Stand: 21.01.2014 13:00 Uhr

Radio Hamburg: Der erste Sender nach dem Zweiten Weltkrieg

Am 3. Mai 1945 herrschte in Hamburg Waffenruhe. Die Hansestadt hatte sich ergeben. Erleichterung bei vielen Einwohnern über das Ende der Kampfhandlungen und der nächtlichen Sirenenwarnungen, aber auch erwartungsvolle Spannung: Was wird der Einmarsch der britischen Besatzungstruppen mit sich bringen? Wie geht es weiter?

Das NWDR-Funkhaus an der Rothenbaumchaussee in Hamburg Ende der 40er-Jahre. © NDR
Das NWDR-Funkhaus an der Hamburger Rothenbaumchaussee blieb im Krieg unzerstört. Am 4. Mai 1945 besetzten es die Briten.

Im Rundfunkgebäude im Hamburger Stadtteil Harvestehude harrte eine Handvoll Techniker aus; die wenigen Programm-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter des Reichssenders Hamburg waren nach Hause gegangen. Sie hatten in den letzten Wochen des Krieges notdürftig einen Sendebetrieb aufrechterhalten, hatten vorbereitete Meldungen und Berichte aus Berlin übernommen, bevor am 19. und am 24. April 1945 erst der Deutschlandsender, dann der Reichssender Berlin abgeschaltet worden waren. 

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Hamburgs NSDAP-Gauleiter Karl Kaufmann bei einer Rede © dpa/ Picture-Alliance
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Gauleiter Karl Kaufmann spricht zu den Hamburgern

Am 3. Mai 1945 kündigt Kaufmann im Reichssender Hamburg die bevorstehende Besetzung der Stadt durch die Briten an. 4 Min

Die NS-Machthaber verschaffen sich ein letztes Mal Gehör

"Wenn morgen der Feind Hamburg besetzt, ist dies die schwerste Stunde meines Lebens" - mit diesen Worten hatte sich Hamburgs Reichsstatthalter Karl Kaufmann zum letzten Mal an die Bevölkerung gewandt. Georg Ahrens, seinem Vertreter, den die Hamburger wegen seiner beruhigenden Stimme in den Bombennächten nur noch "Onkel Baldrian" nannten, kam mit der Absage der "schicksalsschweren Ansprache unseres Gualeiters an seine Hamburger" das letzte Wort zu.

Der Reichssender Hamburg schaltete sich daraufhin am Abend des 3. Mai als letzter des nationalsozialistischen "Großdeutschen Rundfunks" ab. Lediglich über den Sender Flensburg konnte die zwischen Plön und Flensburg eingeschlossene "Regierung Dönitz" in den folgenden Tagen noch Rundfunkansprachen ausstrahlen und ihr Konzept eines antibolschewistischen Kampfes nach dem Tod Hitlers propagieren. Am 13. Mai 1945, also fünf Tage nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht, war auch dieses rundfunkgeschichtliche Intermezzo in Norddeutschland beendet. 

"Here is Radio Hamburg"  

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Here is Radio Hamburg: Die britische "Mannschaft" vor der Rundfunkanstalt, 1945 © NDR
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Stationsansage: "Here is Radio Hamburg"

Mit der Ansage "Here ist Radio Hamburg" nehmen die Briten im Mai 1945 den Sendebetrieb an der Rothenbaumchaussee wieder auf. 1 Min

Mit der Beschlagnahmung des Senders durch eine Spezialeinheit der britischen "21. Army Group" begann ein neues Kapitel der norddeutschen Rundfunkgeschichte.

Das unzerstört gebliebene Funkhaus fiel am 4. Mai um 10 Uhr vormittags in die Hände der alliierten Siegermacht. Am selben Tag noch wurde um 19 Uhr der Sendebetrieb wieder aufgenommen. Mit der britischen Nationalhymne und der zweisprachig verlesenen Stationsansage "Here is Radio Hamburg, a Station of the Military Government" / Hier ist Radio Hamburg, ein Sender der alliierten Militärregierung" signalisierte man nach insgesamt nur dreiundzwanzig Stunden Sendepause den Neubeginn des Rundfunkbetriebs in der britischen Zone. Mit Radio Hamburg, dem Sender der britischen Militärregierung, nahm die Rundfunkgeschichte ihren Lauf, die 1956 zur Gründung des Norddeutschen Rundfunks führen sollte. 

Neue Perspektive: Kritischer Journalismus

In den Redaktionsräumen wurde in den ersten Nachkriegsmonaten ein neuer, kritischer Journalismus eingeübt. Die Offiziere in britischer Uniform prüften und wählten deutsche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, die das Programm in Norddeutschland gestalten sollten. Den Programmmachern gegenüber erwiesen sie sich weniger als strenge Überwacher und Kontrolleure denn als väterliche Freunde und Helfer.

Der britische Offizier Walter Everitt war einer derjenigen, die Programmmitarbeiter für den neuen Rundfunk aussuchten. © NDR / Privatbesitz Walter Everitt
Major Walter Everitt war 1945 der für den Rundfunk verantwortliche britische Offizier.

Hinzu kam eine entscheidende politische Weichenstellung. Nachdem der britischen Militärregierung sehr bald deutlich wurde, dass es einen zentralen Rundfunk in Berlin für alle vier Besatzungszonen nicht geben kann, baute sie ihre Rundfunksender aus. Ihre flächenmäßig sehr große Besatzungszone musste mit Programm versorgt werden. Das Gebiet umfasste die in dieser Zeit sich bildenden neuen Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und den Stadtstaat Hamburg.

Von Radio Hamburg zum Nordwestdeutschen Rundfunk 

Dem Funkhaus in der Rotherbaumchaussee fiel die Rolle einer Zentrale für den Rundfunk zu, das Funkhaus in Köln übernahm zunächst die Rolle einer Dependance. Als der Sender im Westen der Zone, in Langenberg, wieder funktionierte und der Programmbetrieb am 26. September 1945 in der Domstadt wieder starten konnte, firmierte man um: Aus Radio Hamburg wurde der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR). Bevor dieser Sender am 1. Januar 1948 als erste öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt im Nachkriegsdeutschland lizenziert werden konnte, galt es, politische Bewährungsproben zu bestehen. Mit Hugh Carleton Greene, ab 1. Oktober 1946 neuer "Chief Controller" des NWDR, wurden sie erfolgreich bewältigt.

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Axel Eggebrecht (Aufnahme: Mai 1963) © NDR Foto: Annemarie Aldag
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Erinnerung an die Gründung von Radio Hamburg

Axel Eggebrecht erinnert sich im Gespräch mit Walter Everitt, 1945 verantwortlicher britischer Offizier, an die Anfänge des Rundfunks in Norddeutschland. 8 Min

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Hamburger Geschichte

NDR Geschichte(n), Norag Radiohörer mit der Zeitung "Die Norag", ca. 1933.

Die Jahre 1924 bis 1947

1924 geht die erste Rundfunkanstalt Norddeutschlands, die Norag, an den Start. Unter den Nazis verliert sie ihre Unabhängigkeit. Nach dem Krieg bauen die Briten den Sender neu auf - der NWDR entsteht. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

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