Waldschäden: Online-Karten für alle
Dem Wald geht es schlecht. Doch wie das im Detail aussieht, ist für Laien oft gar nicht so einfach nachzuvollziehen. Leicht verständliche Online-Karten zeigen nun, wie sich der Wald in den vergangenen zehn Jahren verändert hat.
Auf den Satellitenbildern von Google Maps sind sie noch saftig grün, die Waldgebiete an der Elbe bei Gorleben - auch im Sommer 2024 noch. Doch dieser oberflächliche Blick aufs Wendland und östlich davon täuscht. Forschende vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) zeichnen auf ihren Online-Karten ein genaueres Bild. Bis auf 20 Meter zoomen sie in die Baumkronen. Daran können sie viel mehr ablesen. Zum Beispiel, wie dicht so ein Wald ist, genauso wie den Wassergehalt im Kronendach.
Verstehen, wie es dem Wald wirklich geht
"Von unten sieht es oft besser aus als von oben", sagt Geograf Daniel Doktor vom UFZ. Der Waldzustandsmonitor ist ein Wissenstransfer-Projekt und will der breiten Öffentlichkeit die Baumgesundheit vermitteln. Während für den Waldzustandsbericht der Bundesregierung wirklich Menschen durch den Wald laufen und Informationen über die Bäume sammeln, arbeiten die Leipziger mit detaillierten Satellitendaten der Europäischen Weltraumagentur ESA. Die sind deutlich schneller verfügbar und auch nicht so personalaufwändig.
Die Leipziger Wissenschaftler decken mit ihrer Karte ganz Deutschland ab - für den Waldzustandsbericht der Bundesregierung hingegen wurde der Waldzustand nur alle 16 Kilometer erhoben. Allerdings sind das sehr unterschiedliche Methoden, die nur schwer miteinander vergleichbar sind. Die ESA-Satelliten-Bilder zeigen die Baumwipfel. Das lässt detaillierte Schlüsse zu.
Deutschland war mal grün - jetzt ist vieles lila
Von 2016 bis heute zeigen die Karten im Zeitraffer, wie sich die Wälder verändert haben. Grüne Sprenkel bedeuten: Dem Wald geht es gut, gelb steht für leichte Schäden, lila für kranke oder schon abgestorbene Bäume. Über einen Schieberegler unten auf der Karte kann man in den Jahren vorwärts- oder rückwärtsgehen. Wer sich von 2016 bis 2023 durchklickt, sieht: Mit den Jahren färbt sich die Karte lila. In der Mitte Deutschlands ist ein lila Schweif entstanden, wie von einer Sternschnuppe - das ist der Harz. Vor allem die hier gelegenen Bundesländer sind die Sorgenkinder.
Dem Norden geht es noch relativ gut
"Generell war die klimatische Dürre im Norden weniger ausgeprägt als in der Mitte Deutschlands“, so Geograf Daniel Doktor. "Zum anderen haben wir im Norden Brandenburgs und in Mecklenburg-Vorpommern auch andere Baumarten." Fichten sind - anders als in der Mitte Deutschlands - nicht so dominant. Hier wachsen eher Kiefern und auch Laubmischwald, die gelten als hitzeresistenter. Den Norden auf den Karten prägnant darzustellen, sei aber gar nicht so einfach, sagen die Forschenden. Es gibt einfach weniger Wald als im Süden oder in der Mitte Deutschlands.
Trotzdem sind erstaunlich wenig Bilder von der ESA nötig. "Man bekommt über ganz Deutschland etwa 60 Fotos, um Deutschland komplett abzudecken“, sagt Maximilian Lange, Geoinformatiker am UFZ. "Und das muss man zusammenbauen zu einem durchgängigen Bild." Außerdem bekommen die Forschenden rund 100 Aufnahmen pro Jahr von den beiden Copernicus-Satelliten “Sentinel-2”. Alle drei Tage kommen die am selben Ort in Deutschland vorbei und machen Bilder. “Und auch diese zeitlichen Aufnahmen legen wir übereinander, um dann ein großes Bild zu erhalten. Das ist viel Rechenaufwand”, erklärt Lange.
Waldbrände regional oft schwierig zu bekämpfen
Ein anderer Faktor als die Dürre sind Waldbrände - so wie zuletzt in Brandenburg oder aktuell wieder im Harz. In 90 Prozent der Fälle sei Unachtsamkeit der Grund für die Katastrophe gewesen, sagt Daniel Doktor. Munitionslager auf ehemaligen Truppenübungsplätzen sind dabei besonders problematisch. Die Wälder können dort einfach abbrennen, wenn die Feuerwehr nicht hindarf. 2019 wütete in der Elbregion bei Dannenberg der größte Waldbrand in Mecklenburg-Vorpommern seit 1934.
Die Fichte verschwindet
Die Karten zeigen auch die Zukunft. Sie wird für ganz Europa dargestellt und ist unter dem Layer “Artverbreitung” zu finden. Hier wird es allerdings etwas kompliziert. Denn die Forschenden zeigen drei unterschiedliche Klimaszenarien – sogenannte RCPs. Dahinter sind unterschiedliche Nummern zu sehen, die für mehr oder weniger CO₂-Ausstoß stehen. “RCP 8.5” etwa bedeutet: Wir ändern nichts und machen so weiter wie bisher. Schaut man sich mit diesem Szenario die Fichte an, wird klar: In Deutschland hat sie keine Zukunft. Im Jahr 2098 ist sie fast verschwunden.
Abgesehen von den Klimaszenarien ist die Nutzung der Seite tatsächlich einfach. Man erkennt sehr gut, wie sich die Wälder – und die einzelnen Baumarten - verändert haben. Wer sich etwas Zeit nimmt, hat jede Menge Aha-Effekte. Zum Beispiel kann man sich auch in den Jahren jeden einzelnen Monat anzeigen lassen und so die Baumentwicklung Monat für Monat nachverfolgen.
In den kommenden Jahren soll der UFZ-Waldzustandsmonitor noch erweitert werden. Daniel Doktor und das UFZ-Team möchten auch die Ursachen für das Absterben der Bäume in den Karten abbilden. So könnte der Monitor auch ein wichtige "Waldwegweiser“ für den Forst werden und Behörden zeitnah Informationen liefern.