Grüne Knollenblätterpilze © Picture-Alliance / Chromorange

Pilzvergiftung: Symptome erkennen, schnell handeln

Stand: 18.09.2023 20:50 Uhr

Der Knollenblätterpilz ist für mehr als 90 Prozent der tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen verantwortlich. Erste Vergiftungssymptome treten oft erst nach sechs bis zwölf Stunden auf.

Nach den ersten kräftigen Regengüssen sprießen sie überall - Pilze. Und sie locken Scharen von Pilzsammlern in die Wälder. Das führt zu mehr Anrufen bei den Giftinformationszentren. Pilzvergiftungen sind nicht nur bei unerfahrenen Pilzsammlern ein Problem, sondern auch bei Kleinkindern, die auf dem Spielplatz oder im Garten in einem unbeobachteten Moment Pilze in den Mund stecken.

Giftige und ungiftige Pilze sehen sich oft zum Verwechseln ähnlich

Mehrere tausend Pilzarten gibt es in Deutschland. Und obwohl viele von ihnen lecker aussehen, kann ihr Genuss lebensgefährlich sein. Daher empfehlen Experten den Verzehr selbst gesammelter Pilze nur geübten Sammlern. Denn fast jeder essbare Pilz hat einen giftigen Doppelgänger. Bei der Identifizierung reicht es nicht, ausschließlich einem Pilzbestimmungsbuch oder einer App zu vertrauen, denn allein anhand von Fotos ist die Unterscheidung oft kaum möglich.

Knollenblätterpilz und Wiesenchampignon

Für mehr als 90 Prozent der tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen ist der Knollenblätterpilz verantwortlich. Aktuell treten Knollenblätterpilze in einigen Regionen in Norddeutschland in Massen auf, nicht nur im Wald, sondern immer häufiger auch in städtischen Vorgärten. Und oft wachsen sie direkt neben essbaren Pilzen. Der Knollenblätterpilz wird häufig mit dem Wiesenchampignon verwechselt. Der Giftpilz hat unten eine deutlich abgesetzte Knolle. Er hat aber vor allem - und das ist das wichtigste Unterscheidungsmerkmal - weiße Lamellen. Der Champignon hingegen hat immer rosafarbene und später bräunliche Lamellen. Tückisch: Einem Teil der Knollenblätterpilze fehlt das typische Grün der Hutfärbung. Sie sind eher cremeweiß und daher besonders leicht mit essbaren Pilzen wie dem Birkenpilz oder Perlpilz zu verwechseln. Etwa ein Drittel aller Vergiftungen mit dem Knollenblätterpilz verläuft tödlich.

Leberversagen durch Verzehr von Knollenblätterpilzen

Die Gifte des Knollenblätterpilzes, die Amatoxine, zerstören die Leber. Erste Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle und Halluzinationen treten in der Regel erst sechs bis zwölf Stunden nach dem Verzehr auf. Und obwohl die Beschwerden dann zunächst zurückgehen, beginnen die Gifte bereits etwa 24 Stunden nach dem Verzehr die Leber zu zerstören. Im schlimmsten Fall kann eine Knollenblätterpilz-Vergiftung zum Leberversagen führen.

Knollenblätterpilz-Vergiftung behandeln

Innerhalb der ersten Stunden nach dem Verzehr von Knollenblätterpilzen müssen im Krankenhaus alle Pilzreste aus dem Magen-Darm-Trakt entfernt werden. Das aus der Mariendistel gewonnene Gegengift Silibinin (Legalon) kann die Aufnahme des Pilzgiftes in die Leberzellen verhindern. Nach der Magenspülung versuchen Ärztinnen und Ärzte mit hochdosierter medizinischer Kohle, das Gift des Knollenblätterpilzes im Körper zu binden und die Leberzerstörung zu stoppen.

Die Behandlung muss so schnell wie möglich beginnen, denn mit der Zeit schreitet die Leberzersetzung immer weiter voran. Ist der Prozess nicht mehr aufzuhalten, hilft nur eine Lebertransplantation, bevor weitere Organe versagen, zum Beispiel die Nieren.

Pantherpilz und Perlpilz

Ein gefährlicher Doppelgänger ist der Pantherpilz. Er sieht dem Perlpilz, einem zum Beispiel in Sachsen beliebten Speisepilz, sehr ähnlich - vor allem, wenn er noch jung ist. Daher kann es zu lebensbedrohlichen Irrtümern kommen, wenn beispielsweise Pilzsammler aus dem Erzgebirge in Norddeutschland Urlaub machen und dort statt des harmlosen Perlpilzes den Pantherpilz pflücken.

Gifthäubling und Stockschwämmchen

Auch der Gifthäubling ist für den Menschen gefährlich. Er ähnelt dem essbaren Stockschwämmchen, das an Stämmen von Laubbäumen wächst. Eine Verwechslung der beiden Sorten passiert deshalb, weil der Gifthäubling mittlerweile nicht mehr nur an den Stämmen von Nadelhölzern wächst, sondern auch an Laubbäumen.

Pilz essbar oder nicht? Sachverständige helfen

Pilzsachverständige können dabei helfen zu entscheiden, ob ein Pilz essbar ist oder nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat bundesweit ehrenamtliche Pilzberater ausgebildet und geprüft. Denn landet der giftige Pilz aus Unkenntnis des Sammlers in der Pfanne und treten nach dem Verzehr Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall auf, ist es im Nachhinein oft nicht leicht herauszufinden, um welchen Giftpilz es sich gehandelt hat. Gerade das ist im Ernstfall aber sehr wichtig, um schnell das richtige Gegenmittel zu finden, das das Pilzgift neutralisieren kann, bevor es Organe wie Leber und Nieren zerstört.

Bei Verdacht auf Pilzvergiftung sofort ins Krankenhaus

Beim Verdacht auf eine Pilzvergiftung sollte man sich so schnell wie möglich in die Notaufnahme eines Krankenhauses begeben und das Giftinformationszentrum-Nord verständigen - Telefon: (0551) 192 40. Es ist ratsam, zur Untersuchung am besten Reste der verzehrten Pilze mitzubringen und alle an der Mahlzeit beteiligten Personen zu informieren.

Speisepilze nicht immer genießbar

Auch Speisepilze sind nicht ausnahmslos genießbar. Die meisten Pilzvergiftungen werden nicht durch Giftpilze verursacht, sondern durch Speisepilze, die bereits beim Sammeln faul sind, in Plastiktüten transportiert oder falsch gelagert werden. Die Symptome können denen einer echten Pilzvergiftung ähneln.

  • Matschige oder madige Pilze dürfen nicht mehr gegessen werden, denn bei ihnen hat bereits die Zersetzung des Pilzeiweißes begonnen und das kann im schlimmsten Fall zu einer Lebensmittelvergiftung führen: Bakterien, Schimmelsporen und zersetztes Eiweiß lösen Durchfall, Fieber und Übelkeit aus.
  • Viele Waldpilze, vor allem Steinpilze und Maronen, verderben ähnlich schnell wie rohes Hackfleisch oder Fisch und sollten innerhalb von 24 Stunden zubereitet werden. Die Reste höchstens einen Tag im Kühlschrank aufbewahren.
  • Auch Schwermetalle können den Genuss von Waldpilzen trüben. Durch ihr feines Wurzelgeflecht verfügen Pilze über eine große Oberfläche, über die sie Stoffe aus dem Boden aufnehmen und den Boden regelrecht filtern. Auch Restprodukte aus Industrie und Haushalt finden sich daher in den Fruchtkörpern der Pilze. Einige reichern Schwermetalle wie Kadmium, Blei oder Quecksilber an, die in hoher Konzentration zum Beispiel Schäden an den Nieren verursachen können.
  • Waldpilze tragen nicht selten Eier des Fuchsbandwurms. Die sterben allerdings ab, wenn die Pilze ausreichend erhitzt werden.
  • Generell sollte man nicht mehr als 250 Gramm Wildpilze pro Woche verzehren.

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Visite | 19.09.2023 | 20:15 Uhr

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