Chat-Protokoll: PCO-Syndrom, metabolisches Syndrom, RLS
Essen als Medizin: Wie packe ich selbst eine Ernährungsumstellung an? Was kann ich etwa bei einem Restless-Legs-Syndrom (RLS) tun - und was muss ich beim Metabolischen Syndrom beachten? Wie sollte ich mich beim Polizystischen Ovarialsyndrom (PCOS) ernähren? Um diese Themen ging es in Folge 53 der Ernährungs-Docs.
Im Anschluss an die Sendung war Dr. Matthias Riedl live im Chat. Der erfahrene Ernährungsmediziner hat Fragen beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:
PCOS: Ich bin 27 Jahre alt, habe das PCO-Syndrom, allerdings bin ich sehr schlank. Ich ernähre mich gesund und mache Sport. Allerdings habe ich immer eine sehr schnelle Verdauung und habe oft nach jeder Mahlzeit Stuhlgang. Es sieht gut aus, es ist kein Durchfall. Welche Stuhl-Analyse kann ich machen, um herauszufinden, ob mein Darm die gesunde Darmflora hat und was soll ich in meiner Ernährung ändern?
Dr. Matthias Riedl: Diese Stuhluntersuchungen werden in Speziallabors gemacht. Die Interpretation solcher Befunde braucht einen erfahrenen Ernährungsmediziner. Wenden Sie sich an einen Ernährungsmediziner unter www.bdem.de.
Marina: Wird eine Darmflora-Analyse von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen?
Riedl: Leider noch nicht. Die Kosten liegen bei etwas über 100 Euro.
Melanie Stotz: Ich habe das PCO-Sydrom vor mehr als sieben Jahren diagnostiziert bekommen. Ich habe auch das Problem, dass ich einen verkürzen Dünndarm im oberen Bereich habe (30 Zentimeter wurden 2016 entfernt). Ich darf keine Hülsenfrüchte und keine Nüsse essen. Ich leide auch an vermehrter Behaarung an den unterschiedlichsten Stellen (Gesicht, Arme am schlimmsten). Eine Untersuchung meines Stuhls hat ergeben, dass viele Bakterien im roten Bereich liegen (Befund ist vier Jahre alt). Die Periode bleibt seit 21 Jahren komplett aus. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll beziehungsweise kann. Vielleicht haben Sie einen Tipp?
Riedl: In diesem Fall muss die gesamte Ernährung analysiert werden. Das lässt sich aus der Ferne nicht beantworten. Gerade weil auch noch ein Kurzdarmsyndrom besteht. Unklar ist, warum Sie keine Nüsse essen dürfen, wenn Sie keine Allergie haben. Solches und andere Fragen müssen im Rahmen einer ausführlichen Analyse geklärt werden. Auch hier rate ich zu einem in PCOS erfahrenen Ernährungsmediziner.
Antje S.: Welche Rolle spielen Milch- und Weizenprodukte beim PCOS?
Riedl: Weizenprodukte können in größerer Menge das Syndrom befeuern. Eine sehr milch- und weizenbrotlastige Ernährung ist außerdem arm an Ballaststoffen.
Saskia: Wie bleibe ich am Ball, wenn ich meine Ernährung umstellen möchte?
Riedl: Wichtig sind kleine Ziele setzen und langsam vorgehen. Überfordern Sie sich nicht. Durch Überforderung provoziert man einen Misserfolg. Zur Ernährungsumstellung in kleinen Schritten rate ich zum Abnehmen nach dem 20:80-Prinzip.
Anne: Würden Sie jedem raten, der oft Antibiotika einnehmen musste, den Stuhl mal untersuchen zu lassen?
Riedl: Nein, das muss nicht sein, nur bei sehr langen und sehr häufigen Antibiotika-Gaben und wenn diese in der frühen Kindheit gegeben wurden. Wichtig ist, sich darmgesund zu ernähren.
Prinzess: Ich habe das metabolische Syndrom und möchte meine Ernährung auf antientzündlich umstellen, aufgrund meiner Divertikulitus (zwei Schübe mit Antibiotika-Therapie) im vergangenen halben Jahr. Wie verhält es sich da mit Körnern, Raspel-Gemüse und den Blähungen bei Linsen, Kohl - heißt, blähendem Gemüse?
Riedl: Nüsse und Körner sind gut wirksam gegen das metabolische Syndrom. Sie sollten aber extrem gut gekaut werden - 30 Mal. Blähendes Gemüse kann in kleinen Mengen ausprobiert werden - und wenn es wiederholt nicht vertragen wird: weglassen. Aber probieren Sie es ruhig. Wenn Sie vorher wenig Ballaststoffe gegessen haben, ist für den Darm die gemüsereiche Ernährung schon Grund genug für Blähungen.
Marianne31: Sollte man bei Einnahme von Metformin wegen PCOS generell Vitamin B12 einnehmen oder lieber ein B-Komplex-Präparat? Wenn ja, welche Dosierung ist zu empfehlen?
Riedl: Nein, generell nicht. Der Vitaminspeicher hält drei Jahre. Es reicht, den Spiegel zu bestimmen. Bitte keine Vitamine ohne den Nachweis des Mangels einnehmen.
Kira: Ich möchte gern meine Ernährung umstellen. Leider schmecken mir viele Sachen nicht. Ich finde zum Beispiel einen Salat optisch sehr ansprechend, aber wenn ich ihn dann esse, schmeckt er mir überhaupt nicht. Haben Sie einen Tipp, wie ich mich besser daran gewöhnen kann?
Riedl: Gemüse und Salat muss man lecker zubereiten können. Sonst schmeckt das nicht. Viele Restaurants machen langweilige Salat. Lernen Sie von den Besten und seien Sie offen für neue Zubereitungen wie zum Beispiel mit besserem Balsamico.
Beate: Ihre Rezepte enthalten oft Nüsse. Auch ich esse gerne Nüsse. Allerdings vertrage ich sie nur mit Mühe und sie liegen mir oft schwer im Magen. Ich leide unter einem schwachen Magen-Darm-Trakt. Haben sie da einen Tipp, wie man Nüsse bekömmlicher machen könnte? Oder welche Nüsse bei einer schwachen Verdauung zu empfehlen sind? Auch Mandelmus bekommt mir nicht.
Riedl: Wichtig ist, sie gut zu kauen. Fangen Sie mit sehr kleinen Mengen an. Probieren Sie alle Nüsse durch. Walnüsse sind sehr bekömmlich, sonst Pistazien probieren.
tatjana: Was eignet sich beim metabolischen Syndrom, wenn einen zwischendurch oder abends "der kleine Hunger" packt?
Riedl: Nüsse, rohes Gemüse wie leckere Karotten oder auch mal kleine Käsewürfel. Allerdings ist es manchmal einfach nur der Durst. Genießen Sie einen leckeren Tee oder Kaffee. Trinken Sie zum Vorbeugen rechtzeitig.
Britta67: Gibt es einen Zusammenhang zwischen MS und RLS? Und wie verhält es sich mit der Ernährung? Was gut für die MS ist, kann nicht so gut bei RLS sein?
Riedl: Nein, nicht direkt. Die Symptome können manchmal ähnlich sein. Die Ernährung für die MS ist allerdings eine darmgesunde, ballaststoffreiche, und die ist auch bei RLS gut. Genaueres müsste man aber einzeln besprechen. Die Ernährung beider Erkrankungen ist kein Widerspruch.
Sarah: Sie berichten von guten Darmbakterien. Schädigen auch äußerliche Anwendungen eines Antibiotikum die Darmflora, oder bleibt es äußerlich?
Riedl: Nein, es wird allerdings die Hautflora verändert und es entwickeln sich möglicherweise resistente Keime. Also - seltener Einsatz und gut begründet.
Sarah: Kann man die Probiotika in Tablettenform auch nehmen, wenn der Gesundheitszustand des Darms nicht sicher ist? Quasi vorbeugend? Oder besser den Stuhl mal kontrollieren lassen?
Riedl: Die Studienlage ist hier nicht beweisend. Wir empfehlen das in Eigenverordnung nicht. Nur in seltenen Fällen machen wir einen begründeten Versuch. Die Firmen versprechen leider noch zu viel. Die Studien geben die Werbeaussagen nicht her.
Annalena: Gibt es RLS auch bei Kindern? Mein Sohn (12) klagt an manchen Tagen abends beziehungsweise im Bett über unruhige beziehungsweise kribbelnde Beine, und er hat das Gefühl, sie ständig bewegen zu müssen. Oder hängt das mit seiner derzeit schlechten psychischen Verfassung zusammen (Ängste, Depression)?
Riedl: Das ist ungewöhnlich, aber möglich. Es könnte auch eine Überschneidung mit ADHS geben. Dem sollte unbedingt nachgegangen werden.
elly: PCO: Mein Hauptproblem ist der Haarwuchs im Gesicht. Wenn ich einen Tag mit der Pinzette nicht zupfe, kommen im ganzen Gesicht dunkle Stoppel. Kann die Ernährung den Haarwuchs hemmen? Was empfehlen Sie?
Riedl: Ja, unbedingt. Ernährung und Gewichtsabnahme können das Syndrom stoppen. Geduld und gute Betreuung. Holen Sie sich einen Profi an Bord (www.bdem.de).
Lars: Ich habe MS und Restless Legs. Mit der Reduzierung von Koffein habe ich gute Erfahrung gemacht. Wäre zusätzlich auch ein verstärkter (oder kompletter) Verzicht auf Gluten/Weizen beziehungsweise generell auf Kohlenhydrate sinnvoll?
Riedl: Guter Hinweis zum Koffein. Das sollte nicht genossen werden. Ein unbedingter Verzicht von Gluten muss nicht sein. Aber fein gemahlene Weizenprodukte sollten weniger gegessen werden. Weniger Kohlenhydrate ist auch zu empfehlen.
Mary: Ich bin 23 Jahre alt und habe im vergangenen Jahr PCOS diagnostiziert bekommen. Ich habe einen BMI von 23, einen HOMA-Index von 6,7 sowie einen HBA1C von 6,5. Ich versuche Zucker und Weißmehlprodukte weitestgehend zu meiden, setze auf Vollkorn und vor allem Hafer, bisher ohne große Verbesserung. Was kann ich sonst noch tun?
Riedl: Das ist schon sehr gut. Bitte unbedingt 500 Gramm Gemüse am Tag, darunter auch täglich Nüsse, essen und auf Ballaststoffe achten, möglichst 40 Gramm am Tag. Mehr könnte man nach einer Ernährungsanalyse sagen.
Lucy: Ich leide ebenfalls unter dem metabolischen Syndrom mit Prädiabetes und möchte Gewicht verlieren. Was halten Sie von Kartoffeln oder Reis vom Vortag?
Riedl: Ja, gut. Erkaltete Kohlenhydrate enthalten die gesunde resistente Stärke. Aber das ist nur ein Element, was empfehlenswert wäre.
Marina: Sie schrieben eben "bitte keine Vitamine ohne den Nachweis des Mangels einnehmen." Gilt das auch für Vegetarier (B12) und Vitamin D im Winterhalbjahr?
Riedl: Ja, immer erst messen, dann die richtige Dosierung. Gerade bei Vitamin D gibt es bei Überdosierung Intoxikationen - selten, aber möglich.
Marthe: Ich bin 34 Jahre alt, 170 Zentimeter groß, wiege 63 Kilo und habe PCOS, Kinderwunsch seit fünf Jahren. Seit 2018 ernähre ich mich nach Ihrem Konzept mit zwei Mahlzeiten und mache drei bis vier Mal Sport. Mein Zyklus ist immer noch verlängert (34 bis 36 Tage), habe Bartwuchs. Was kann ich noch tun? Und ganz wichtig: Macht Intervallfasten Sinn?
Riedl: Intervallfasten wäre super. Auch hier der Rat, zu einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin zu gehen.
Xxx: Auf der Seite bdem.de hab ich leider keine Option gesehen, PCO auszuwählen und einen Ernährungsberater zu wählen. An welchen Stichworten kann man sich orientieren für den richtige Berater?
Riedl: Wichtig: In der Standortsuche eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin in der Nähe aussuchen. Solche Zentren kennen sich damit aus. Wenn Sie keine in der Nähe haben, machen Sie eine Videoberatung bei uns. Wir haben viele solcher Fälle.
ChrisZi: Ist Brottrunk ein gutes Mittel, um die Darmflora "richtig" einzustellen, oder falle ich damit auf Werbung rein?
Riedl: Nein, das ist tatsächlich gut für die Darmflora.
Saskia: Wäre beim metabolischen Syndrom eine Umstellung auf Low Carb-Ernährung nicht zielführender als immer der Hinweis auf Vollkornbrot?
Riedl: Ja, beides ist wichtig. Wenn Brot, dann immer Vollkorn. Das belastet den Blutzucker nicht so stark. Grundsätzlich sollte die Menge der Kohlenhydrate dem Bewegungsradius angepasst werden. Wer am Schreibtisch sitzt, sollte richtig Low Carb machen.
Karo: Zuckerarmes Obst im Winter - was empfehlen Sie mir da? Sind Erdbeeren und Salate oder Gemüse, das im Sommer reift, im Winter genauso zu empfehlen?
Riedl: Eingefrorene Beeren gehen. Am besten natürlich in der Saison, das was hier wächst. Das ist unschlagbar. Im Winter ist es eben ein Kompromiss, der hier nicht anders geht.
Ella: Bei mir wurde auch PCOS festgestellt, allerdings habe ich das Problem, Untergewicht zu haben. Ich esse wenig einfache Kohlenhydrate und viel Gemüse mit Ölen. Haben Sie noch eine Empfehlung?
Riedl: Das ist gut. Checken Sie aber auch den Eiweißbedarf. Zu wenig Einweiß fördert Untergewicht. Eiweiß wirkt gegen PCOS.
Ania: Ich bin 37 Jahre alt und habe seit Jahren das PCOS. Anfängliche Versuche mit LOGI und Metformin habe ich nicht durchgehalten. In ihrem heutigen Beitrag haben Sie nicht strikt die LOGI-Ernährung empfohlen, oder? Mein BMI beträgt 52 und ich habe nun zusätzlich die Hashimoto-Diagnose erhalten. Was würden Sie mir raten? Gibt es Alternativen zu Metformin, muss ich ausschließlich die LOGI-Ernährungsweise verfolgen?
Riedl: LOGI-Ernährung ist gut für Sie. Machen Sie das. Wenn Sie aber allein nicht klarkommen, muss ein Profi dazu. Scheuen Sie sich nicht, Hilfe zu holen. Hashimoto macht es noch schwieriger.
Olivia: Wie lange dauert es, bis sich die Darmbakterienzusammensetzung erholt hat mithilfe von Präbiotika und Probiotika?
Riedl: Wen alles richtig gemacht wird, nach wenigen Wochen.
Lea: Ist Soja gut für den Darm? Als Joghurt-Ersatz zum Beispiel?
Riedl: Ja. Soja kann auch fermentiert werden. Sehr zu empfehlen in jeder Form.
Conny: Bei mir wurde vor circa 10 bis 15 Jahren PCO festgestellt. Leider konnte ich nicht viel ändern. Nun bekam ich vor drei Jahren Brustkrebs. Kann da ein Zusammenhang bestehen?
Riedl: Wenn gleichzeitig Übergewicht besteht, ja.
Anun: Wie kann man gegen Untergewicht viel Eiweiß essen, wenn man gleichzeitig wegen einer chronischen Gastritis eiweißreiche Produkte kaum verträgt?
Riedl: Es kommt auf die Eiweißquelle an. Pflanzlich? Tierisch? Vieles muss man ausprobieren. Aber ich rate bei mehreren Ernährungsproblemen immer, Expertenrat einzuholen. Allein ist das schwierig.
Nina: Können Sie eine Darmkur empfehlen, die bei jedermann die Darmflora richtig einstellen kann, oder kann man das nicht so einfach angehen?
Riedl: Darmgesunde Ernährung besteht aus einer pflanzlich betonten Ernährung mit 500 Gramm Gemüse, 40 Gramm Ballaststoffen, wenig tierisches Eiweiß, fermentierte Produkte, keine Fertigprodukte. Mal ein Glas Wein ist erlaubt, mehr mögen die Darmbaktieren nicht. Auch Stress schadet Ihnen.