Hass in sozialen Medien: in der Kulturwelt kaum ein Thema
Hasskommentare unter Postings in den Sozialen Medien nehmen immer mehr zu. Wie sieht das in der Kulturwelt aus, also im Konzert, Museum oder im Theater? Nimmt der Hass dort auch zu?
Ja, es gab sie: Skandale und Shitstorms in der norddeutschen Kulturwelt in den vergangenen Jahren. Allen voran dürfte der "Hundekot-Eklat" in die Geschichtsbücher eingehen, als der damalige Ballettchef Marco Goecke eine Journalistin mit Dackelkot beschmierte, weil er mit ihrer Kritik nicht einverstanden war. An der Staatsoper Hamburg sorgten Buhrufe während der Aufführungen für eine Debatte, über den Umgang des Publikums mit den Künstlerinnen und Künstlern auf der Bühne. Vereinzelt gab es Kritik zum Beispiel an Auftritten von Placido Domingo in der Elbphilharmonie aufgrund von Belästigungsvorwürfen gegen den Sänger, oder einem Konzert von Anna Netrebko auf der selben Bühne, die sich trotz des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine nicht vom Kreml distanziert hat.
Sorge bei Auftritten von russischen Künstlern
Doch während viele Studien zu dem Ergebnis kommen, dass Hass in den sozialen Medien in den vergangenen Jahren zugenommen hat, scheint das in der norddeutschen Kulturlandschaft kaum ein Thema zu sein. Das legt eine Abfrage von NDR Kultur unter mehreren Dutzend Kultureinrichtungen im Norden nahe. So meldet der Verein Musikförderung in Hamburg zurück, dass es nur mit Blick auf den Auftritt eines russischen Künstlers, der in Deutschland lebt, die vorsorgliche Bitte gab, seine Vita nicht zu veröffentlichen. An anderen Abenden habe es bewusst Konzert gegeben, bei denen russische und ukrainische Künstler zusammen aufgetreten seien, um zu zeigen, dass es zwischen diesen Menschen noch Kooperationsmöglichkeiten gibt.
Auf Kritik eingehen, Beweggründe erläutern
Ähnliche Erfahrungen hat auch die Hamburger Konzertdirektion Goette vorzuweisen. Demnach gebe es auf den Social-Media-Kanälen gelegentlich ein paar polemische Kommentare, aber in der Regel bleibe der Tonfall zivilisiert. "Wenn es Kritik gibt, versuchen wir immer möglichst sachlich darauf einzugehen und unsere Beweggründe zu erläutern.", heißt es auf Nachfrage von NDR Kultur. Die Hochschule für Musik und Theater Rostock hat in der Regel viele positive Reaktionen auf die Aktivitäten in den sozialen Medien vorzuweisen.
Unangemessene Kommentare werden moderiert
Auch das Europäische Hansemuseum freue sich darüber, auf eine überwiegend wertschätzende Community zu treffen. "In unseren sozialen Medien erleben wir meist einen offenen und respektvollen Dialog", teilt das Haus auf Nachfrage mit. Vereinzelt käme es dennoch zu unangemessen Kommentaren, die mit klaren Moderationsregeln angegangen werden. Gleichzeitig verfolge das Haus das Ziel, einen Raum für konstruktiven Austausch zu schaffen - sowohl online wie auch in Veranstaltungen und Diskussionsformaten.
Künstlerische Auseinandersetzung mit Hass und Fake News
Das Hamburger Opernloft zeigt sich ebenfalls erleichtert darüber, noch "keine großen Erfahrungen mit gegen uns gerichteten Hass im Netz" gemacht haben zu müssen. Dennoch beschäftigt sich das Haus mit den Themen Hass, Gewalt und Fake News und verarbeitet dies auch künstlerisch. So auch in der Neuproduktion von Gounods Oper "Romeo & Julia". Auch norddeutsche Kultureinrichtungen sind also durchaus sensibilisiert für das Thema Hass in den sozialen Medien und den Umgang damit. Es scheint, dass die Kulturwelt im Großen und Ganzen noch eine Bastion des Anstands und guten Miteinanders ist.
