Kapazitäten nicht ausgeschöpft: Zu wenig Corona-Tests
Die Corona-Beschränkungen in Deutschland werden immer weiter gelockert, sogar Forderungen nach einer kompletten Aufhebung der Kontaktbeschränkungen nehmen zu. Das Argument: Die Fallzahlen sinken. Doch das kann sich jederzeit ändern. Verhindern könnten das engmaschige Tests aller Verdachtsfälle. Doch das funktioniert nicht immer.
Nur gut ein Drittel der Testkapazitäten wird genutzt
Die Zeiten, in der die Tests auf SARS-CoV-2 knapp waren, sind seit Wochen vorbei. Über eine Millionen Tests auf Covid-19 pro Woche wären möglich. Doch durchgeführt wird nur gut ein Drittel (344.782, RKI, Stand 27.5). Experten halten das für fatal: Gerade jetzt, wo das soziale Leben wieder hochfahre, müsse sichergestellt werden, dass jeder Verdachtsfall getestet und möglichst jeder Infizierte isoliert werde. Ansonsten riskiere man wieder steigende Fallzahlen und damit eine neue Infektionswelle.
Klare Test-Vorgaben vom RKI
Die Entscheidung, ob ein Test auf eine SARS-CoV-2-Infektion erfolgt, treffen Ärzte auf Basis der Kriterien des Robert Koch-Instituts (RKI). Die Kriterien sind seit Anfang Mai herabgesetzt. So heißt es: "Allgemein empfiehlt das RKI eine niederschwellige Testung aller Personen mit Symptomen einer akuten Atemwegserkrankung." Konkret wird eine labordiagnostische Untersuchung empfohlen, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
- Akute respiratorische Symptome jeder Schwere und/oder Verlust von Geruchs-/Geschmackssinn bei allen Patienten unabhängig von Risikofaktoren.
- Kontakt zu laborbestätigtem Covid-19-Fall bis maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn und jegliche mit Covid-19 vereinbare Symptome.
- Klinische oder radiologische Hinweise auf eine virale Pneumonie und Zusammenhang mit einer Häufung von Pneumonien in einer Pflegeeinrichtung/Krankenhaus.
Veraltete Informationen als Test-Vorgaben
Die Hürde ist also niedrig. Doch wieso werden die Kapazitäten dann nicht ausgenutzt? Kann es daran liegen, dass nicht alle Menschen getestet werden, bei denen es nach den Kriterien des RKI sinnvoll wäre? In einer Stichprobe von Visite war die Website des Landes Niedersachsen ebenso wenig auf dem neuesten Stand wie die der Stadt Hannover, des Landkreises Vorpommern oder des städtischen Krankenhauses Kiel. Auf der Website des Landes Niedersachsen hieß es, ein Kontakt zu einem laborbestätigten Covid-19-Fall sei notwendige Voraussetzung für einen Test.
Bundesgesundheitsministerium will Tests ausweiten
Das Bundesgesundheitsministerium will künftig deutlich mehr Menschen auf das Coronavirus testen lassen, auch wenn sie keine Symptome zeigen sollten. Getestet werden sollen künftig Menschen in Kliniken und Pflegeheimen, Angestellte von Lebensmittelunternehmen wie etwa Schlachthöfen, Beschäftigte der Gastronomie und in Kitas und Schulen, sobald in einer der Einrichtungen ein Corona-Fall auftreten sollte. Des Weiteren sollen Personen getestet werden, die in Orten mit einem hohen Infektionsgeschehen leben oder sich dort aufgehalten haben, die in einem Haushalt leben, in dem sich ein Angehöriger angesteckt hat, sowie Menschen, die mindestens 15 Minuten Kontakt zu einem Infizierten hatten.
Wer sind die Ansprechpartner bei einem Corona-Verdacht?
Bei einem Corona-Verdacht sind die Hausärzte (telefonische Anmeldung) und der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Rufnummer 116 117 die Ansprechpartner. Wird einem Betroffenen mit typischen Symptomen ein Test verweigert, sollten dieser auf die allgemeinen Richtlinien des RKI verweisen und einen Test einfordern.