"Moby Dick": Feinstes Kopfkino mit Christian Brückner in Einbeck
Die Synchronstimme Robert de Niros und krachende Wellen - im PS.Speicher Einbeck gab es am Sonntag eine musikalische Lesung mit Christian Brückner und Elbtonal Percussion. Der bekannte Hörbuchsprecher und das Hamburger Ensemble verwandelten dabei den Klassiker "Moby Dick" in feinstes Kopfkino.
"Seht ihr diese spanische Dublone. Wer von euch einen Wal sieht: mit weißem Kopf, zerfurchter Stirn und schiefem Maul, mit drei Löchern in der Steuerbord-Schwanzflosse, dem gehört diese Dublone, Jungs." Es ist Captain Ahab, der hier seine Mannschaft einschwört und sie folgt ihm. Das Motiv ist Rache. Denn Moby Dick, der weiße Wal, hat Ahab zum "Krüppel" gemacht. "Ich jag ihn ums Cap Horn und rund um den Mahlstrom bis in die flammende Verdammnis, wenn‘s sein muss."
Brückners Stimme und die Musik begeistern die Gäste
Das Publikum ist von der Stimme Brückners begeistert, sagt eine Frau. "Brückners Stimme ist männlich und trotzdem mitfühlend, man fühlt sich persönlich von ihm angesprochen." Ein anderer Gast ist ebenfalls fasziniert von Brückner: "Es gibt Leute, die sagen, er könnte Telefonbuch lesen, es würde auch funktionieren. Wie er moduliert, wie er Sätze interpretiert, wie er entwickelt, das hat was Unnachahmliches, was Eigenes, was sehr Spezielles. Und das macht einfach Spaß, ihm zuzuhören." Darin sind sich alle Besucherinnen und Besucher einig. Und auch Christian Brückner selbst genießt es, aus einem Buch zu lesen, das für ihn ein ganz großes ist: "Es ist ein ganz ungewöhnliches und unerschöpfliches Buch, ein Buch mit so vielen Themen. Und es ist mit Liebe vom Autor geschrieben. Ich liebe das Buch."
Der Roman ist bereits 1851 von Herman Melville erschienen. Die Sprache ist daher ungewöhnlich, vielschichtig, manchmal ausschweifend. Die Musik daher umso willkommener, findet eine Frau aus dem Publikum: "Diese kraftvolle Musik hat für mich einfach eine ganz tolle Wirkung. Ich bin ganz ergriffen, wenn die Trommeln mit so einer Wucht auf einen einprasseln. Die Musik hat diese ganze Wucht und diese Dramatik total gut unterstrichen."
Finale: Metallischer, brutaler Sound
Nach fast zwei Stunden sind die zarten Klangfarben vom Anfang passé. Ahab sieht den Wal. Das Ende ist für Trommel, Becken und Bongo der Höhepunkt. Und auch für den Schlagzeuger Jan Frederick Behrend. "Es gibt eine Stelle am Ende, wo Herr Brückner nach einem großen Aufbau der Wut in die Stille ruft: 'Da, nimm das Eisen'. In dem Moment übernehmen wir das mit einem wirklich metallischen brutalen Sound und gehen ins Finale. Das sind die Momente, wo wir dann wirklich lautmalerisch auf den Text eingehen."
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Göttinger Literaturherbstes statt. Über 500 Gäste haben sie besucht. Weitere musikalische Lesungen mit Christian Brückner und Elbtonal Percussion folgen im Juli.