Magenverkleinerung: OP gegen starkes Übergewicht und die Folgen

Stand: 02.02.2024 17:22 Uhr

Für Menschen mit extremem Übergewicht haben sich Eingriffe wie Magenbypass oder Schlauchmagen bewährt. Unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen Krankenkassen die Kosten einer Magenverkleinerung.

Die Fettleibigkeit (Adipositas) ist ein Problem, das in Deutschland immer weiter um sich greift. Jeder fünfte Mensch ist hierzulande stark übergewichtig, belastet damit seine Gelenke und hat ein hohes Risiko, an Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkranken.

Damit liegt Deutschland weit vor vielen Nachbarländern. Und in den vergangenen Jahren ist der Anteil der Deutschen mit schwerem Übergewicht (Adipositas Grad II) kontinuierlich gewachsen, auf mittlerweile acht Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer.

Adipositas-Behandlung: Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie

Die Behandlungsleitlinie zur "Prävention und Therapie der Adipositas" empfiehlt Betroffenen ein zwölfmonatiges Basisprogramm aus den Säulen Ernährungstherapie, Bewegungstherapie und Therapie des Verhaltens, ergänzt durch Beratungsprogramme zur Gewichtsreduktion. Ziel ist eine Verringerung des Körpergewichts um mindestens fünf Prozent (bei BMI 25 bis 35) beziehungsweise zehn Prozent (wenn der BMI größer als 35 ist).

Was ist der BMI?

Der Body-Mass-Index (BMI) ermöglicht eine grobe Einschätzung von Körpergewicht in Bezug auf die Körpergröße. Er errechnet sich aus Körpergewicht (kg) geteilt durch die Körpergröße (m) im Quadrat. Beispiel: Ein Mensch mit einer Körpergröße von 1,70 Metern und einem Gewicht von 60 Kilogramm liegt mit seinem BMI-Wert von 20,8 im Normalbereich. Im Internet lassen sich viele Seiten mit kostenlosem BMI-Rechner finden, etwa bei den Krankenkassen.

  • BMI 18 bis 24,9 = Normalgewicht
  • BMI 25 bis 29,9 = Übergewicht
  • BMI 30 bis 34,5 = Adipositas Grad I
  • BMI 35 bis 39,9 = Adipositas Grad II
  • BMI 40 bis 49,9 = Adipositas Grad III (Adipositas per magna)
  • BMI größer als 50 = Adipositas Grad IV (Superadipositas)

Generell gilt, dass ein langfristiger BMI über 40 die durchschnittliche Lebenserwartung um 10 bis 15 Jahre verkürzt.

Magenverkleinerung bei extremem Übergewicht

Mit Bewegung und Diät allein schaffen es Menschen mit extremem Übergewicht (BMI größer als 35) häufig nicht, ihr Körpergewicht auf ein gesundes Maß zu reduzieren. Früher oder später führt die Stoffwechselbelastung dann zu schweren Folgeerkrankungen. Chirurgische Eingriffe wie Magenbypass oder Schlauchmagen haben sich für diese Patientinnen und Patienten trotz des Operationsrisikos als effektive Behandlungsoption bewährt. Die sogenannten bariatrischen Operationen ("Bariatrie" kommt aus dem Griechischen und bedeutet in etwa: Behandlung von Schwergewichtigen) schränken das Fassungsvermögen des Magens und die Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung ein. Nach der Operation ist der Magen so klein, dass er nur noch sehr kleine Portionen fassen kann.

Vorteile einer Magenverkleinerung

In der Folge verlieren die Schwergewichtigen deutlich an Gewicht und profitieren von einer ganzen Reihe gesundheitlicher Effekte: Der Blutdruck sinkt, der Zuckerstoffwechsel normalisiert sich, das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko verringert sich drastisch.

Zwar lässt sich ein bestehender Diabetes mellitus durch die OP nicht heilen, die Zuckerkrankheit lässt sich aber viel besser behandeln. Bei der lebenslangen Nachsorge werden regelmäßig die Blutwerte kontrolliert. Hinzu kommen muss unbedingt eine Ernährungsumstellung.

Nachteile einer Magenverkleinerung

Nach einer Magenverkleinerung können Beschwerden auftreten - etwa wenn Betroffene stark zucker- oder fetthaltige Nahrung zu sich nehmen. Das führt zu einer Sturzentleerung (Dumping) in den Dünndarm: Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Krämpfe, Durchfall, Schwindel und Müdigkeit können die Folgen sein.

Grundsätzlich muss Essen neu gelernt werden, weil der Magen nur noch kleine Mengen an Nahrung verträgt, der Kopf aber nach mehr verlangt. Da der Verdauungsweg verkürzt ist, müssen Betroffene einige wichtige Nährstoffe für den Rest ihres Lebens über Tabletten aufnehmen. Eine Ernährungsberatung sollte im Anschluss an die OP sicherstellen, dass der Erfolg auch nachhaltig ist.

Wie funktioniert eine Schlauchmagen-OP?

Operationen zur Magenverkleinerung werden immer minimal-invasiv durchgeführt. Bei einer Schlauchmagen-OP entfernt der Chirurg den größten Teil des Magens. Der Restmagen hat nur noch ein Fassungsvermögen von etwa 200 Millilitern, die normale Verdauungsfunktion bleibt aber erhalten. Etwa die Hälfte der Betroffenen entscheidet sich für dieses relativ risikoarme Verfahren. Nach der OP verliert man massiv an Gewicht, und auch der Diabetes lässt sich damit bremsen, da durch die Entfernung des Magens bestimmte Botenstoffe ausgeschaltet werden. Das führt zu einer Normalisierung des Zuckerstoffwechsels.

Magen-Bypass gilt als besonders effektiv

Schematische Darstellung: Magen-Bypass. © NDR
Beim Magen-Bypass wird der Dünndarm durchtrennt und mit dem verkleinerten Magen verbunden.

Als besonders effektiv und schnell wirksam gilt der sogenannte Magen-Bypass. Von dieser aufwendigeren Methode profitieren an Diabetes Erkrankte langfristig am meisten. Auch mit diesem Eingriff wird der Magen verkleinert - zusätzlich wird aber weiter unten der Dünndarm durchtrennt und mit dem verbliebenen Mini-Magen verbunden, sozusagen "kurzgeschlossen". So stehen 1,5 Meter weniger Dünndarm für die Nährstoffaufnahme und -verwertung zur Verfügung. Zudem passiert die Nahrung nicht mehr den Zwölffingerdarm, was die Hormonaktivität im Magen-Darm-Trakt stark verändert.

30 Prozent weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle nach OP?

In einer großen schwedischen Studie nahmen Patienten nach bariatrischen Operationen nicht nur deutlich stärker auf Dauer ab als ihre nicht operierten Leidensgenossen. Sie erlitten auch 30 Prozent weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle. Halb so viele Operierte starben im Studienzeitraum durch ein solches Ereignis. Auch bei weiteren Faktoren wie Lebensqualität, Krebserkrankungen, Gelenkverschleiß und Diabetes waren die Operierten gegenüber den nicht operierten Schwergewichtigen deutlich im Vorteil.

Magenverkleinerung ohne OP bald möglich?

Das Bauchfett spielt eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Folgeerkrankungen der Adipositas, denn es ist verantwortlich für die Entwicklung von Entzündungen im Körper.

Um das Bauchfett besser zu verstehen, haben schwedische Wissenschaftler untersucht, wie sich die Genaktivität im Bauchfettgewebe von Operierten verändert: vor einer Magenbypass-OP sowie zwei und fünf Jahre danach. Dabei machten sie eine überraschende Entdeckung: Die Aktivität von Entzündungsgenen im Bauchfett der Patienten verringerte sich nicht nur beim Abnehmen, sondern auch dann, wenn sie im weiteren Verlauf wieder etwas zunahmen.

Es wird vermutet, dass sich infolge der Operation der Hormonhaushalt verändert und neues Fettgewebe dadurch gesünder ist und bleibt. In einem nächsten Schritt versuchen die Forscher nun im Labor nachzuahmen, was nach einer Magenverkleinerungs-OP im Stoffwechsel geschieht. Gelingt das, könnten sie möglicherweise Medikamente entwickeln, die genau diese Effekte nachahmen und aufwendige Operationen zur Gewichtsreduktion und Verbesserung des Stoffwechsels eines Tages überflüssig machen.

Wer kann eine OP zur Magenverkleinerung bekommen?

Je nach Methode kostet eine Magenverkleinerung 8.000 bis 15.000 Euro. Wer einen BMI über 40 oder schwere Folgeerkrankungen bei einem BMI über 35 hat und einige andere Voraussetzungen erfüllt, kann bei der Krankenkasse eine Antrag auf Bewilligung einer solchen OP stellen. Doch auch wenn der Eingriff trotz aller Risiken einer großen Operation die Gesundheit entscheidend verbessern kann, müssen viele Betroffene bei ihrer Krankenkasse um die Kostenübernahme kämpfen.

Experten fordern seit Langem, dass bariatrische Operationen für stark Übergewichtige zu einer Regelleistung der Krankenkassen werden. Bisher müssen die Betroffenen den Eingriff per Einzelfallentscheidung bewilligen lassen. Willigt die Krankenkasse nicht ein, können sie widersprechen und Klage vor dem Sozialgericht einreichen.

Bewilligungspraxis der Krankenkassen ist unterschiedlich

Gerade bei stark übergewichtigen Diabetikerinnen und Diabetikern werden die Kosten dann letzten Endes meist doch übernommen. Doch durch diese Bewilligungspraxis werden hierzulande viel weniger Patienten pro Jahr operiert als im europäischen Ausland.

Private Krankenversicherungen genehmigen bariatrische Eingriffe oft schneller, da die Operation einschließlich der notwendigen Vor- und Nachbehandlung meist deutlich günstiger ist als die Behandlungskosten der auf diese Weise vermeidbaren Folgeerkrankungen.

Magenverkleinerung: Tipps zur Antragstellung bei der Krankenkasse

Betroffene sollten sich zunächst nicht an die Krankenkasse, sondern an ein Adipositas-Zentrum wenden und sich dort über die Möglichkeiten beraten lassen. Die Kliniken übernehmen die Antragstellung und helfen, Auflagen und Hürden zur Kostenübernahme zu überwinden.

Nicht selten lehnt die Krankenkasse zunächst ab. Dann sollte man sofort Widerspruch einlegen und gemeinsam mit den Spezialisten der Klinik einen erneuten Antrag stellen. Eine frühzeitig abgeschlossene Rechtsschutzversicherung kann hilfreich sein.

 

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