Ernährung bei ADHS: Besserung durch oligoantigene Diät

Stand: 03.02.2025 22:00 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Bestimmte Lebensmittel können ADHS verschlimmern. Welche man meiden sollte, ist individuell verschieden. Eine oligoantigene Diät und ein Ernährungstagebuch können helfen, ADHS-Symptome zu bessern.

Grundsätzlich kann ADHS nicht durch eine Ernährungsumstellung geheilt werden. Möglich ist aber eine Verbesserung der Symptome, sodass gegebenenfalls weniger Medikamente nötig sind.

Die Therapie bei ADHS muss individuell auf den einzelnen Betroffenen abgestimmt werden. Das gilt auch für die Ernährung. Auf Dauer meiden sollten Betroffene immer nur die Nahrungsmittel, gegen die eine Unverträglichkeit vorliegt oder die die ADHS-Symptomatik verschlimmern. Der Grund: Wer dauerhaft auf zu viele Nahrungsmittel verzichtet, der versorgt seinen Körper nicht mehr mit allen nötigen Nährstoffen - Mangelernährung droht. Dies gilt erst recht für Betroffene, die Medikamente gegen ADHS einnehmen, was sich nicht selten appetitmindernd auswirkt. Ihnen droht Gewichtsverlust und womöglich Untergewicht.

Oligoantigene Diät kann ADHS-Symptome bessern

Der ernährungsmedizinische Ansatz bei ADHS ist die sogenannte oligoantigene Diät. Oligoantigen bezeichnet bestimmte Stoffe in Nahrungsmitteln, die häufiger Unverträglichkeiten auslösen - auf diese Stoffe sollte verzichtet werden.

Ernährungsumstellung bei ADHS in zwei Phasen

Weil individuell verschieden ist, welche Stoffe die Symptomatik verschlimmern, teilt sich die Ernährungsumstellung bei ADHS in zwei Phasen:

  1. Über einen Zeitraum von vier Wochen (Auslassphase) werden sämtliche potenziell problematischen Lebensmittel komplett ausgelassen: Kuhmilch und Kuhmilchprodukte, Ei, Fisch, Soja, Nüsse, glutenhaltiges Getreide sowie jegliche Art von Zusatzstoffen. Das bedeutet etwa Farb- oder Süßstoffe, wie sie oft in verarbeiteten Fleisch- und Wurstwaren, Fertiggerichten und Fast Food enthalten sind. Erlaubt sind nur Lebensmittel mit geringem allergenen Potenzial: also die meisten Gemüse- und Obstsorten, glutenfreies Getreide und Kartoffeln, Milchersatzprodukte und helles Fleisch - so natürlich wie möglich.
  2. Anschließend werden Eier, Fisch etc. einzeln - mit zwei Wochen Abstand - wieder in den Speiseplan aufgenommen und genau beobachtet, wie der Körper reagiert. Dabei führt man Ernährungstagebuch.

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Bei ADHS auf regelmäßige, vielfältige und zuckerarme Ernährung achten

Verträgliche Lebensmittel dürfen wieder regelmäßig auf den Speiseplan. Achtung: Unverträglichkeiten können im Laufe des Lebens verschwinden oder neu hinzukommen!

Grundsätzlich, also dauerhaft reduziert werden sollten bei ADHS in jedem Fall hoch verarbeitete Lebensmittel mit Zusatzstoffen und allzu Zuckriges. Für mehr Ausgeglichenheit sorgt außerdem eine möglichst regelmäßige Mahlzeitenstruktur mit drei Hauptmahlzeiten und - je nach Bedarf (vor allem bei kleinen Kindern und bei Untergewicht) - zwei Zwischenmahlzeiten.

Gesund essen bei ADHS

Appetitmangel wie auch unregelmäßige, einseitige Mahlzeiten können auf Dauer zu Infektanfälligkeit führen, zudem kann der Omega-Index sich verschlechtern - das heißt, die Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren. Die sind laut Ernährungsmediziner Matthias Riedl ganz besonders wichtig für die Psyche und unser Verhalten. Zudem dienen diese Fettsäuren als Zellbaustein für die allgemeine Regeneration. Wer keinen Fisch essen darf oder mag, findet sie vor allem in Algenöl.

Entzündungshemmende Antioxidantien stecken in Gemüse und Obst (Verträglichkeit beachten). Süßes sollte nur selten auf den Speiseplan kommen, weil Zucker reichlich Energie liefert und in Massen entzündungsfördend wirken kann.

Darm-Hirn-Achse: Darmmikrobiom stärken bei ADHS

Schematische Darstellung eines Darmabschnittes, in dem Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren umgewandelt werden. © NDR Foto: Moritz Schwarz/Oliver Zydek
Ein gesundes Darmmikrobiom verstoffwechselt Ballaststoffe aus der Nahrung zu kurzkettigen Fettsäuren, die für eine optimale Funktion des Gehirns essenziell sind.

Durch ein gestörtes Darmmikrobiom sowie Entzündungen im Darm, so vermuten Wissenschaftler, könnten das Gehirn und die psychische Gesundheit beeinträchtigt und die ADHS-Symptome verstärkt werden. Denn bekannt ist inzwischen, dass Darm und Gehirn über Nervenbahnen, die sogenannte Darm-Hirn-Achse, miteinander kommunizieren. Das Gehirn steuert die Darmfunktion, während der Darm Einfluss auf unser Nervensystem und unsere Psyche hat. In einem gesunden Darmmikrobiom bauen nützliche Bakterien Ballaststoffe aus der Nahrung zu kurzkettigen Fettsäuren ab, die für die Gehirnfunktion wichtig sind. Probiotika, die in fermentierten oder milchsauren Lebensmitteln wie Joghurt, Sauerkraut oder Kefir enthalten sind, und Präbiotika aus Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten können helfen, eine gesunde Bakterienzusammensetzung im Darm zu fördern.

Was essen bei ADHS in der Auslassphase? Lebensmittel und Rezepte

Essen bei ADHS: Hier finden Sie geeignete Rezepte und Lebensmittel-Listen (auch zum Herunterladen) für die vierwöchige Auslassphase.

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Ein Hähnchencurry auf einem Teller. © ZS-Verlag Foto: Coco Lang

Rezepte bei ADHS

Eine Auswahl an Rezepten von den Ernährungs-Docs, die sich bei Menschen mit ADHS günstig auswirken. mehr

Brot, Getreide und Beilagen wie Nudeln, Kartoffeln, Reis

  • Häufig vertragen: glutenfreies Brot/Brötchen; glutenfreie (Hafer-)Flocken oder ungezuckertes Müsli; Pseudogetreide (Amarant, Quinoa, Hirse, Buchweizen); glutenfreie Nudeln (z. B. aus Hülsenfrüchten, Buchweizen), Vollkornreis, Wildreis, Kartoffeln
  • Häufig nicht vertragen: Brot und Getreideprodukte mit Gluten; Brot oder Müsli mit Zuckerzusatz; Erdnussbutter, Nutella; Hartweizennudeln; Sojaprodukte wie Tofu; Fast Food, Fertiggerichte (viele Zusatzstoffe)

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Die Ernährungs-Docs | 03.02.2025 | 21:00

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