Eine Frau greift sich an Nacken und am Rücken, ihre Wirbelsäule wird als blaue Linie angedeutet, um auf einen Schmerz hinzuweisen. © fotolia Foto: drubig-photo

Spondylodese: Wirbelsäulenversteifung oft überflüssig

Stand: 10.06.2023 10:02 Uhr

Werden die kleinen Gelenke in der Wirbelsäule durch Verschleiß instabil, wird oft zur Wirbelsäulenversteifung geraten. Doch oft lassen sich Schmerzen auch ohne Spondylodese-OP mit Krankengymnastik beherrschen.

Die Wirbelgelenke ermöglichen uns den aufrechten Gang und vielfältige Bewegungen, doch im Laufe des Lebens nutzen sie auch ab und können instabil werden, besonders häufig in der Lendenwirbelsäule. Das führt oft zu starken Rückenschmerzen, die die Betroffenen zur Verzweiflung treiben können.

Abhilfe kann eine Wirbelsäulenversteifung, auch Spondylodese oder Wirbelfusion genannt, schaffen. Dabei entfernen die Operateure zunächst Knochenmaterial aus dem Wirbelkanal und schaffen so mehr Platz für das Rückenmark und die austretenden Nerven (spinale Dekompression).

Anschließend werden zumindest jeweils der Wirbel über und unter dem instabilen Gelenk mit einem Stab verschraubt und darüber fest miteinander verbunden (Fusion), sodass das Gelenk quasi stillgelegt ist und nicht mehr schmerzt. Eine Bewegung ist in so verbundenen Gelenken nicht mehr möglich, wobei eine Versteifungsoperation über ein oder zwei Segmente noch nicht zu einem spürbaren Beweglichkeitsverlust der Wirbelsäule führt.

Physiotherapie und multimodale Schmerztherapie können OP verhindern

Nicht selten bringt eine Spondylodese keine Schmerzfreiheit, sondern mitunter sogar eine Verschlimmerung der Symptome. Expertinnen und Experten warnen daher vor einer vorschnellen OP und raten, vor einer Spondylodese unbedingt eine zweite Meinung einzuholen. In jedem Fall sollten zuvor alle konservativen Verfahren, vor allem eine spezielle Physiotherapie, ausgeschöpft sein. Das bedeutet, dass drei Monate konsequenter Schmerz- und Physiotherapie erfolglos geblieben sind. Die meisten Betroffenen bekommen ihre Beschwerden mit diesen konservativen Verfahren in den Griff.

Vor allem bei chronischen Schmerzen sind die Erfolgsaussichten einer Wirbelsäulenversteifung sehr gering. Mehr Erfolg als eine Versteifung verspricht in diesen Fällen ein anderes Konzept: die multimodale Schmerztherapie, ein mehrwöchiges Intensivprogramm aus Sport, Entspannung, Krankengymnastik und Psychotherapie. Allerdings muss der Patient dabei aktiv mitarbeiten, um nachhaltig Erfolg zu haben.

Diagnose: Wann ist eine Spondylodese notwendig?

Schmerz allein ist keine Indikation für eine Spondylodese, zuvor muss die Ursache der Beschwerden geklärt sein. Neben der körperlichen Untersuchung werden dafür vor allem bildgebende Verfahren wie Röntgen und Computertomografie (CT) eingesetzt. Bei Symptomen, die auf eine Beteiligung der Nervenwurzeln, eine Einengung des Spinalkanals oder auf Bandscheibenveränderungen hindeuten, wird auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt. Als wirklich notwendig gilt eine Wirbelsäulenversteifung nur bei Wirbelbrüchen, Tumorbefall und starkem Wirbelgleiten - , vor allem, wenn Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen in den Beinen auftreten. Bei reinem Verschleiß ist der Eingriff dagegen zumindest fragwürdig.

Mögliche Nebenwirkungen und Spätfolgen der Operation

Eine Spondylodese kann nicht nur erfolglos bleiben, sondern sogar neue Probleme schaffen, denn die Bandscheiben über und unter dem versteiften Segment müssen nach der Operation noch mehr Druck aushalten. So kann es sein, dass die Schmerzen nicht verschwinden, sondern sich nur verlagern. Gefährlich ist das besonders für Osteoporose-Patienten, bei denen diese zusätzliche Belastung zu Wirbelbrüchen und Schraubenlockerung führen kann. Auch die Muskulatur leidet unter der Wirbelsäulenversteifung. Ohne ein gezieltes, intensives Training drohen weitere Überlastung, Instabilität und Schmerzen.

Muskeltraining schützt vor Wirbelsäulenschmerz

Eine Kräftigung der Rumpfmuskulatur kann bei Rückenschmerzen extrem effektiv sein. Dafür müssen die Rückenmuskulatur, die Bauchmuskulatur und die Beckenbodenmuskulatur konsequent trainiert werden. Sie stützen die Wirbelsäule und ermöglichen eine gesunde aufrechte Körperhaltung, die den Körper in sich ruhen lässt und die Wirbelgelenke entlastet.

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