Reichssender Hamburg: Rundfunk unter NS-Aufsicht
"Hier ist der Reichssender Hamburg!" - in der damals noch jungen deutschen Rundfunkgeschichte markierte diese Ansage auf der Mittelwellenfrequenz 904 kHz einen Einschnitt. Am 1. April 1934, trat der Reichssender Hamburg an die Stelle der Norddeutschen Rundfunk GmbH. Die Umbenennung der regionalen Programmgesellschaften in deutschlandweit acht Reichssender machte auch nach außen hin deutlich, wer nun Herr über die Radiowellen war: Die Sender waren Zweigstellen der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft geworden, kontrolliert von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels.
Zehn Jahre zuvor: Die NORAG wird gegründet
Gerade einmal zehn Jahre zuvor, im Jahr 1924, hatten Privatleute um den Getreidehändler Friedrich Blonck den ersten norddeutschen Rundfunksender gegründet, die Nordische Rundfunk AG, kurz NORAG. Um Aufsicht und Kontrolle der Sender rangen Reich und Länder, Post- und Innenministerium immer wieder. Schon vor Hitlers Machtübernahme war die Verstaatlichung des Rundfunks beschlossene Sache: Die NORAG-Konzession wurde im Herbst 1932 gekündigt. Noch vor Hitlers Ernennung zum Reichskanzler gehörte die nachfolgende Norddeutsche Rundfunk GmbH ganz dem Staat.
Nachrichten aus dem Propagandaministerium
Wer 1934 den Reichssender Hamburg mit seinen Nebensendern Bremen, Hannover, Kiel-Flensburg, Magdeburg und Stettin einschaltete, bekam vor allem viel Musik zu hören. Mit seinen Programmpunkten wandte sich der Sender gezielt an einzelne Gruppen: angefangen früh mit den Landwirten folgten danach Hausfrauenfunk, Schulfunk, Schifffahrtsfunk. Mit leichter Unterhaltungsmusik ging es in den Feierabend. Oberflächlich unterschied sich das Programmschema nicht radikal von der früheren NORAG, inhaltlich änderte sich einiges: Beispielsweise stand der Jugendfunk im Zeichen der Hitlerjugend, und die Nachrichtenmeldungen stammten direkt aus dem Propagandaministerium, das auch mit reichsweiten Sendungen wie "Stunde der Nation" das Programm prägte.
NSDAP-Mitglieder übernehmen den Rundfunk
Technisch gesehen war der Rundfunk damals noch nicht "gleichgeschaltet": Jeder der acht Reichssender strahlte ein weitgehend eigenes Programm aus. Doch in den Funkhäusern hatten die Nationalsozialisten längst die Mitarbeiter entlassen, die sie nicht für linientreu hielten. Beim Hamburger Sender mussten unter anderem Geschäftsführer Kurt Stapelfeld und Intendant Hans Bodenstedt gehen. Der Großteil der leitenden Angestellten des Reichssenders setzte sich aus alten und neu eingetretenen NSDAP-Mitgliedern zusammen. Zur Reichstagswahl 1936 prangte dann auch am Funkhaus an der Rothenbaumchaussee ein Transparent, das zur Stimmabgabe für die einzige zugelassene Partei aufrief.
Rundfunk aus der Zentrale
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs übernahm Berlin noch stärker die Kontrolle: Von 1939 an mussten alle Sender abends das Programm des Deutschlandsenders übernehmen; ein Jahr später glichen sich die Programme bereits 21 Stunden am Tag. Je schlechter der Krieg verlief, desto mehr sollte der Rundfunk für Stimmung sorgen, vor allem mit Musik. Noch in den letzten Kriegstagen wurden in Berlin Radiosendungen produziert und per Kabelleitung nach Hamburg übertragen - die Berliner Sender waren damals schon ausgefallen.
4. Mai 1945: "This is Radio Hamburg"
Das Programm des Reichssenders Hamburg endete schließlich, als sich die Stadt kampflos den Briten ergab. Keine 23 Stunden nach der letzten Ansprache des örtlichen Gauleiters hörten die Hamburger am 4. Mai 1945 eine neue Ansage: "This is Radio Hamburg, a station of the Military Government".