Drei E-Scooter stehen vor dem Bahnhof in Hannover. © picture alliance / Fotostand | Andre Havergo
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AUDIO: Wie wirtschaftlich und nachhaltig sind E-Scooter? (11 Min)

Wie klimafreundlich sind E-Scooter?

Stand: 05.04.2023 08:04 Uhr

Mobilität individuell ermöglichen - und das emissionsfrei. Das versprechen viele Hersteller von E-Scootern seit 2019. Doch sind die schnellen Roller wirklich gut für das Klima?

Ein Taucher der Feuerwehr bringt einen E-Scooter ans Ufer der Alster. Während der Stadtputzaktion "Hamburg räumt auf!“ haben Taucher der Polizei, Feuerwehr und der DLRG nach Müll und Schrott in der Alster gesucht. © picture alliance Foto: Marcus Brandt
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von Nele Rößler und Carolin Fromm

Seit 2019 rollen die E-Scooter durch Europa. Damals war das aus Schweden stammende Voi der erste Anbieter. Mittlerweile ist das Unternehmen in fünf norddeutschen Städten vertreten und wirbt mit Nachhaltigkeit: "Pünktlich und geräuschlos von A nach B und frei von fossilen Brennstoffen." Über plakative Werbesätze hinaus finden sich allerdings keine konkreten Informationen zum CO2-Fußabdruck auf der deutschsprachigen Internetseite der Firma. Neben Voi wirbt auch der Anbieter Tier, der sogar in kleinen Orten wie Elmshorn zu finden ist, damit, klimaneutral zu sein. Dies schafft er allerdings nur mithilfe von Ausgleichsprojekten. "Um Klimaneutralität zu erreichen, gleichen wir Rest-Emissionen, die wir zum jetzigen Zeitpunkt weder vermeiden noch senken können, durch zertifizierte Klimaschutzprojekte aus", heißt es auf der Website. Immerhin veröffentlicht das Berliner Unternehmen einen Bericht zum eigenen CO2-Fußabdruck.

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E-Roller sind klimafreundlicher als Bus und Auto

Wie klimafreundlich sind E-Scooter wirklich? Semih Severengiz ist Professor an der Universität Bochum und beschäftigt sich mit Nachhaltigkeit in der Technik. Er sagt, die Ökobilanz von E-Rollern sei besser als die des öffentlichen Nahverkehrs. "Die Ökobilanz ist die Untersuchung von allen Stoff- und Energie-Inputs, die ich benötige, und den Outputs in Form von Emissionen, die ich bemessen kann." Das beinhaltet die Rohstoff-Gewinnung, Produktion, die tatsächliche Nutzung und die Verwertung und Wiederaufbereitung der Teile.

Die sogenannte Lebenszyklus-Analyse von E-Rollern zeige, dass es klimafreundlicher sei, E-Scooter zu fahren, als das Auto oder den Bus zu nutzen - wenn man die Ökobilanz als Maßstab nehme. Und das, obwohl die E-Scooter zum Laden auch mit Fahrzeugen eingesammelt werden, die mit Verbrennermotor fahren.

Allerdings ist die zum Vergleich herangezogene Ökobilanz-Rechnung für den öffentlichen Nahverkehr auch immer wieder umstritten, denn sie beinhaltet Durchschnittswerte bei der Auslastung. In einem englischen Bericht des Anbieters Voi heißt es beispielsweise: "Im Durchschnitt stößt eine Fahrt im Jahr 2021 in Voi Städten 29 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilometer aus." Ein Fernbus liegt pro Person und Kilometer laut Umweltbundesamt bei 37 Gramm, ein Auto bei 162 Gramm.

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Meist werden Fußwege und Radfahrten ersetzt

Die positive Umweltbilanz gilt aber nur dann, wenn der E-Scooter nicht das Fahrradfahren oder Fußwege ersetzt. Beobachtungsstudien haben jedoch gezeigt, dass genau das meist passiert: Viele Menschen nutzten die Roller für kürzere Strecken bis zu zwei Kilometern. Nur etwa zehn Prozent der Fahrten mit E-Rollern würden laut EU-Studien Autos oder Motorräder ersetzen, sagt Miriam Dross vom Bundesumweltamt. Eine Studie der ETH Zürich fasste zusammen: "Private E-Roller stoßen weniger CO2 aus als die Transportmethoden, die sie ersetzen, während Mietroller (shared e-bikes and e-scooters) mehr CO2 ausstoßen als die Transportmethoden, die sie ersetzen." Mietroller könnten aber laut Studienmacher langfristig dazu führen, dass mehr Menschen private E-Roller nutzen und somit den CO2-Verbrauch senken.

E-Scooter sollten auch am Stadtrand stehen

Allerdings könnten E-Scooter auch jetzt schon durchaus helfen, Mobilität klimaneutraler zu gestalten - wenn sie richtig genutzt werden, sagt Miriam Dross vom Bundesumweltamt. "Sie könnten sinnvoll eingesetzt werden bei dem, was wir 'letzte Meile' nennen. Das ist praktisch der Weg von der ÖPNV-Endhaltestelle bis nach Hause." Denn ist der Weg von der Haltestelle nach Hause relativ lang, sei dies ein Anreiz, auf Bus und Bahn zu verzichten und die gesamte Strecke direkt mit dem Auto zurückzulegen.

Dazu müssten aber mehr E-Scooter an Endhaltestellen, also am Stadtrand stehen, fordert Dross. "Dass die da nicht stehen, hat schon Gründe. Das liegt in der Regel daran, dass sie dort eben nicht so gut ausgelastet und vor allen Dingen auch schwieriger wieder einzusammeln sind." Mittlerweile gebe es Städte, die den Anbietern vorschreiben, Scooter auch in Randbezirke zu stellen.

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E-Roller landen in Gewässern

Manche Fachleute sehen die E-Scooter auch als zusätzliches Umweltproblem. Denn immer wieder landen Fahrzeuge in Seen und Flüssen wie dem Rhein in Köln. Auch in Hamburg werden regelmäßig Roller aus Kanälen und Alster gezogen. Zahlen dazu hat die Polizei allerdings nicht. Auch der Pressesprecher von Tier nennt auf Anfrage keine genauen Zahlen: "Seit dem Start in Hamburg sind erst einige wenige E-Scooter in Alster und Elbe gelandet. Durch die in der Nähe von Gewässern eingerichteten Parkverbotszonen kommt es nur in seltenen Fällen vor, dass einer unserer E-Scooter im Wasser landet."

E-Scooter im Wasser: Akkus als Risiko

Die Scooter werden durch Elektro-Akkus angetrieben, in denen sich Elektrolyte wie Schwefelsäure befinden. Diese könnten in Gewässern zu Problemen führen, sagt Reinhart Job, Professor für Energiespeichertechnologie an der Fachhochschule Münster. "Wenn so eine Batterie im Wasser korrodiert, dann werden die Elektrolyte freigesetzt. Viele Leute sagen: Na ja, ist nicht so schlimm, das wird halt stark verdünnt. Aber nichtsdestotrotz ist es dort drin. Fische zum Beispiel können es aufnehmen." Zudem könnten die Elektrolyte sich in stehenden Gewässern im Boden festsetzen.

Außerdem enthalten Batterien Metalle wie Nickel und Kobalt. Was genau diese Metalle in den Gewässern auslösen, sei schwer zu sagen. Das hänge von Temperaturen und lokalen Umweltbedingungen ab, sagt Job. Für das in den Lithium-Ionen-Akkus der Roller verbaute Lithium gibt es ein klares Risikoprofil, was das Ökosystem angeht. Denn Lithium wird auch als Psychopharmaka gegen Depressionen eingesetzt. "Das wirkt auf Neurotransmitter. Wenn Lithium in Fische gelangt, dann wird das natürlich etwas auslösen", sagt Job.

Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Akkus unter Wasser brennen. Lithium entzündet sich zwar nicht durch Kontakt mit Wasser, aber ein Lithiumbrand kann durch Wasser auch nicht gelöscht werden.

"Rohstoffe lieber anders einsetzen"

Energiespeichertechnologie-Experte Reinhart Job findet daher, E-Scooter seien Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können. Denn für den Ausbau der Elektromobilität brauche es sehr viele Akkus. "Dafür brauchen wir sehr, sehr, sehr viel Lithium. Aber nicht nur Lithium, denn davon haben wir sogar noch weltweit einigermaßen viel. Sondern wir brauchen für vernünftige Akkus auch Metalle wie Kobalt - und Kobalt haben wir weltweit nicht so viel."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Wissen | 05.04.2023 | 06:35 Uhr

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