Oper "Romeo und Julia": Experiment "Offene Bühne" kommt an
Die Liebesgeschichte von Romeo und Julia kennt jeder. Das Opernloft in Hamburg hat den Opernstoff aus dem 19. Jahrhundert ins Hier und Heute übersetzt.
Es herrscht Clubatmosphäre am Alten Fährterminal in Hamburg-Altona. Jeder Zuschauer bekommt am Eingang ein Armbändchen: Rot für Team Romeo - Blau für Team Julia. Die Teams sitzen sich gegenüber auf Tribünen, wie in einem Fußballstadion. In der Mitte die Musiker und Sänger. Stephano und Lorzeno heizen ordentlich ein.
Das Publikum wird Teil des Bandenkriegs. Im Opernloft lernen sich Romeo und Julia im Club kennen. Jeder Clan hat seine Chatgruppe und teilt Freude und Hass - sichtbar als Übertitel. "Ich finde das immer schön", sagt ein Zuschauer hinterher, "wenn die ganz moderne Aspekte einbringen mit den Outfits und den Sprachnachrichten, das hat mir sehr gut gefallen."
"Romeo und Julia": Gounods Oper "ganz toll orchestriert"
Stimmlich glänzt an dem Abend besonders die Sopranistin Anna Galushenko. Als Julia verzaubert sie das Publikum mit wunderbar gesungenen Koloraturen. Befremdlich klingen hingegen die eingestreuten Popsongs. Das Vibrato des klassischen Operngesangs will nicht so recht passen. Doch mit rosaroter Herzchenbrille gesungen, kommt das Schmalzige in der Liebesgeschichte beim Publikum gut an.
Der heimliche Star des Abends ist Esteban Ravanal am Klavier. Mit Leichtigkeit spielt er und dirigiert. Er hat die Orchesterfassung von Charles Gounod umgeschrieben für Klarinette, Kontrabass und Klavier. Selbst Kenner, wie dieser Mann, sind begeistert: "Mit Gounods Faust hatte ich schon zu tun. Dieser Klang ist ähnlich wie bei Romeo und Julia. Ich finde, das haben sie für die drei Musiker ganz toll orchestriert."
Spirale der Gewalt wird überdreht
Songyan He singt als Romeo voller Emotionen allerdings manchmal etwas zu laut für den kleinen Saal des Opernlofts. Dieses Zuviel passt zu der sich immer weiter aufheizenden Stimmung. Stephano und Lorenzo hetzen gegeneinander wie bei Hassreden im Internet. Schließlich kommt es zum Kampf in Zeitlupe. Lorenzo schlägt den Kopf von Stephano auf die Kante eines hohen Bühnenpodests - nochmal und nochmal.
Die Spirale der Gewalt ist überdreht. Im Publikum und auf der Bühne kippt die Stimmung. Die Oper "Romeo und Julia" endet nach 90 Minuten - wie üblich mit dem Tod der beiden Liebenden und der Trauer der Hinterbliebenen. Das Experiment, mittendrin, statt nur dabei zu sein, kommt bei den meisten Zuschauern sehr gut an. Wer die Euphorie des "Wir gegen Die" im Extrem bei toller Musik nachempfinden möchte, der ist im Opernloft in Altona genau richtig. Diese Erfahrung könnte helfen, bei eigenen Konflikten offener zu werden für Meinungsvielfalt und ungewöhnliche Lösungen.
Oper "Romeo und Julia": Experiment "Offene Bühne" kommt an
Die Liebesgeschichte von Romeo und Julia kennt jeder. Das Opernloft hat den Stoff aus dem 19. Jahrhundert ins Hier und Heute übersetzt.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ort:
-
Opernloft
Van-der-Smissen-Str. 4
22767 Hamburg