Stoma: Ein Leben mit künstlichem Darmausgang
Ein Stoma, also ein künstlicher Darmausgang, kann bei schweren Erkrankungen des Darms, wie Darmkrebs, vorübergehend oder dauerhaft eingesetzt werden. Es leitet Stuhl über die Bauchdecke in einen Beutel.
Das Stoma, also der künstliche Darmausgang in einen Beutel, ist noch immer ein Tabu: Wer mit Stoma lebt, spricht häufig nicht darüber. Wird ein Stoma durch eine Erkrankung wie Darmkrebs nötig, haben die meisten Betroffenen große Angst. Rund 70 Prozent aller Stomaträger haben eine Krebserkrankung, etwa jeder zehnte Patient mit Enddarmkrebs (Rektum) ist davon betroffen, so die Deutsche Krebsgesellschaft. Sie geht von rund 150.000 Stomaträgerinnen und Stomaträgern in Deutschland aus. Tatsächlich kann man mit einem Stoma gut und aktiv leben und hat wenige Einschränkungen im Alltag.
Stoma: Künstlicher Darmausgang durch die Bauchdecke
Der Begriff Stoma kommt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich "Öffnung". Ein Stoma im Bereich des Darms wird auch künstlicher Darmausgang, Enterostoma oder Anus praeter genannt. Dafür wird ein Teil des Darms durch die Körperöffnung in der Bauchdecke nach außen geführt und festgenäht. Der Stuhlgang entleert sich über das Stoma. Da es keine Verschließfunktion hat, müssen für die Ausscheidungen Stomabeutel verwendet werden.
Weitere Stomaarten sind:
- das Gastrostoma (Magen-Stoma) zur künstlichen Ernährung
- das Urostoma (künstlicher Ausgang der Blase) zur Ausscheidung von Urin, etwa nach Blasenkrebs
- das Tracheostoma (Luftröhrenschnitt).
Wer braucht einen künstlichen Darmausgang?
Am häufigsten benötigen Menschen nach Darmkrebs eine Stomaanlage, vor allem nach Dickdarmkrebs und Enddarmkrebs:
- Der Darm ist durch den Tumor verengt, die Stuhlpassage ist nicht möglich. Durch das Stoma wird ein lebensgefährlicher Darmdurchbruch verhindert.
- Nach Entfernung des Darmtumors hilft das Stoma, die Wundheilung der Nähte an den Darmabschnitten zu unterstützen. Anschließend kann das Stoma häufig wieder rückverlegt werden.
- Der Schließmuskel wurde aufgrund von Krebs entfernt.
Stomata werden auch häufig bei chronisch entzündlichen Erkrankungen des Darms nötig. Beispielsweise:
- Morbus Crohn
- Colitis Ulcerosa
- Divertikulitis, bei der sich Ausstülpungen in der Darmwand bilden und sich durch Stuhlablagerungen entzünden können.
Wichtig ist, vor der Anlage des Stomas die individuell optimale und perfekte Position in der Bauchdecke zu finden. Das Stoma darf nicht in Hautfalten münden, damit später keine undichten Stellen im Bereich der Klebeplatte des Beutels auftreten.
Hat man mit einem Stoma Stuhlgang?
Die Entleerung des Darms erfolgt über das Stoma. Stomaträger und Stomaträgerinnen können die Ausscheidungen aus ihrem Stoma nicht kontrollieren. Mit Stomabeuteln werden die Exkremente diskret und dicht aufgefangen. Viele Betroffene mit Kolostoma nutzen die Irrigation (Darmspülung durch den Stomaausgang): Nach der Entleerung hat man eine ausscheidungsfreie Zeit von bis zu 48 Stunden. Das verschafft das Gefühl von Kontrolle.
Stoma-Unterschiede: Kolostoma - Ileostoma
Ein Kolostoma ist die künstliche Ausleitung des Dickdarms an die Hautoberfläche. Der Stuhl hat dann meist eine normale Konsistenz und ein Kolostoma lässt sich meist gut versorgen. Ein Ileostoma bedeutet, dass ein Teil des Dünndarms aus dem Bauchraum geleitet wird. Da der Nahrungsbrei nicht mehr vom Dickdarm verarbeitet und Wasser dabei entzogen wird, wirkt die Ausscheidungsmenge hoch. Der Kot ist dünnflüssiger und kann wegen der im Dünndarmsekret enthaltenen Verdauungsenzyme die Haut um das Stoma reizen. Die Versorgung mit Ileostoma ist etwas aufwendiger, aber heute gibt es auch dafür gute und sichere Versorgung und auch Stomabeutel.
Kock-Pouch als Alternative zum Ileostoma
Eine seltene, aber manchmal mögliche und kontinente Alternative zu einem Dünndarm- oder Ileostoma ist der sogenannte Kock-Pouch, benannt nach dem dänischen Arzt Prof. Nils Kock. Dabei wird aus Dünndarm ein künstliches Reservoir, der Beutel oder Pouch, geformt. Er wird mit einem kleinen Stoma mit der Bauchdecke verbunden. Eine spezielle Operationstechnik ermöglicht es, eine Art natürliches Ventil herzustellen, durch das der Pouch mit einem recht dünnen Katheter entleert werden kann. Allerdings müssen Menschen mit einem Kock-Pouch besonders auf ihre Ernährung achten.
Erfahrungen: Wie lebt man mit einem Stoma?
"Weh tut ein Stoma grundsätzlich nicht, da der künstliche Darmausgang über keinerlei Schmerznerven verfügt", sagt Thomas Stegemann, Stomatherapeut am Darmzentrum im Werner Forßmann Krankenhaus Eberswalde. Er versorgt Stomapatientinnen und -patienten ab der vorstationären Aufnahme über die Operation bis zum Tag der Entlassung. Wenn das Stoma an einer optimalen Stelle angelegt ist und der Beutel gut sitzt, habe man eigentlich wenige Einschränkungen im Leben. Aber das Stoma erfordere ständige Aufmerksamkeit: "Man muss genau wissen, wann man den Beutel wechselt und wie und welches Material man verwendet. Die Beutel sind mittlerweile gut hautverträglich und es gibt auf dem Markt eine große Vielfalt."
Ein Wechsel des Stomabeutels wird immer dann notwendig, wenn die Versorgung nicht mehr sicher hält oder der Beutel voll ist. Viele Stomaträgerinnen und Stomaträger berichten, dass es besonders wichtig ist, das Stoma und die eigene veränderte Lebenssituation anzunehmen. Das dauert oft eine gewisse Zeit. Denn durch die Erkrankung verändert sich zusätzlich zum Stoma auch die Lebenssituation der Patienten grundsätzlich. Doch wer sein Stoma annehmen und es gut versorgen kann, hat in der Regel eine hohe Lebensqualität.
Mit Stomabeutel die Stomaversorgung individuell anpassen
Es kommen - je nach Erkrankung, betroffenen Darmabschnitten, dem Stuhlgang und der persönlichen Vorliebe - unterschiedliche Stomabeutel zum Einsatz: Geschlossene Beutel sind Einmalbeutel und werden gewechselt und entsorgt, wenn sie voll sind. Sie eignen sich bei festen und relativ überschaubaren Darmentleerungen. Ausstreifbeutel haben ein offenes Ende, durch das der Inhalt mehrfach entleert werden kann. Sie können mehrere Tage am Körper bleiben und werden bei häufigen, eher weichen Darmentleerungen empfohlen.
Beide Beutelformen gibt es jeweils als sogenannte Einteiler und Zweiteiler: Bei der einteiligen Stomaversorgung ist der Beutel mit der Haftfläche fest verbunden. Bei zweiteiligen Systemen sind Haftfläche (Basisplatte) und Beutel getrennt und werden mit einem Rastring (Druckknopfsystem) oder mit einer klebenden Verbindung gekoppelt. Stomabeutel sind Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenkassen und werden von diesen erstattet. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Die Haut rund um das Stoma ist häufig gerötet und irritiert. Das kann von einer unpassenden Versorgung, der Unterwanderung von Ausscheidungen oder zu häufigem Wechsel der Basisplatte herrühren. Wichtig ist eine optimale Haftung der Basisplatte und gute Hautpflege. Es gibt dafür spezielle Pflegeprodukte.
Macht ein Stoma Geräusche oder riecht?
Geräusche aufgrund von Blähungen sind möglich. Eine Zeit nach Anlage des Stomas können Blähungen abnehmen. Hilfreich ist auch eine Umstellung der Ernährung oder Medikamente. Stomabeutel besitzen einen Kohlefaser-Filter, der die Darmgase kontinuierlich entweichen lässt, ohne dass in der Regel ein Geruch entsteht.
Was darf man mit einem Stoma nicht machen?
Wer eine Stomaanlage hat, sollte auf Sportarten mit starkem Bauchmuskeleinsatz verzichten. Ungeeignet sind auch Sportarten mit hartem Körperkontakt, wie Kampfsportarten und Geräteturnen.
Nicht empfohlen werden blähende und stopfende Nahrungsmittel wie Kohl, Linsen oder Eier. Mit der Zeit wird man selbst herausfinden, was und welche Mengen möglich sind. Auch Kaffee kann übrigens Blähungen auslösen.
Faserige Lebensmittel wie Spargel oder Orangen sollte man vermeiden. Die Fasern können Knäuel bilden und das Stoma verstopfen.
Stoma-Rückverlegung
Ob ein Stoma rückverlegt werden kann, hängt von der Grunderkrankung und einem intakten Schließmuskel ab. Die Darmnähte müssen vollständig verheilt sein, das kann einige Wochen oder Monate dauern. Auch müssen Strahlentherapie und Chemotherapie bei einer Krebserkrankung abgeschlossen sein und der Körper sollte ausreichend Zeit haben, sich zu erholen. Nach der Rückverlegung des Stomas kann es sein, dass die Verdauung stark beeinträchtigt ist. Der Darm muss seine Funktion erst wieder lernen. Außerdem kann es nach einem Enterostoma nötig sein, Schließmuskeltraining oder Beckenbodenübungen zu machen, um die Kontrolle über den Darm zu verbessern.
Ileonale Pouch statt Ileostoma?
Stimmen die Voraussetzungen, können manche, meist jüngere Menschen, die ihren Dickdarm krankheitsbedingt verlieren, deren Schließmuskel aber erhalten werden kann, als Alternative zu einem Ileostoma auch mit einem ileonalen Pouch versorgt werden. Das erhält die Kontinenz, erfordert allerdings eine aufwendige Operation und anschließend viel Geduld. Aus Dünndarmschlingen wird ein künstliches Reservoir angelegt. Die Patienten können, oft erst nach längerer Übergangszeit, wieder normal zur Toilette gehen. Auch äußerlich ist nichts von der Erkrankung zu sehen.
Lebenserwartung mit künstlichem Darmausgang
Die Lebenserwartung hängt von der Darmerkrankung ab. Durch künstlichen Darmausgang (unabhängig von der Stomaart) ist sie nicht verkürzt. Wer das Stoma gewöhnt ist und es gut versorgen kann, hat in der Regel eine hohe Lebensqualität.
Selbsthilfe für Betroffene
