Das Register ist ein Kernelement einer Organspende-Reform, die der Bundestag 2020 beschlossen hatte. Danach gilt allerdings weiterhin, dass nur derjenige Organspender sein kann, der zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat oder wenn dies enge Angehörige tun. Kliniken stellen aber immer wieder fest, dass Menschen, die als Spender in Frage kommen, kein Ja oder Nein festgelegt haben. Auch viele Angehörige fühlen sich in solchen Fällen überfordert und entscheiden sich im Zweifel offenbar eher gegen eine Freigabe. Das neue Spendenregister soll dabei helfen, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger ihre Haltung klar dokumentieren und damit auch Entscheidungswege verkürzen. Während Organspendeausweise verloren gehen können, soll das Online-Register jederzeit verfügbar sein. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, das Register erleichtere die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten und entlaste vor allem Angehörige von schweren Entscheidungen. Er appelliere an alle Menschen: "Entscheiden Sie sich und dokumentieren Sie Ihre Entscheidung zur Organspende."
Das Verfahren soll einfach, freiwillig und kostenlos sein. Wie der Organspendeausweis zum Download, die Patientenverfügung oder die elektronische Patientenakte soll das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelte digitale Register die Entscheidung für oder gegen Organ- und Gewebespenden dokumentieren. Möglich ist eine Zustimmung ab einem Alter von 16 Jahren. Ein Widerspruch gegen eine Spende kann bereits ab 14 Jahren erfolgen. Eine einmal hinterlegte Entscheidung kann jederzeit geändert werden. Sowohl für das Eintragen als auch für das Abrufen der Erklärungen sind digitale Authentifizierungsverfahren vorgesehen. Von Seiten der Krankenhäuser sollen eigens benannte auskunftsberechtigte Ärztinnen und Ärzte oder Beauftragte jederzeit auf das digitale Register zugreifen können.
Nein - das neue Organspende-Register startet in mehreren Stufen: Vom 18. März an soll es zunächst möglich sein, unter der Internetadresse www.organspende-register.de seine Haltung zu dokumentieren. Voraussetzung dafür ist ein Personalausweis mit Online-Funktion und PIN (eID). Bis spätestens 30. September sollen Krankenversicherte eine weitere Zugangsmöglichkeit zum Register erhalten: Eintragungen und Änderungen sollen dann auch mit Hilfe der GesundheitsID möglich sein. Diese sogenannte digitale Identität erhalten Versicherte über Krankenkassen-Apps und ihre elektronische Patientenakte. Ursprünglich sollte das Organspende-Register zum 1. März 2022 starten, aber es hatte Verzögerungen gegeben - unter anderem wegen der Corona-Pandemie. Voll einsatzbereit ist das Register ohnehin erst, wenn die Kliniken auch Zugriff haben.
Erst im Laufe dieses Jahres werden Kliniken tatsächlich auf das Register zugreifen können, um hinterlegte Erklärungen zu Organ-Entnahmen abzurufen. Die Krankenhäuser müssen dazu aus Datenschutzgründen zunächst Personen benennen, die Zugang zum Register erhalten (Ärztinnen und Ärzte und/oder pflegerische Transplantationsbeauftragte). Bis zum 1. Juli sollen dann alle Entnahme-Krankenhäuser an das Register angebunden sein und abrufberechtigte Personen benannt haben. Eine Abfrage von Daten durch die Kliniken soll erlaubt sein, wenn der Tod eines möglichen Organspenders festgestellt worden ist oder vermutlich unmittelbar bevorsteht.
Eine Gewebespende umfasst beispielsweise Horn- und Lederhaut der Augen, Knochen, Haut oder Blutgefäße. Gewebespenden sind in Deutschland - anders als Organspenden - dezentral organisiert. Es gibt wesentlich mehr, auch außerklinische Einrichtungen, die sich am Gewebespendenverfahren beteiligen. Für diese Einrichtungen müssen die organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen für den Zugriff auf das zentrale Online-Register erst noch geschaffen werden. Deshalb ist geplant, die behördlich zugelassenen Gewebeeinrichtungen erst bis zum 1. Januar 2025 an das Register anzubinden.
BfArM-Präsident Karl Broich sagte, gespeicherte Erklärungen und personenbezogene Daten im neuen Organspende-Register seien vor Manipulationen und unberechtigtem Zugriff geschützt. Die Daten würden auf einem Server in Deutschland gespeichert. Sichere Verfahren zur Authentifizierung würden gewährleisten, dass nur die erklärende Person selbst und berechtigtes Personal im Krankenhaus auf die Erklärung zugreifen könnten. Das Bundesinstitut will die Zahl der im Register erfassten Erklärungen jährlich veröffentlichen.
Ja - um auch Menschen ohne Internetzugang eine rechtssichere Dokumentation ihrer Spendenbereitschaft zu ermöglichen, bleiben auch die bisherigen Organspendeausweise gültig. Wer in der Vergangenheit einen solchen Ausweis ausgefüllt hat und seine Erklärung nun auch im digitalen Register hinterlegen möchte, sollte darauf achten, dass die Erklärungen übereinstimmen. Es gilt laut Bundesinstitut BfArM immer die aktuellste Erklärung. Und in jedem Fall bleibt es auch in Zukunft sinnvoll, mit Angehörigen über die persönliche Entscheidung zu sprechen und sie zu informieren.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert den Zugang zum Register als zu kompliziert. Ursprünglich war geplant, dass Bürgerinnen und Bürger auch über die Bürgerämter der Kommunen Zugriff darauf erhalten sollten. Dies scheiterte allerdings an fehlender technischer Ausstattung der Ämter und an Finanzierungsproblemen. Stiftungs-Vorstand Eugen Brysch argumentiert, dass auch ältere Bürger ohne Internetwissen Zugang zum Register haben müssten. Experten erwarten zudem, dass das Register nicht zu deutlich mehr Transplantationen führen wird. "Nur, weil nun etwas in ein Register eingetragen werden kann, erklären sich nicht automatisch mehr Menschen zur Organspende bereit", sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Thomas Schmitz-Rixen. Er forderte stattdessen die Einführung einer "Widerspruchslösung": Damit wäre jeder Mensch nach dem Tod ein potenzieller Spender - wenn dem nicht aktiv widersprochen wurde.
Ähnliche Register gibt es in mehreren EU-Ländern. In Dänemark wurde es 2010 eingeführt. Bis Ende 2023 waren dort 28 Prozent aller über 15-Jährigen registriert. Großbritannien führte bereits 1994 ein Organspende-Register ein, die Niederlande folgten 1998. Während in Großbritannien die Eintragung freiwillig ist, wurde sie in den Niederlanden verpflichtend. Die Schweiz hatte ebenfalls ein Register - sperrte dies aber wegen der Anfälligkeit für Hacker-Angriffe im Jahr 2022 wieder. Möglicherweise soll es in der Schweiz später einen neuen Versuch geben.
In der Schweiz gab es bis 2022 keinen Anstieg der Zahl der Organspender. Auch in den Niederlanden, wo ein Eintrag im Register mit einem Ja oder einem Nein zur Spende inzwischen verpflichtend ist, stieg die Zahl der Spender nicht nennenswert.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur befürworteten 71 Prozent das Online-Register - "voll und ganz dafür" sind 39 Prozent, "eher dafür" 32 Prozent. "Völlig dagegen" oder "eher ablehnend" äußerten sich insgesamt 16 Prozent. Eine getroffene Entscheidung "auf jeden Fall" in das neue Register eintragen wollen demnach 25 Prozent, "auf keinen Fall" eintragen lassen wollen sich 10 Prozent. Die Ergebnisse sind laut dpa repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.