Lichen ruber oder Knötchenflechte: Diagnose und Therapie
Die Knötchenflechte Lichen ruber planus ist eine juckende, oft schmerzende Hautentzündung. Sie tritt auch auf Nägeln, im Mund und Genitalbereich auf. Auf dem Kopf kann sie zu Haarausfall führen.
Juckende und schmerzende Hautknötchen, die sich an Beugeseiten der Handgelenke, den Unterschenkeln und den seitlichen Knöchelregionen bilden: Das können Symptome der Knötchenflechte, der entzündlichen Hautkrankheit Lichen ruber planus sein. Der griechische Begriff "Lichen" bedeutet "Flechte", "ruber" und "planus" kommen aus dem Lateinischen und bedeuten "rot" und "flach".
Die roten, erhabenen Papeln treten an unterschiedlichen Körperstellen auf. Auch die Nägel, die oft eine typische Längsriffelung ausbilden, können betroffen sein. Lichen ruber mucosae wird die Erkrankung genannt, wenn die Schleimhaut im Mund oder der Genitalien betroffen ist. Auf der Mundschleimhaut kommt es zu weißlichen, netzartigen Strukturen, die stark brennen und schmerzen können.
Auf der Kopfhaut kann der Lichen ruber pilaris - von lateinisch "das Haar betreffend" - zu Haarausfall und bleibenden Kahlstellen führen. Durch Reize wie Kratzen, scheuernde Kleidung oder zum Beispiel auch Sonnenbrand können sich die Symptome auf weitere Hautareale ausbreiten.
Lichen ruber planus: Ärztliche Abklärung und Diagnose wichtig
Etwa 80.000 Menschen sind derzeit von Lichen ruber betroffen, erklärt Prof. Jörg Wenzel von der Klink für Dermatologie des Universitätsklinikums Bonn. Die Knötchenflechte ist also eher selten, zählt aber unter den entzündlichen Hauterkrankungen zu den häufigeren. Sie ist nicht ansteckend, kann also nicht von einem auf den anderen Menschen übertragen werden. Krankhafte Veränderungen, egal ob es sich um die Haut, Nägel, Haarausfall oder Verfärbungen der Schleimhäute handelt, können unterschiedliche Ursachen haben. Sie sollten grundsätzlich medizinisch abgeklärt werden.
Immer wieder sehen Mediziner, wie zum Beispiel Dr. Rubin Ferrer von der Dermatologischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, Patienten, deren Erkrankung erst nach Jahren in dermatologischen Zentren eindeutig als Lichen ruber diagnostiziert wird. Trotz unterschiedlicher Ausprägungen kann Lichen ruber anhand typischer Anzeichen eindeutig bestimmt werden.
Mit einem Auflichtmikroskop untersuchen Hautärztinnen und -ärzte die Lichen-ruber-Knötchen auf typische Anzeichen. Bei 25 bis 70 Prozent der Patienten mit Symptomen der Haut ist auch die Mundschleimhaut betroffen. Oft lassen sich die weißen, netzartigen Hautveränderungen schon mit bloßem Auge erkennen. Um eine Diagnose zweifelsfrei zu stellen, werden kleine Hautproben entnommen und unter dem Mikroskop histologisch untersucht.
Therapie nach individueller Ausprägung
Bei rund der Hälfte der Patienten heilt die Knötchenflechte innerhalb eines Jahres von alleine wieder ab, so Prof. Wenzel. Bei vielen Patienten tritt sie chronisch und schubweise auf. Ziel der Therapie ist, die zugrunde liegenden Entzündungsprozesse konsequent zu bekämpfen und zum Stillstand zu bringen. Dazu gibt es, je nach individueller Ausprägung der Erkrankung, unterschiedliche Therapieansätze.
Äußere Anwendung: kortisonhaltige Salben, Cremes und Lichttherapie
Äußerlich helfen kortisonhaltige Salben und Cremes. Auch Injektionen in betroffene Hautstellen sind möglich. Ergänzt werden kann die Therapie durch eine PUVA-Behandlung. Das ist eine Therapie mit langwelligem UV-Licht, deren Wirkung durch ein psoralenhaltiges Präparat auf der Haut verstärkt wird.
Besonders bei Patientinnen und Patienten, deren Kopfhaut befallen ist, sollte eine Therapie früh beginnen. Denn sind Haarfollikel erst einmal abgestorben, bilden sie sich nicht wieder, die Haare wachsen nicht mehr nach. Es kommt zu bleibenden Kahlstellen.
Tabletten zur systemischen Therapie
Bei schweren Erkrankungen helfen Tabletten, die systemisch, also innerlich wirken. Eingesetzt werden dabei vor allem Kortison und Vitamin-A-Säure-Derivate. Da es neben den in den Leitlinien vorgesehenen Wirkstoffen auch einige Medikamente gibt, die nicht grundsätzlich für die Behandlung von Lichen ruber planus zugelassen sind, muss ihr Einsatz im Einzelfall mit den behandelnden Ärzten abgestimmt werden. Regelmäßige Kontrollen der Blutwerte oder sogar stationäre Aufenthalte können erforderlich sein.
In einer Studie der Universität Bonn wird zur Zeit untersucht, ob Wirkstoffe, die bereits für die Therapie der Schuppenflechte zugelassen sind, auch gegen Lichen ruber wirken. Dabei werden gezielt Botenstoffe gehemmt, wodurch das Entzündungsgeschehen reduziert werden kann.
Behandlung im Mund und Genitalbereich
Zur Behandlung der Mundschleimhaut und des Genitalbereichs werden ebenfalls entzündungshemmende Salben und Cremes eingesetzt. Da Kortison bei längerer Anwendung zu Veränderungen der Schleimhäute führen kann, nutzen Mediziner dabei auch andere entzündungshemmende Wirkstoffe.
Wenn Lichen ruber den Mund befallen hat, helfen gegen Schmerzen beim Essen zusätzlich lokal wirkende Medikamente und Mundspülungen. Ratsam ist, auf Nikotin, Alkohol, scharfe oder stark saure Speisen zu verzichten.
Eine unbehandelte Erkrankung eines Lichen ruber mucosae im Mund kann in seltenen Fällen nach Jahren zu einem Karzinom, einem bösartigen Tumor der Mundschleimhaut, führen. Wichtig und unerlässlich ist, alle Therapien konsequent auch über längere Zeiträume durchzuführen. Die Behandlung erfordert oft viel Ausdauer und Geduld.
Hausmittel bei Lichen ruber planus
Für den Therapieerfolg entscheidend ist die Eindämmung der Entzündungsprozesse. Hausmittel können dabei allenfalls unterstützen. Ihr Einsatz, wie zum Beispiel Aloe Vera oder Schwarzkümmelöl, sollte dabei immer mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten abgesprochen werden, um zusätzliche Hautreizungen oder allergische Reaktionen zu verhindern.
Ursache und Auslöser: Immunsystem wesentlich beteiligt
Welche Mechanismen genau zur Erkrankung führen, ist noch nicht bekannt. Lichen ruber planus tritt meist zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr bei Frauen und Männern auf. Auslöser können Medikamente, Allergien, äußere Reize, aber auch Viren sein. Vermutet wird, dass es sich bei der Knötchenflechte um eine Autoimmunerkrankung handelt. Das Immunsystem richtet sich dabei gegen körpereigene Zellen, konkret gegen Zellen der untersten Hautschicht, der Oberhaut. Das führt zu anhaltenden Entzündungen und damit zur Ausbildung der typischen Hautknötchen und Strukturen. Auch genetische Faktoren erhöhen das Risiko, ebenso wie andere Erkrankungen wie zum Beispiel Rheuma, Lebererkrankungen oder Diabetes mellitus.
Unterschied zu Lichen sclerosus
Lichen ruber planus und Lichen sclerosus sind beides entzündliche und chronisch verlaufende, aber trotzdem deutlich unterschiedliche Hauterkrankungen. Gemeinsam ist beiden, dass das Immunsystem und Entzündungsvorgänge eine wichtige Rolle spielen, ebenso, dass beide Erkrankungen in Schüben verlaufen und die genauen Ursachen bisher unbekannt sind.