Peter von Zahn - Der Mann der ersten Stunde
Er war dabei, als alles begann: Peter Zahn gehörte zu den Journalisten, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk prägten. Sein Markenzeichen: sein markanter Sprachstil. Am 26. Juli 2001 starb er in Hamburg.
Sommer 1945: Deutschland hat kapituliert, liegt in Trümmern und muss ganz von vorn beginnen. Auch der Rundfunk erlebt einen Neuanfang. Gut zwei Monate nach der Machtübernahme der Briten in Norddeutschland beginnt Peter von Zahn am 15. Juli 1945 seine Laufbahn als Journalist bei Radio Hamburg. Gebildet, eloquent und mit markanter Sprechweise ist von Zahn bald eine feste Größe beim Sender der alliierten Militärregierung, der ab 30. September 1945 als NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) weiterbesteht und ab 1. Januar 1948 in eine unabhängige Sendeanstalt umgewandelt wird. Als der NWDR 1956 in NDR und WDR aufgespalten wird, steht von Zahn fortan für Kontinuität und Qualität beim norddeutschen Sender.
Humanistisch gebildeter Nachfahr Lessings
Der Nachfahre Gotthold Ephraim Lessings ist ein Mensch, dem die Briten zutrauen, kritischen und unabhängigen Journalismus zu betreiben. Am 29. Januar 1913 in Chemnitz geboren, verbringt von Zahn seine Kindheit zunächst in Dresden. Später zieht die Familie nach Freiburg. Nach dem Abitur studiert der Sohn eines Offiziers Rechtswissenschaften, Geschichte und Zeitungswissenschaften in Wien, Jena, Berlin und Freiburg. Dort promoviert von Zahn 1939. Während des Zweiten Weltkriegs wird der Offizier als Kriegsberichterstatter und Dolmetscher der Wehrmacht eingesetzt.
Von Zahn fordert Hörer zum Mitdenken auf
"Talks & Features" heißt die Abteilung, die Peter von Zahn nach Kriegsende in Hamburg leitet. Der Sachse repräsentiert das Gegenteil der Hörfunk-Propaganda des Nazi-Regimes. Fast im Plauderton spricht er seine Zuhörer direkt an, informiert präzise über komplizierte Sachverhalte, kritisiert und kommentiert - stets auf unterhaltsame Weise. Gleichzeitig ermahnt er Hörerinnen und Hörer, sich ihr eigenes Urteil zu bilden. Er erkennt zudem die Gefahr der unreflektierten Berieselung durch das Medium Radio und regt Sendepausen an, damit der Hörer nicht "zum Hektiker" werde.
Zusammen mit Kollegen wie Axel Eggebrecht gestaltet von Zahn den Rundfunk in Westdeutschland nach britischem Vorbild. Zwar kontrollieren die britischen Besatzer den Sender, doch sie gewähren den deutschen Journalisten viele Freiheiten und pflegen oft ein freundschaftliches Verhältnis zu ihnen.
Ein Pionier der Auslandsberichterstattung
1948 wechselt der Mann mit dem markanten Sprachstil ins Studio Düsseldorf, dessen Leitung er im folgenden Jahr übernimmt. Doch Differenzen mit Generaldirektor Adolf Grimme führen dazu, dass von Zahn nicht lange am Rhein bleibt. 1951 wagt er den Sprung über den großen Teich und wird in den USA zu einem Pionier der Auslandsberichterstattung. Seine 15-minütige Radiosendung "Aus der neuen Welt" erklärt den Deutschen Gesellschaft und Politik der Besatzungsmacht. Das gleiche Format führt von Zahn ab 1955 auch im Fernsehen zum Erfolg.
Eigene Wege mit der "Windrose"
Legendär und wohl vielen noch in guter Erinnerung sind seine "Windrose"-Reportagen. Nach langen und prägenden Jahren beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk verlässt von Zahn den NDR und gründet 1961 seine eigene Produktionsfirma, die Windrose Film- und Fernsehproduktions-GmbH. Seine Reportagen laufen unter anderem im WDR, der aus dem Format die Reihe "Weltspiegel" entwickelt.
Frühe Form des Dokumentarspiels
Während seiner gesamten Karriere liegen von Zahn vor allem zeitgeschichtliche Themen am Herzen. In Form des heute so beliebten Dokumentarspiels versucht er, den Zuschauern Ereignisse wie die Kuba-Krise nahezubringen. In der ZDF-Vorabend-Sendung "Bilder, die die Welt bewegten" widmet sich von Zahn in den 1980er-Jahren zeitgenössischen Themen, zumeist Katastrophen. 1982 übernimmt der Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande die Geschäftsführung der Anatol AV und Filmproduktion GmbH.
Mehr als 4.000 Hörfunk- und Fernsehbeiträge
Mit seiner Frau und den fünf Töchtern lebt der scharfe Beobachter nach seiner Rückkehr aus den USA wieder in Hamburg, wo ihm der Senat 1995 für sein Wirken die Professorenwürde verleiht. Neben weiteren Fernsehproduktionen veröffentlicht er 1991 seine Autobiografie "Stimme der ersten Stunde". Das Gesamtwerk des Rundfunkpioniers umfasst rund 3.000 Hörfunk- und mehr als 1.000 Fernsehbeiträge.
Peter von Zahn stirbt am 26. Juli 2001 in Hamburg und wird auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt.