Gelenkschmerzen behandeln: Vorsicht mit Kortison
Gelenkverschleiß an Knien, Schultern oder in den kleinen Gelenken der Wirbelsäule kann jede Bewegung zur Qual machen. Nicht selten schlagen Ärzte dann vor, die Beschwerden mit einer Kortisonspritze ins Gelenk zu behandeln, um eine mögliche Entzündung zu stoppen und dadurch die Schmerzen zu lindern. Doch die Behandlung mit Kortison ist umstritten und kann Nebenwirkungen haben.
Kortison erhöht Risiko für Infektionen
Bei einer von 75 Injektionen an der Wirbelsäule kommt es Experten-Schätzungen zufolge zu einer bakteriellen Infektion, die das Gelenk zerstören kann. Jeder 1.000. Patient erleidet demnach sogar schwere Komplikationen bis hin zu Lähmungen.
Grundsätzlich können bei jeder Injektion Bakterien von der Hautoberfläche in den Körper gelangen, denn alle Desinfektionsmaßnahmen können nur für ein keimarmes Milieu sorgen, eine komplette Keimfreiheit ist nicht möglich. Kortison erhöht darüber hinaus das Infektionsrisiko, da es die körpereigenen Abwehrkräfte senkt. So können sich Bakterien leichter ausbreiten und im Gelenk festsetzen.
Alarmzeichen: Rötung und Schwellung
Wenn nach einer Injektion schmerzhafte, heiße Rötungen an der Einstichstelle auftreten, deutet das auf eine Infektion hin, die dringend behandelt werden muss. Auch eine Schwellung und ein pochender Schmerz im Gelenk sind Zeichen einer bakteriellen Infektion, die operativ ausgeräumt werden muss.
Nekrose durch Spritze im Fettgewebe
Damit Kortison Schmerzen lindern kann, muss der Arzt genau treffen: Im Kniegelenk gelingt das zielgenaue Setzen der Spritze am einfachsten, an Schulter und Hüfte ist die Prozedur deutlich schwieriger, an der Wirbelsäule nur unter Röntgenkontrolle möglich. Sitzt die Spritze nicht richtig und landet sie im Fettgewebe, entstehen unschöne Dellen. Zudem können nach Injektionen sogenannte Nekrosen entstehen, also Gewebeteile absterben.
Nebenwirkungen von Kortison
Wer wegen anderer Erkrankungen bereits mit Kortison behandelt wird, den können Kortisonspritzen ins Gelenk noch mehr belasten. So kann es zu einem sogenannten Cushing-Syndrom kommen, zu einem verlangsamten Abbau des Hormons, zu einer verminderten Eigenproduktion oder auch zu einem erhöhten Risiko für Osteoporose.
Nutzen der Kortisonspritzen begrenzt
Kortisonspritzen haben langfristig keinen Nutzen bei Gelenkschmerzen, wie Experten sagen. Sie lindern die Beschwerden höchstens für ein paar Wochen - und das auch nur, wenn tatsächlich eine Entzündung im Gelenk vorliegt. Gegen verschleißbedingte Schmerzen ist Kortison dagegen wirkungslos.
Studie: Beschleunigt Kortison den Knorpelabbau?
Eine Studie hat gezeigt, dass Kortison den Gelenkknorpel nicht schützt, sondern den Abbau offenbar beschleunigt. Den Teilnehmenden der Studie wurde mehrfach entweder Kortison oder eine Kochsalzlösung ins Knie gespritzt. Nach zwei Jahren ging es den mit Kortison behandelten Patienten kaum besser, sie hatten aber mehr Knorpelmasse verloren als die Kontrollgruppe, der Kochsalz gespritzt worden war.
Auch wenn der Zusammenhang durch weitere Studien bestätigt werden muss, nahmen viele Ärzte das Ergebnis zum Anlass, bei Rückenschmerzen nur noch Schmerzmittel zu spritzen und auf Kortison zu verzichten.
Kortison nur in Ausnahmefällen
Bei Gelenkschmerzen raten Experten dazu, so lange wie möglich mit Schmerzmitteln zu arbeiten und durch eine gezielte Krankengymnastik die Beweglichkeit des Gelenks und die stützende Muskulatur zu fördern. Erst wenn eine Entzündung im Gelenk nachweisbar ist und die Übungen beeinträchtigt, kann eine vorübergehende Kortisontherapie tatsächlich sinnvoll sein, um die Beweglichkeit wiederherzustellen.