Unerfüllter Kinderwunsch: Welche Rolle spielt die Ernährung?
In Deutschland ist fast jedes zehnte Paar ungewollt kinderlos. Neben körperlichen Ursachen können häufig auch die Lebensgewohnheiten zur ausbleibenden Schwangerschaft beitragen. Hier kann die Ernährung ansetzen.
Früher oder später ist er bei vielen Paaren da: Der Wunsch nach einem Kind. Doch nicht immer geht er sofort in Erfüllung. Mit jedem Zyklus, in dem die Schwangerschaft vergeblich auf sich warten lässt, wachsen bei Mann und Frau die Zweifel: Was, wenn es bei uns nicht klappen wird?
Ursachen der Unfruchtbarkeit abklären lassen
Für eine Unfruchtbarkeit kann es ganz unterschiedliche Ursachen geben - und viele lassen sich positiv beeinflussen. Zunächst gilt es herauszufinden, wo das Problem liegt. Dafür ist eine gynäkologische beziehungsweise beim Mann eine urologische Abklärung wichtig.
Liegt eine körperliche oder hormonelle Störung vor? Ist sie angeboren oder Resultat einer Krankheit? Dann ist in der Regel eine ärztliche Behandlung nötig. Doch auch die Lebensgewohnheiten können beim Thema Kinderwunsch (mit) eine Rolle spielen.
Über- und Untergewicht beeinflusst die Fruchtbarkeit
Einen starken Einfluss auf die Fruchtbarkeit hat das Körpergewicht. Vor allem Übergewicht ist immer häufiger der Grund für eine herabgesetzte Fortpflanzungsfähigkeit. Schuld ist das Bauchfett. Das sogenannte viszerale Fett ist nicht nur Speicher überflüssiger Kalorien, es agiert vielmehr wie ein eigenständiges Organ.
Das Bauchfett produziert selbst Hormone und Botenstoffe, die den Hormonhaushalt von Frau und Mann aus dem Gleichgewicht bringen. Mögliche Folge: Der weibliche Körper bereitet sich nicht mehr richtig auf eine Schwangerschaft vor, der männliche produziert weniger Spermien in schlechterer Qualität. Die Kilos müssen also runter.
Bauchfett reduzieren mit richtiger Ernährung
Damit das Bauchfett schmilzt, ist eine dauerhafte Ernährungsumstellung wichtig. Die Nährstoffbilanz sollte ausgewogen sein, außerdem braucht der Körper Zeit zum Verdauen. Also: Kein Snacking, sondern zwei bis drei Hauptmahlzeiten am Tag, bei denen vor allem hochwertige Eiweißquellen, viel Gemüse und ausreichend Vollkornprodukte auf den Teller kommen. Kohlenhydrate, vor allem Zucker, sollten rigoros eingeschränkt werden. Intervallfasten kann das Abnehmen effektiv unterstützen.
Richtig ernähren gegen Untergewicht
Auch Untergewicht führt zu Störungen im Hormonhaushalt - mit dem gleichen Ergebnis wie beim Übergewicht: Eine Schwangerschaft wird möglicherweise erschwert. Wer zu wenig Pfunde auf die Waage bringt und langfristig zunehmen möchte, sollte auf eine vollwertige Kost mit höherer Kaloriendichte setzen.
Gut verdaulich und kräftigend ist etwa eine ausgewogene Mischkost im Stil der Mittelmeerküche. Das heißt: Gemüse, Salat, frisches Obst, Nüsse, wenig Fleisch, viel Fisch und Meeresfrüchte sowie gute Öle. Dazu wenige, aber hochwertige Kohlenhydrate.
Um zuzunehmen, kann es außerdem hilfreich sein, öfter zu essen und den Magen langsam an größere Portionen zu gewöhnen.
Stress als indirekter Faktor für Unfruchtbarkeit
Die Fortpflanzungsfähigkeit ist häufig keine unveränderliche Größe. So können extreme körperliche oder seelische Belastungen den Hormonhaushalt vorübergehend durcheinanderbringen und Phasen der Unfruchtbarkeit auslösen. Bei der Frau machen sie sich durch Zyklusstörungen bemerkbar. Der Eisprung verzögert sich oder bleibt ganz aus.
Dass sich auch "normaler" Alltagsstress unmittelbar auf die Fruchtbarkeit auswirkt, konnte bisher hingegen nicht nachgewiesen werden. Indirekt kann er aber durchaus eine Rolle spielen, denn häufig bringt ein stressiger Alltag einen ungesunden Lebensstil mit sich. Auf Dauer senken etwa Rauchen, übermäßiger Alkoholgenuss und eine ungesunde Ernährung die Chancen für eine Schwangerschaft.
Gesund ernähren trotz Stress
Aus Zeitmangel bleibt vor allem das Selberkochen häufig auf der Strecke. Dabei ist frisch zubereitetes Essen nachweislich gesünder als Fertigprodukte - und das nicht nur, aber ganz besonders in der Kinderwunschzeit. Mit etwas Organisation, Vorbereitung und Routine lässt sich eine gesunde Ernährung auch im stressigen Alltag umsetzen.
Wer einen Wochenspeiseplan schreibt und nur einmal in der Woche einkaufen geht, Lebensmittel-Lieferdienste nutzt oder auch mal auf Tiefkühlware setzt, verbringt deutlich weniger Zeit im Supermarkt. Und wer sein Essen für einen oder mehrere Tage vorbereitet (Meal Prep), tut seinem Körper etwas Gutes, ohne jeden Tag in der Küche stehen zu müssen.
Frust-Essen: Vorsicht vor "emotionalen Kalorien"
Nicht zuletzt führt der unerfüllte Kinderwunsch allerdings selbst zu Stress - und zwar auf emotionaler Ebene. Das ständige Warten auf einen positiven Schwangerschaftstest kann für die Betroffenen extrem belastend sein. Wichtig ist es, den Körper jetzt nicht auch noch durch ungesunde Verhaltensmuster zu stören. Stichwort: Frust-Essen. Denn gerade diese "emotionalen Kalorien" sind meist die, die an Bauch und Hüfte landen - und die Chancen auf eine Schwangerschaft dadurch zusätzlich erschweren.
Essen sollte nicht zuletzt ein Genuss sein - und genießen kann man nicht im Stehen, Gehen oder vor dem Fernseher. Wer Hunger hat und seine Aufmerksamkeit voll und ganz dem Essen widmet, gönnt sich damit außerdem ein wenig Zeit zum Entspannen. Und die ist in der Kinderwunschphase niemals verkehrt.