Stand: 30.01.2023 23:00 Uhr

Chat: Fibromyalgie, Diabetes Typ 2, Hashimoto

Porträt von Ernährungs-Doc Jörn Klasen © ZS Verlag Foto: Claudia Timmann
Jörn Klasen ist Internist, Arzt für anthroposophische Medizin und Heilpädagoge. Er praktiziert am Klinikum Stephansplatz in Hamburg.

Essen als Medizin: Wie packe ich selbst eine Ernährungsumstellung an? Was muss ich bei Fibromyalgie beachten? Was kann ich etwa bei Diabetes Typ 2 tun? Was hilft bei Hashimoto? Um diese Themen ging es in Folge 60 bei den Ernährungs-Docs. Nach der Sendung hat Dr. Jörn Klasen Ihre Fragen im Chat beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:

Anne: Ich habe Hashimoto und Vitiligo. Was empfehlen Sie in Bezug auf Vitiligo?

Dr. Jörn Klasen: Gehen Sie bei der Vitiligo genauso vor, wie wir es bei Hashimoto empfehlen.

Danny: Meine Ärztin sagt, dass meine Schilddrüse ausgebrannt sei. Was bedeutet das genau? Habe ich jetzt kein Hashimoto mehr? Schilddrüsenhormone nehme ich trotzdem weiter und Blutwerte sind auch in der Norm.

Klasen: Mit ausgebrannter Schilddrüse ist gemeint, dass kaum noch funktionstüchtiges Schilddrüsengewebe vorhanden ist und sie dementsprechend ausreichend Schilddrüsenhormone nehmen müssen.

Andr: Warum soll man bei Hashimoto keine Kuhmilch zu sich nehmen und welche Alternativen können Sie empfehlen?

Klasen: Kuhmilch könnte die chronische Entzündung, die durch Hashimoto entsteht, fördern. Deshalb sollten Sie pflanzliche Milch trinken - wie zum Beispiel Hafermilch.

Sandra: Kein Gluten bei Hashimoto – stimmt das? Lese und höre dies ständig.

Klasen: Das wird in der Wissenschaft sehr kontrovers diskutiert. Versuchen Sie es einfach und schauen Sie, ob es Ihnen damit besser geht.

Tanja: Bei mir wurde Fibromyalgie diagnostiziert. Auch Hashimoto wird vermutet. Die Symptome entsprechen der Diagnose. Ich bin am ganzen Körper extrem verspannt, die Muskelgruppen sind stark verhärtet. So ganz kann oder will ich aber beide Diagnosen nicht so recht hinnehmen, da unberücksichtigt blieb, dass die Schmerzen mit dem Eintreten der Wechseljahre (mit 44 Jahren) einhergingen. Meine Frage: Gibt es Zusammenhänge mit den Hormonen Östrogen und Progesteron, die ja bekanntlich in den Wechseljahren rückläufig sind?

Klasen: Sowohl Fibromyalgie als auch Hashimoto stehen im Zusammenhang mit dem Hormonhaushalt. So tritt Hashimoto besonders häufig in oder nach den Wechseljahren auf.

Sandra: Gibt es eine Alternative zum Saftfasten bei Fibromyalgie?

Klasen: Saftfasten wirkt sich besonders günstig aus. Sie können aber auch andere Formen des Fastens durchführen.

Helga: Habe meine Fibromyalgie seit Jahren durch die Ernährungsumstellung gut im Griff und dadurch kaum Schmerzen. Seit Oktober 2022 kam eine Polymyalgia rheumatica [entzündlich-rheumatische Erkrankung] mit vielen Schmerzen und Bewegungseinschränkung dazu. Sollte ich mich jetzt eventuell anders ernähren und alle Milchprodukte, welche meine Eiweißquelle sind, weglassen, um den Behandlungsverlauf günstig zu beeinflussen?

Klasen: Das ist wirklich eine unglückliche Kombination. Bleiben Sie bei Ihrer Ernährungsform, reduzieren Sie nur etwas die Milchprodukte, trinken Sie aber keine Kuhmilch.

Melanie H.: Mein Mann hat eine aktive Colitis ulcerosa und Diabetes durch Kortison. Können wir zusätzlich zu den Medikamenten mit der Ernährung die Entzündungen bekämpfen?

Klasen: Ja, das können Sie. Suchen Sie sich dazu einen Ernährungsmediziner unter www.bdem.de.

Maria: Es wird oft Quark mit Leinöl empfohlen. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, auf Milchprodukte zu verzichten. Ist das nicht ein Widerspruch?

Klasen: Nein, das ist kein Widerspruch. Sie sollen nur auf Kuhmilch direkt verzichten, Milchprodukte in Maßen sind gut.

Eva: Warum muss der Leinsamen geschrotet sein? Ich esse Leinsamen immer im Ganzen. Ist das genauso gut?

Klasen: Leinsamen ungeschrotet wirken abführend. Wenn sie geschrotet sind, kommen Sie aber an die Inhaltsstoffe der Leinsamen.

Ute: Ich habe seit etwa 20 Jahren Hashimoto. Meine Anti-TPO [Test zur quantitativen Bestimmung von IgG-Antikörpern gegen Schilddrüsenperoxidase (TPO) in humanem Serum oder Plasma] sind seit Jahren deutlich erhöht. Letztes Jahr: 1.120 U/ml. Im Jahr 2019 lag er bei 867 U/ml. Danach habe ich mich glutenfrei ernährt. Trotzdem stieg der Wert im nächsten Jahr wieder auf über 1.000 U/ml. Was kann ich tun, damit der Wert sinkt?

Klasen: Die Höhe des Anti-TPO steht in keiner Korrelation zum Krankheitsverlauf. Er ist also nicht aussagekräftig für Krankheitsaktivität.

Puschkin: Ist es möglich, bei Fibromyalgie auf glutenfreie und laktosefreie Produkte umzusteigen? Das wäre bei Weizen- und Kuhmilchverzicht deutlich kompatibler im Alltag.

Klasen: Ja, das können Sie machen.

Sonja: Gibt es einen Ersatz für Milchprodukte bei Fibromyalgie? Etwas, was ich gegebenenfalls mit Obst kombinieren kann?

Klasen: Sie müssen nicht auf Milchprodukte komplett verzichten. Sie sollten nur keine Kuhmilch trinken.

Nicole: Warum darf ich bei Fibromyalgie zum Beispiel Kartoffeln essen, aber keine "verarbeiteten" Kartoffeln, wie etwa Bratkartoffeln? Dinkelmehl ist okay, aber keine Backwaren daraus. Wo liegt der Unterschied für den Körper?

Klasen: Dabei geht es um die häufig ungünstigen Fette, die benutzt werden.

Adrian: Man soll bei Hashimoto auf Schweinefleisch verzichten: Gilt dies auch für Wildschwein oder unterscheidet sich dieses kaum vom "normalen" Schwein?

Klasen: Wildschwein ist zwar besser als "normales" Schwein, ich würde es dennoch weglassen.

Son: Ich habe Hashimoto. Ist selbst gebackenes Dinkelbrot okay?

Klasen: Ja, ausgezeichnet.

Heike: Wie äußern sich Schildrüsenprobleme bei Kindern?

Klasen: Da gibt es viele Symptome. Besprechen Sie das mit ihrem Kinderarzt!

Beate: Reicht aus Ihrer Sicht bei Hashimoto die regelmäßige Kontrolle des TSH-Wertes? Oder empfehlen Sie auch die regelmäßige Kontrolle von fT3, fT4 und Antikörpern? 

Klasen: fT3 und fT4 sollten ebenfalls etwa zwei Mal pro Jahr kontrolliert werden. Die Antikörper sind nur wichtig für die Diagnosestellung.

Klara: Ich habe zwar kein Hashimoto, aber der TSH-Wert liegt bei 5,8 mU/l und damit außerhalb des Normbereichs. Woher weiß man, ab wann die Schilddrüse medizinischer Aufmerksamkeit bedarf und ist es möglich, mit der Ernährung die Schilddrüsenwerte zu beeinflussen?

Klasen: Bei diesem TSH-Wert sollten Sie und ihre Schilddrüse auf jeden Fall regelmäßig medizinisch kontrolliert werden. Sie sollten sich einen Endokrinologen und Ernährungsmediziner suchen.

Laura22: Wie kann es sein, dass die Blutwerte für die Schilddrüse im Normbereich sind, man aber bei der Ultraschalluntersuchung ganz deutlich erkennen kann, dass die Schilddrüse stark entzündet und deutlich verkleinert ist sowie auch einige Knoten aufweist?

Klasen: So etwas kommt vor. Sie sollten sich bei einem Endokrinologen vorstellen.

Eva: Warum wird von Hafermilch ohne Zuckerzusatz auch abgeraten? Kürzlich habe ich gehört, dass sie durch Fermentation auch ohne Zuckerzusatz ungesund ist.

Klasen: Bio-Hafermilch ohne Zuckerzusatz ist gut.

Anita O.: Meiner Tochter wurde vor Jahren gesagt, dass sie wegen ihrer Hashimoto-Erkrankung kein Jod zu sich nehmen soll, also kein Jodsalz benutzen soll. Jetzt hörte ich, dass Sie doch Jod braucht. Wie ist es richtig?

Klasen: Ohne die Begleitung durch einen Endokrinologen sollte sie bei Hashimoto kein Jod zu sich nehmen.

Steffi: Sollte man bei Hashimoto Jod meiden? Und lässt sich eine Östrogendominanz beziehungsweise ein Progesteronmangel mit Ernährung lösen? Bin 34 Jahre alt.

Klasen: Sie sollten bei Hashimoto kein Jod nehmen. Die Hormonfrage sollten Sie mit Ihrer Gynäkologin besprechen.

Anna Peel: Was tun bei Hunger auf Süßes? Helfen Bittertropfen? Nüsse haben so viele Kalorien.

Klasen: Bittertropfen, die Sie in jeder Apotheke bekommen, helfen auf jeden Fall gegen den "Jieper" auf Süßes.

Sandra: Sollte man sich mit Hashimoto ein Leben lang möglichst gluten-, milch- und zuckerfrei ernähren? Wie lange sollte man Intervallfasten? Auch dauerhaft?

Klasen: Kuhmilch sollten Sie nicht trinken. Zuckerarm ist ausreichend. Glutenfrei ist einen Versuch wert.

Hashimoto bei Männern: Gibt es große Unterschiede bei Hashimoto bei Männern und Frauen?

Klasen: Frauen haben häufig ausgeprägtere Symptome.

Matilda: Ich sollte dringend Bauchfett abbauen. Die Empfehlung mindestens fünf bis sechs Stunden Pausen zwischen den Mahlzeiten einzuhalten, gilt die auch bei starkem Reflux?

Klasen: Ja.

Karin: Ich habe eine Schilddrüsenunterfunktion, der Arzt sagt, es ist Hashimoto. Zurzeit nehme ich L-Thyroxin 75. Kann ich mit einer Ernährungsumstellung erreichen, kein Thyroxin mehr nehmen zu müssen oder ist das nicht möglich?

Klasen: Es ist einen Versuch wert, aber nur zusammen mit einem Ernährungsmediziner.

Anna: Häufig ist mein Nüchtern-Blutzuckerwert am Morgen nach zwölf Stunden ohne Nahrungsaufnahme deutlich höher als am Abend zwei Stunden nach der letzten Mahlzeit. Woran kann das liegen?

Klasen: Es kann sich um eine Gegenregulation handeln, weil ihr Zuckerwert nachts zu tief liegt. Besprechen Sie das mit ihrem Diabetologen.

Anna: Sind Vollkornnudeln bei Diabetes okay oder sind Nudeln grundsätzlich schlecht?

Klasen: Vollkorn ist gut. Allerdings sollten die Nudeln nicht aus Weizen bestehen.

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Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 30.01.2023 | 21:00 Uhr

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