Größe finden sich dann beispielsweise an Blase und Darm.

Dieses Endometriose-Gewebe kann sich verändern wie die Zellen der Gebärmutterschleimhaut im weiblichen Zyklus und kann immer wieder von sich aus Schmerzen verursachen, durch Aktivierung des Immunsystems aber auch zu schmerzhaften Entzündungen führen. Behandelt wird eine Endometriose meist durch eine Bauchspiegelung, bei der die Gewebewucherungen entfernt werden, sowie durch Verschreibung von Hormonpräparaten.  

Krampfadern im Becken: das Beckenvenensyndrom (PCS)  

Beim Beckenvenensyndrom (Pelvic Congestion Syndrome, PCS) führt eine gut versteckte Krampfader im Bauch zu Schmerzen im Unterleib. Die Vene führt von den Eierstöcken zur Nierenvene und soll eigentlich Blut nach oben transportieren. Ist sie sehr geweitet, funktioniert das nicht: Das Blut staut sich, sackt nach unten ab. Es kommt schließlich zu einem schmerzhaften Durchblutungsstau im Unterbauch.

Die Betroffenen klagen meist über einen stechenden Schmerz auf der linken Seite, der in den Rücken ausstrahlt und sich anfühlt wie starke Menstruationsbeschwerden oder Wehen. Behandelt wird ein PCS mit einem minimalinvasiven Eingriff, bei dem die Krampfader verschlossen wird. In den allermeisten Fällen verschwinden die Schmerzen danach. 

Myofaszialer Beckenschmerz: Verspannungen mit Botox lösen

Verspannungen in der Beckenbodenmuskulatur und den Faszien können einen sogenannten myofaszialen Beckenschmerz hervorrufen. Betroffen sind oft Frauen, die ihren Beckenboden stark trainiert, dabei aber verlernt haben, den Beckenboden auch wieder zu entspannen. Aber auch Harnwegsinfekte können dazu führen, dass sich die Muskulatur verkrampft. Ein myofaszialer Schmerz lässt sich durch eine Tastuntersuchung feststellen, die verhärtete Muskeln sowie Triggerpunkte, die bei Druck einen Schmerz auslösen, aufspürt.

Um einen myofaszialen Beckenschmerz zu lindern, kann die schmerzende Stelle örtlich betäubt werden. Führt das zum Erfolg, wird das Nervengift Botox in diese Stelle gespritzt, um die beteiligten Nerven längerfristig auszuschalten und die Muskulatur zu entspannen. 

Psychosomatische Ursachen und psychische Folgen

Beckenboden und Blase stehen in enger Verbindung zur Psyche, sodass sich psychische Probleme nicht selten dort in Form von Schmerzen manifestieren. Ursachen können zum Beispiel Missbrauchserfahrung oder andere Traumata sein, die später zu chronischen Schmerzen führen können. Für das Aufspüren solcher Zusammenhänge ist eine psychosomatische Diagnostik sinnvoll, um dich passende psychotherapeutische Behandlung zu finden.

Heftige Unterbauchschmerzen können aber auch Ausdruck von aktuellem Stress sein, zum Beispiel vor einer wichtigen Prüfung oder in einer anderen belastenden Situation. Darüber hinaus führt immer wiederkehrender Schmerz auch zu einer psychischen Belastung, insbesondere wenn keine eindeutige körperliche Ursache gefunden wird.

Schwangerschaft: Welche Unterleibsbeschwerden sind normal? 

Manche Frauen spüren bei der Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutterschleimhaut ein leichtes Ziehen im Unterleib, den Einnistungsschmerz. Etwa um die achte Schwangerschaftswoche kann ein erster Dehnungsschmerz auftreten, weil die sogenannten Mutterbänder auf die Schwangerschaft reagieren. Im zweiten Trimester werden diese Beschwerden häufiger und stärker, vor allem bei Bewegungen. Der Schmerz kann sich ziehend, krampfartig, stechend oder stumpf anfühlen, in der Leiste und im seitlichen Unterbauch auftreten und bis in den unteren Rücken, das Kreuzbein oder die Schamlippen ausstrahlen. Meist verschwindet er nach wenigen Minuten.  

Etwa ab der 20. Woche spüren viele Frauen bei bestimmten Bewegungen einen sogenannten Symphysenschmerz, der durch die allmähliche Erweiterung der Schambeinfuge (Symphyse) ausgelöst wird. In den Wochen vor der Geburt setzen erste Senkwehen ein, die den Kopf des Babys immer tiefer ins Becken schieben. Bei einer Senkwehe verhärtet sich der Bauch kurzzeitig, es kann auch im Kreuz ziehen. Zudem spüren Frauen im letzten Trimester oft leichte, ziehende Unterleibsschmerzen nach dem Geschlechtsverkehr, weil sich die Gebärmutter bei einem Orgasmus ein wenig zusammenziehen kann. 

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Wann sind Unterleibsschmerzen in der Schwangerschaft gefährlich? 

Plötzlich auftretende, heftige Unterleibsschmerzen, die auch länger anhalten, sind dagegen in der Schwangerschaft immer ein Alarmzeichen und sollten sofort in der Klinik abgeklärt werden - vor allem, wenn weitere Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Herzrasen, Benommenheit oder vaginale Blutungen hinzukommen und sich die Schmerzen bei Bewegung verschlimmern. In seltenen Fällen können Schwangerschaftskomplikationen Ursache der Unterleibsschmerzen sein, die eine dringende Behandlung erforderlich machen. Dazu gehören zum Beispiel eine Fehlgeburt, eine drohende Frühgeburt, eine Plazentaablösung oder in der frühen Schwangerschaft eine Eileiterschwangerschaft. 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 31.01.2023 20:15

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