Zuckerersatz: So wirken Aspartam und Sucralose auf die Darmflora
Künstliche Süßungsmittel wie Saccharin, Sucralose oder Aspartam können auf Dauer zu Veränderungen des Mikrobioms im Darm führen. Neue Erkenntnisse zur Wirkung der Zuckerersatzstoffe liefert eine aktuelle Studie.
Eine Möglichkeit, ohne Zucker Süße ins Essen zu bekommen, sind künstliche Süßungsmittel - sie haben keine Kalorien und haben, so die weit verbreitete Annahme, keinen Effekt auf den Blutzuckerspiegel. Allerdings steht der Zuckerersatz schon länger im Verdacht, die menschliche Darmflora, das Mikrobiom, zu verändern.
Israelische Forscher haben nun in der ersten großen Studie an Menschen festgestellt, dass sich die Glukosetoleranz – also die Fähigkeit des Körpers, den Blutzuckerspiegel zu regulieren - nach dem Konsum der Zuckerersatzstoffe Saccharin und Sucralose verschlechtert.
Süßstoffe: Studie untersucht Auswirkungen auf den Körper
An der Studie nahmen 120 Personen teil, die zuvor nie Süßstoffe konsumiert hatten. Die Teilnehmenden wurden in sechs Gruppen aufgeteilt. Vier der Gruppen nahmen vier Wochen lang jeweils einen Süßstoff zu sich - Saccharin, Sucralose, Aspartam oder Stevia. Eine Gruppe bekam zum Vergleich Glucose und die Kontrollgruppe überhaupt nichts.
Dreimal pro Tag mussten alle Teilnehmenden eine abgemessene Portion des jeweiligen Zuckerersatzes zu sich nehmen. Um die Auswirkungen auf den Körper untersuchen zu können, wurden während und nach der Testphase Blut- und Stuhlproben genommen. Alle zwei bis vier Tage machten die Teilnehmer außerdem einen Glukosetoleranztest: 50 Gramm gelösten Zucker auf nüchternen Magen, um festzustellen, wie der Körper darauf reagiert.
Zuckerersatz: Saccharin und Sucralose am schädlichsten
Das Ergebnis: Obwohl die konsumierten Süßstoffmengen deutlich unter den empfohlenen täglichen Höchstmengen lagen, fand die Forschergruppe in allen vier Süßstoffgruppen Veränderungen im Mikrobiom. Am deutlichsten ausgeprägt waren diese bei Saccharin und Sucralose. Saccharin gelangt nur sehr langsam vom Darm ins Blut, Sucralose wird fast unverändert wieder ausgeschieden, sodass beide Stoffe besonders ausgiebig mit dem Mikrobiom in Kontakt sind.
Die Teilnehmer, die Saccharin und Sucralose bekommen hatten, konnten Zucker auf einmal schlechter verwerten und zeigten im Glukosetoleranztest auffällig hohe Blutzuckerkurven. Eine gestörte Glukosetoleranz ist ein Risikofaktor für Übergewicht und Typ-2-Diabetes.
Mikrobiom: Versuch bestätigt Veränderungen durch Süßungsmittel
Das Forscherteam untersuchte danach die Stuhlproben der Teilnehmer. Sie verglichen Art und Vielfalt der Bakterien vor und nach der Einnahme der Süßstoffe. Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms veränderten sich durch den Konsum der Süßstoffe. Die Forscher vermuten, dass die veränderte Bakterienvielfalt auch der entscheidende Auslöser der gestörten Blutzuckerregulation ist. Um das zu belegen, verfütterten die Forscher die Darmbakterien der Testteilnehmer an Mäuse, die steril - also ohne eigenes Darmmikrobiom - aufgewachsen waren.
Als die Tiere dann die Zuckerlösung zu trinken bekamen, zeigten sie die gleichen auffälligen Blutzuckerreaktionen wie die menschlichen Mikrobiom-Spender. Die Darmbakterien führten bei den Mäusen zu genau den gleichen Veränderungen, obwohl die Mäuse nie Zuckerersatz gefressen hatten. Sie besaßen lediglich das Mikrobiom von Menschen, die Süßstoffe konsumiert hatten. So folgerten die israelischen Forschenden, dass der Großteil des Blutzucker-Effekts der scheinbar neutralen Süßstoffe wohl an deren Wirkung auf die Darmbakterien liegt.
Forschende und Medizinerinnen und Mediziner sehen in den Ergebnissen wichtige Hinweise, bis sich daraus konkrete Empfehlungen ableiten lassen, müsse es allerdings weitere Untersuchungen geben. Die Schlussfolgerung aus der Studie sei nicht, mehr Zucker zu essen, betonen die Forschenden. Dessen gesundheitsschädlichen Effekte seien sicher nachgewiesen.
Saccharin, Sucralose und Aspartam beeinflussen Darmbakterien
Eine In-vitro-Studie hat 2021 im Laborversuch gezeigt, dass Saccharin, Sucralose und Aspartam Darmbakterien negativ beeinflussen können. Sobald die Bakterien Escherichia coli und Enterococcus faecalis die Süßstoffe im Darm aufgenommen hatten, veränderten sie sich und konnten dann die Darmwand durchdringen.
Die eigentlich nützlichen Bakterien können großen Schaden anrichten, sobald sie den Darm verlassen. Überwindet zum Beispiel E. faecalis die Darmwand und gelangt in den Blutkreislauf, sammelt es sich in Lymphknoten, Leber und Milz an und kann eine Reihe von Infektionen verursachen.
Um die Konzentration der Darmbakterien zu verändern, reichten in dem Modellversuch schon kleine Mengen der untersuchten Süßungsmittel. So konnten diese nach Aussage der Forschenden schon bei einer physiologischen Konzentration von 100 Mikrogramm die Darmflora verändern und Infektionen wahrscheinlicher werden lassen - eine Menge, die in der täglichen Ernährung leicht erreicht werden könne.
Künstliche Süßstoffe: Keine erhöhte Krebsgefahr nachgewiesen
Künstliche Süßstoffe, insbesondere Aspartam, Saccharin und Sucralose, standen lange im Verdacht, krebserregend zu sein. Hier konnten Forschende bisher kein erhöhtes Risiko nachweisen. Schwangeren und stillenden Müttern wird empfohlen, auf übermäßigen Konsum von Zuckerersatz zu verzichten, solange nicht geklärt ist, wie sich die Süßungsmittel auf die Entwicklung von Babys auswirken.
Auf künstliche Süßstoffe und Zucker verzichten
Um schädlichen Veränderungen des Körpers vorzubeugen, sollte man versuchen, ganz auf künstliche Süßstoffe zu verzichten - und sich lieber generell vom Zuckerkonsum entwöhnen. Schon nach kurzer Zeit verändert sich das Geschmacksempfinden, und das Verlangen nach Süße lässt deutlich nach.
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