Ein Hund reißt das Maul auf, daneben zum Schutz erhobene Arme © colourbox
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AUDIO: Aufklärungslücke bei Tollwut? (6 Min)

Tollwut beim Menschen: Übertragung, Symptome und Behandlung

Stand: 05.09.2023 11:50 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Deutschland gilt als tollwutfrei, doch bei Reisen ins Ausland etwa kann man sich mit dem gefährlichen Virus infizieren. Welche Symptome gibt es? Ist Tollwut beim Menschen heilbar?

Die Tollwut gilt in Deutschland seit 2008 als besiegt. Auch in den europäischen Nachbarländern treten nur noch sporadisch Tollwutfälle auf. Anders sieht es in anderen Teilen der Welt aus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listet die Tollwut in den Top 20 der vernachlässigten tropischen Erkrankungen. Deshalb warnen Fachleute bei Reisen in Länder mit vorkommender Tollwut davor, die Gefahr zu unterschätzen.

Noch heute führt eine Infektion mit Tollwut ohne Impfung fast ausnahmslos zum Tod. Weltweit sterben jährlich etwa 60.000 Menschen an der Infektion mit so genannten Lyssaviren. Besonders viele Todesfälle durch Tollwut gibt es in asiatischen und afrikanischen Ländern. Dort sind vor allem ärmere Bevölkerungsschichten auf dem Land betroffen, allen voran Kinder und Jugendliche, die engen Kontakt zu infizierten Tieren haben.

Tollwut tritt in Teilen Osteuropas auf

Auch in einigen osteuropäischen Ländern wie der Republik Moldau oder Russland bleibt die Tollwut laut Robert Koch Institut (RKI) ein Problem. In weiten Teilen Europas dagegen führte die Schluckimpfung für Füchse per Impfköder zum Verschwinden der Tollwut. Damit sie nicht zurückkehrt, wird in Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien zweimal im Jahr auf einem 100 Kilometer breiten Gürtel entlang der gemeinsamen Grenzen geimpft. "Diese Maßnahme ist sehr effektiv und verhindert, dass die Wildtiertollwut in die freien Gebiete innerhalb der Europäischen Union eingeschleppt wird", so Thomas Müller, Fachtierarzt für Virologie und Epidemiologie und Tollwut-Experte am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald.

Tollwut wird meist durch Hundebiss übertragen

Fledermaus im Flug © imago images / Nature Picture Library
Auch Fledermäuse sind häufig Träger von Tollwutviren und könnten Menschen infizieren.

Das Tollwutvirus befällt grundsätzlich Säugetiere, vor allem Fleischfresser wie Hunde, Füchse, Marder, Waschbären oder Stinktiere. Die Übertragung zum Menschen erfolgt in der Regel über einen Biss, meist durch einen Hund. Die Viren können auch durch den Speichel infizierter Tiere über oberflächliche Hautverletzungen und direkten Kontakt mit der Schleimhaut übertragen werden. Dagegen ist dem RKI zufolge keine Ansteckung durch Kontakt mit Blut, Urin oder Kot eines infizierten Tieres möglich.

Nachgewiesen wurde Tollwut auch bei Fledermäusen. Das RKI geht davon aus, dass von ihnen eine ähnliche Gefahr ausgeht wie von fleischfressenden Säugetieren. Auch Nagetiere wie Ratten, Mäuse oder Biber infizieren sich, allerdings ohne dass es laut WHO bisher zu einer Übertragung auf Menschen gekommen wäre.

Symptome und Verlauf der Tollwut beim Menschen

Die Inkubationszeit beim Menschen kann mit fünf Tagen bis zu mehreren Jahren stark variieren, liegt in der Regel aber bei zwei bis drei Monaten. Der Verlauf der Tollwut lässt sich in drei Stadien einteilen. Im ersten Stadium können sich uncharakteristische Beschwerden wie Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit zeigen. Die akute Phase ist gekennzeichnet durch neurologische Ausfälle. Krämpfe der Muskulatur beim Schlucken führen zum charakteristischen Speichelfluss. Schließlich können sich die Krämpfe auf die gesamte Muskulatur des Körpers ausbreiten.

Im letzten Stadium der Erkrankung kommt es zum Koma. Der Tod tritt in der Regel durch eine Atemlähmung oder Lähmung der Herzmuskulatur ein. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, liegen zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und dem Tod meist nur sieben bis zehn Tage.

Nach Kontakt mit infizierten Tieren: Impfung und Wundversorgung

Eine allgemeine Impfempfehlung für die Tollwut beim Menschen gibt es in Deutschland nicht, lediglich für Menschen, die engen Kontakt zu Fledermäusen haben oder im Labor mit Tollwutviren arbeiten. Kommt es zu einem riskanten Kontakt mit einem mutmaßlich infizierten Tier, kann eine lebensgefährliche Erkrankung mit einer Art Akut-Impfung, der sogenannten Postexpositionsprophylaxe, sicher verhindert werden. Den Impfstoff gibt es nur in besonderen Notfallzentren.

Die Entwicklung von Symptomen kann aber eingedämmt werden, so Kerstin Kling, Fachärztin für Innere Medizin am Robert-Koch-Institut und Expertin für die Reiseimpfungsempfehlungen. "Die erste Maßnahme ist immer, dass man die Wunde sofort großzügig und mindestens eine Viertelstunde lang mit Seife wäscht und nach Möglichkeit auch noch desinfiziert. Und bitte nicht nähen, das ist ganz wichtig. Je nach Art des Kontaktes muss man mit der Immunisierung beginnen. Das ist entweder die Impfung oder zusätzlich die Gabe von Immunglobulinen (Antikörpern) um die Wunde herum."

Diese Maßnahmen helfen, sich vor Tollwut zu schützen

Um eine Infektion mit Tollwut zu vermeiden, hilft vor allem ein achtsamer Umgang mit Tieren. Direkten Kontakt mit Wildtieren sollte man vermeiden. Tollwütige Tiere verlieren häufig die Scheu vor Menschen, bei solchem Verhalten sollte besonders auf Distanz geachtet werden. Das gleiche gilt für Fledermäuse. Liegen diese auf dem Boden oder tauchen tagsüber auf, ist Vorsicht geboten. Falls notwendig, sollte eine Fledermaus nur mit besonderem Schutz berührt werden, denn sie könnte beißen. Das Tragen von Handschuhen reicht nicht aus. Experten empfehlen, das betroffene Tier mit einem Kehrblech oder einer Schaufel in einen festen Behälter zu legen oder das Veterinäramt anzurufen.

Ohne direkten Kontakt zu den Tieren sind auch Hausbesitzer mit einem Fledermausquartier, zum Beispiel im Dachstuhl, keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt. Solange man die Tiere nicht anfasst, werden selbst tollwütige Fledermäuse Menschen nicht angreifen.

Das ist bei Reisen in Tollwut-Gebiete zu beachten

Wer in Gebiete reist, in denen Tollwut verbreitet und vermehrt Kontakt zu Tieren wahrscheinlich ist oder einen längeren Aufenthalt in Gebieten mit schlechter Gesundheitsversorgung plant, sollte sich vorab impfen lassen. Für Auslandsreisen gelten differenzierte Empfehlungen für Reiseimpfungen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) gibt aktuelle Empfehlungen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) heraus. Wer eine Reise plant, sollte sich bei spezialisierten Ärztinnen und Ärzten sowie Tropeninstituten oder Gesundheitsämtern beraten lassen. Informationen über gesundheitliche Risiken im jeweiligen Reiseland bietet das Auswärtige Amt.

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Zuletzt gab es auf der indonesischen Insel Bali zahlreiche Fälle von Tollwut bei Hunden, berichtet Medizinerin Kling. In anderen Regionen der Welt verzeichnet sie dagegen eine erfreuliche Entwicklung, etwa in Lateinamerika, wo einige Länder tollwutfrei geworden seien. Bei der Bekämpfung der Tollwut setzen die Forschenden vom Friedrich-Loeffler-Institut große Hoffnung auf eine Schluckimpfung für Hunde, deren Entwicklung sie wissenschaftlich begleiten. Der Impfstoff soll voraussichtlich 2024 zugelassen werden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 31.07.2023 10:52

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