Immundefekt: Angeborene Immunschwäche erkennen und behandeln

Stand: 24.02.2025 08:07 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Beim Immundefekt gehören häufige und hartnäckige Infektionen zu den Symptomen einer Immunschwäche. Bei einem angeborenen Immundefekt beginnen die Symptome oft bereits im Baby- und Kleinkindalter.

von Anke Lauf

Lebewesen ganz ohne Abwehrkräfte sterben binnen kürzester Zeit, weil Krankheitserreger leichtes Spiel haben. Aber auch, wenn ein Immunsystem nur teilweise geschwächt ist, drohen immer wieder Probleme.

Eine Störung des Immunsystems wird Immundefekt, Immundefizienz oder Immunschwäche genannt. Sie kann angeboren oder im Leben angeeignet sein. Eine angeborene Immunschwäche heißt auch primärer Immundefekt oder kurz: PID.

Immundefekt: Symptome und Warnzeichen

Menschen mit einem gesunden Immunsystem sind meist schnell wieder gesund und vor erneuter Ansteckung geschützt. Bei einem angeborenen Immundefekt, einer genetisch bedingten Immundefizienz, ist das anders. Die Betroffenen sind oft schon als Kind häufiger und länger krank, stecken sich immer wieder an - und auch Impfungen schützen nicht so, wie sie sollten, weil das Immunsystem Probleme hat, die richtigen Antikörper zu produzieren.

Die Deutsche Selbsthilfe Angeborene Immundefekte e.V. (dsai) nennt zwölf Symptome, die bei Kindern ein Warnzeichen für eine angeborene Abwehrschwäche sein können.

Dazu gehören Infektionen wie

Sie gelten als Symptom für einen primären Immundefekt wenn sie

  • häufig wiederkehren
  • länger dauern
  • besonders schwer verlaufen

Außerdem können Impfkomplikationen oder Infektionen mit ungewöhnlichen Keimen Hinweise für eine Immundefizienz sein.

Immunschwäche: verschiedene Formen

Grundsätzlich können bei primären Immundefekten (PID) alle Teile des Immunsystems betroffen sein:

  • Bei einem zellulären Immundefekt sind bestimmte oder alle Abwehrzellen erkrankt
  • Bei einem humoralen Immundefekt werden zu wenig Antikörper produziert (Antikörpermangelsyndrom)
  • Zelluläre und humorale Immundefekte können auch kombiniert auftreten, zum Beispiel als schwerer kombinierter Immundefekt, kurz SCID
  • Manchmal ist auch die Regulation des Immunsystems gestört (Dysregulation des Immunsystems)

Autoimmunreaktion bei angeborenem Immundefekt

Bei angeborenen Immundefekten kann zusätzlich auch die Steuerung des Immunsystems gestört sein, sodass es zu überschießenden Immunreaktionen kommt (Autoimmunität). Manchmal sind solche Autoimmunreaktionen das einzige Symptom einer PID, ganz ohne dass eine Infektanfälligkeit vorliegt.

Hinweise auf eine Autoimmunreaktion bei PID können sein:

  • wiederkehrendes Fieber ohne erkennbare Ursache
  • hartnäckige Hauterscheinungen: Ekzeme, Akne, Schwellungen, Aphten, Abszesse
  • chronische Entzündungen beispielsweise an Gelenken, im Darm, an den Rachenmandeln oder Augen

Diagnose bei Immundefekt

Viele Betroffene ahnen lange nichts von ihrer Erkrankung, obwohl sie schon in der Kindheit häufiger krank waren als andere. Sie gelten als kränklich, wenig belastbar - bis eine spezielle immunologische Labordiagnostik den wahren Grund für ihr schwaches Abwehrsystem entlarvt. Dazu gehört die Bestimmung der Antikörper im Blut (Immunglobuline) sowie ein sogenanntes Differenzialblutbild, um die Abwehrzellen zu untersuchen. Darüber hinaus kann eine genetische Testung sinnvoll sein.

Therapien bei Immunschwäche

Bislang sind bereits fast 500 verschiedene Arten von primären Immundefekten bekannt. Die Therapien richten sich nach der Ausprägung der Symptome.

Beim variablen Immundefektsyndrom (CVID) entsteht häufig ein Antikörpermangelsyndrom. Zur Behandlung werden die fehlenden Antikörper von außen ersetzt. Dafür erhält der Patient oder die Patientin aus Blutplasmaspenden hergestellte Antikörperpräparate regelmäßig als Infusion oder Spritze.

Das Autoimmun-Lymphoproliferative Syndrom (ALPS) betrifft ganz bestimmte Lymphozyten. Sie lagern sich massenhaft in verschiedenen Organen an, was wiederum eine Autoimmunreaktion auslöst und zum Verlust verschiedener Blutzellen und Abwehrschwäche führt. Das Medikament Rapamycin kann die überaktiven Lymphozyten bremsen.

Ein Purin-Nukleosid-Phosphorylase-Mangel, kurz PNP-Mangel, schädigt vor allem junge Abwehrzellen, insbesondere sogenannte Lymphoidzellen, was zur Abwehrschwäche führt. Durch einen genetisch bedingten Enzymmangel (PNP-Mangel) ist der Abbau und das Recycling von DNA-Molekülen gestört. In der Folge sammeln sich krankmachende Abfallstoffe in Immun- und Nervenzellen. Charakteristisch ist ein niedriger Harnsäurewert im Blut, was auf den fehlerhaften Abbau der DNA hinweist. Die einzige Behandlungsmöglichkeit für diesen schweren Immundefekt ist eine Stammzelltransplantation (früher: Knochenmarktransplantation).

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NDR Fernsehen | Visite | 18.02.2025 20:15 Uhr

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