Gesunde Ernährung kann vorbeugen und heilen
Manche Nahrungsmittel stärken die Gesundheit, andere machen krank. Darauf baut die Ernährungsmedizin auf: mit individuellen Therapien aufgrund neuester Forschungsergebnisse.
Essen kann krank machen - oder die Gesundheit stärken. Auswertungen verschiedener Studien zeigen, dass bis zu drei Viertel unserer Erkrankungen durch falsche Ernährung verursacht oder verschlimmert werden. Wie Lebensmittel auf unseren Körper wirken, das untersucht die moderne ernährungsmedizinische Forschung. Ziel der Ernährungsmedizin ist, Krankheiten durch eine dauerhafte Umstellung der Nahrungsgewohnheiten zu heilen oder zu lindern. Bei schweren Krankheiten kann die ernährungsmedizinische Diät, also die Befolgung eines bestimmten Speiseplans, unterstützender Baustein einer Gesamttherapie sein.
Was versteht man medizinisch unter Ernährung?
Ernährung umfasst Essen und Trinken. Es geht um die Versorgung des Organismus mit Makronährstoffen (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß) und Mikronährstoffen (Vitamine und Mineralstoffe). Eine wichtige Rolle spielen außerdem die Ballaststoffe, die unser Darm dringend braucht, und die sekundären Pflanzenstoffe. Viele dieser - teils noch kaum erforschten - Pflanzenstoffe haben eine entzündungshemmende Wirkung.
Seit wann gibt es die Ernährungsmedizin?
Das Wissen um die positive oder negative Wirkung einzelner Nahrungsmittel ist uralt. Schon die Steinzeitmenschen vertrauten der Heilkraft von Wildkräutern wie Brennnessel oder Kamille. In den vergangenen Jahrzehnten vertiefte die Forschung durch zahlreiche Studien ihr Verständnis über die Stoffwechselvorgänge im Körper. Zahlreiche Wirkungsmechanismen konnten biochemisch nachgewiesen werden. So zeigten beispielsweise Studien, dass eine bedarfsdeckende Ernährung vor einer Operation die Wundheilung verbessert oder wie die Ernährung die Funktionsfähigkeit des Immunsystems beeinflusst. Manche Forschungsergebnisse stützen überlieferte Heilmethoden, andere liefern neue Therapieansätze.
Wie läuft eine Ernährungstherapie ab?
Ausgangspunkt einer solchen Therapie ist eine Bestandsaufnahme über die bisherigen Ernährungsgewohnheiten. Meist ist es sinnvoll, für ein bis zwei Wochen ein Ernährungstagebuch zu führen. Wer alles ehrlich notiert, kann man oft schon für sich selbst erahnen, was möglicherweise im Argen liegt. Die Ergebnisse des Ernährungsprotokolls ergänzen die Befunde, die ärztlicherseits vorliegen - etwa aus der körperlichen Untersuchung und beispielsweise die Laborwerte nach einer Blutabnahme.
Betrachtet man alles zusammen, lässt sich ableiten, welche Nährstoffe dem Organismus fehlen und welche ihm im Überfluss zur Verfügung stehen. Daraus folgt, welche Zutaten häufiger mit auf den Speisezettel gehören und welche lieber wegzulassen sind. Im Ernährungsplan werden zudem die Häufigkeit und Portionsgrößen der Mahlzeiten festgelegt. Die Umstellung erfolgt schrittweise, in enger Abstimmung mit dem Patienten. Dabei wird in einer professionellen Ernährungsberatung immer der familiäre und berufliche Alltag einbezogen, um Lösungen auch für diejenigen zu finden, die kaum Zeit oder Mittel zum Kochen haben.
Bedeutet die Ernährungstherapie vor allem Verzicht?
Nein, denn die Lebensqualität steht an vorderster Stelle dieser Therapie. Der Arzt, die Ärztin oder Ernährungsfachkraft wird Vorlieben erfragen und sie so weit wie möglich im Ernährungsplan beibehalten.
Wie schnell wirkt die Ernährungstherapie?
Das ist ganz unterschiedlich. Um eine systemische, also den ganzen Stoffwechsel betreffende Veränderung zu erreichen, braucht es in der Regel mindestens ein paar Wochen. Abnehm-Erfolge treten oft schon binnen Kurzem ein. Grundsätzlich zielt die ernährungsmedizinische Therapie jedoch darauf, die Ernährungsgewohnheiten dauerhaft umzustellen: Über die kurzfristige Verbesserung hinaus geht es also um eine langfristige Ausbalancierung der Nährstoffzufuhr.
Was hat Einfluss auf den Therapieerfolg?
Wie so oft im Leben ist Erfolg eine Frage der Selbstdisziplin: Wie konsequent setze ich den Therapieplan um? In Stressphasen ist es wenig sinnvoll, mit einer Ernährungstherapie zu beginnen, denn da fallen die meisten Menschen leicht in gewohnte Verhaltensmuster zurück. Auf das süße Trostpflaster folgt dann schnell das schlechte Gewissen und darauf eventuell der Gedanke: Nun habe ich es eh verbockt, nun kann ich auch weitermachen wie bisher.
Eine Ernährungsumstellung erfordert am Anfang schon allerhand Willenskraft. Wer die aufbringt und durchhält, wird aber schon bald positive Veränderungen wahrnehmen und stolz sagen: Ich kann mir selbst helfen! Ein beflügelndes Gefühl, das das Selbstbewusstsein stärkt und auf diese Weise wiederum den Therapieerfolg unterstützt.
Welche Krankheiten lassen sich ernährungsmedizinisch behandeln?
Besonders sinnvoll und teils unverzichtbar ist die Ernährungstherapie etwa bei Nahrungsmittel-Intoleranzen (Fruktose, Histamin, Laktose), bei den meisten Magen- und Darmerkrankungen (etwa Morbus Crohn, Zöliakie, Reizdarmsyndrom, Verstopfung, Sodbrennen etc.), bei Esstörungen, bei Übergewicht und damit verwandten Krankheiten wie Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck, Fettleber und Diabetes mellitus Typ 2 sowie bei chronischen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse oder der Nieren.
Auch bei Gicht, Rheuma, Morbus Bechterew, Multiple Sklerose, Osteoporose, bei Neurodermitis und selbst bei Krebs leistet die Ernährungstherapie einen wertvollen Beitrag zur Behandlung. Unsere Ernährung ist ein so zentraler Faktor für die Gesundheit, dass es kaum eine Erkrankung gibt, die sich durch geeignete Umstellungen im Speiseplan nicht zumindest lindern ließe.