Kraft oder Ausdauer: Richtiges Fitnesstraining wählen
Seit Jahren fordern Ärzte und Krankenkassen: "Mehr Bewegung!" Wie aber sieht das beste Programm aus, wenn man gesund bleiben oder gegen bestimmte Beschwerden angehen will?
Rückenschmerzen, Diabetes, Depression: Mediziner prangern den stetig zunehmenden Bewegungsmangel an, der solche und andere Beschwerden fördert. "Der Computerarbeitsplatz ist seit Jahren ein Problem", sagt Orthopäde Christian Sturm, "die Handynutzung ist erschwerend hinzugekommen. Fehlhaltungen haben dadurch enorm zugenommen." Mehr als 21 Millionen Deutschen verbringen nach Angaben der Aktion Gesunder Rücken (AGR) ihren Arbeitstag im Büro, also großteils im Sitzen.
Grundfitness durch Bewegung im Alltag
"Die Basis sind 10.000 Schritte", sagt Kardiologin Melanie Hümmelgen. Umgerechnet etwa sieben Kilometer laufen - allein das ist für viele heute eine Herausforderung und mit erheblichen Umstellungen im Alltag verbunden. Aber die Mühe werde belohnt mit mehr Fitness und mehr Lebenszeit, erklärt Hümmelgen: "Wir wissen inzwischen, jeder Schritt zählt. Das ist wie ein Konto, in das man einzahlt. Und ausreichend Bewegung im Alltag ist die Basis dafür, dass wir verletzungsfrei trainieren können." Je weniger man sich bewegt hat, desto höher sei die Verletzungsgefahr, wenn man sportlich wieder einsteige.
Trainingsplan mit richtigem Mix zum Vorbeugen
Welcher Sport über die Alltagsbewegung hinaus empfehlenswert ist, richtet sich nach den verfolgten Zielen ebenso wie nach den persönlichen Vorlieben. Aus der Perspektive der Prävention, also der Vorsorge, lautet die Devise: Der Mix macht's! Allgemein empfehlen Sportmediziner eine Kombination von Kraft und Ausdauer. Studien zeigen, dass hinsichtlich des langfristigen Effekts auf chronische Krankheiten wie beispielsweise Diabetes kaum Unterschiede zwischen beiden Trainingsformen bestehen: Der mittlere Blutzuckerspiegel sinkt, die Blutfettwerte verbessern sich. Kraft- wie Ausdauersport wirken somit bei den meisten chronischen Krankheiten vorbeugend.
Ausdauersport für Herz und Kreislauf
Bestehen bereits Beschwerden, ist die Lage anders zu bewerten. "Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzschwäche ist generell Ausdauersport zu bevorzugen", sagt Bewegungs-Doc Hümmelgen. "Laufen, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen sind wunderbare Sportarten, weil wir sie so gut steuern können und eine Überlastung des Herz-Kreislauf-Systems sehr selten ist." Blutdruckspitzen, wie sie bei anstrengenden Halteübungen entstehen können, sind bei solchen Vorerkrankungen unerwünscht. Ausdauersportler brauchen nicht viel Kraft einzusetzen, müssen dafür aber regelmäßig und über einen längeren Zeitraum durchhalten.
Vorteile | Nachteile |
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wirkt positiv auf das Herz-Kreislauf-System | Erfolge sind zwar messbar, aber fallen nicht ins Auge |
steigert das Lungenvolumen | kaum Muskelaufbau möglich |
senkt den Blutzucker - durch den Muskelauffülleffekt auch noch am Tag nach dem Ausdauertraining | sehr intensives Ausdauertraining behindert sogar den Muskelaufbau (hemmt offenbar die energiezehrende Proteinsynthese im Körper) |
optimiert die Versorgung der Muskulatur mit Sauerstoff | |
verbrennt während des Trainings mehr Fett als Kraftsport | |
durch die gleichförmigen Bewegungen besonders geeignet zum Abschalten |
Kraftsport für die Knochen und den Halteapparat
Schon um die Verletzungsgefahr beim Joggen oder Langlaufen zu minimieren, sollte Ausdauersport nach Möglichkeit mit einem kräftigenden Muskeltraining kombiniert werden. Mit geeigneten Übungen kann man zudem die Wahrnehmungs- und Steuerungsfunktion (Propriozeption) der Beine verbessern.
Gezieltes, richtig dosiertes Krafttraining ist auch das Mittel der Wahl bei vielen Gelenkbeschwerden - etwa Arthrose -, bei Osteoporose, Muskelabbau im Alter sowie generell bei Schmerzen am Bewegungsapparat. "Das eigentliche Schmerzproblem ist oft muskulärer Ursache", erläutert Bewegungs-Doc Christian Sturm. Der weit verbreitete unspezifische Rückenschmerz entstehe meist durch Fehlhaltungen, Verkrampfungen und Verhärtungen. Hier helfen Dehnung und anschließende Kräftigung der Muskulatur. Korrekt durchgeführt, kann Krafttraining Schmerzen beseitigen und vorbeugen, weil es den Halteapparat stabilisiert und damit falschen Bewegungen oder Fehlhaltungen entgegenwirkt. Hier liegt aber auch die Crux: Falsch ausgeführte Übungen sind kontraproduktiv. Intensives Krafttraining setzt deshalb immer eine gute Einweisung voraus.
Vorteile | Nachteile |
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erzeugt schon nach wenigen Wochen sichtbare Erfolge (Muskelwachstum) | Belastungsdauer reicht nicht, um das Herz-Kreislauf-System zu trainieren |
stabilisiert den Band- und Halteapparat und beugt so Verletzungen vor | intensive Halteübungen erzeugen Blutdruckspitzen - schlecht fürs Herz |
verhindert eine zu starke Abnahme der Knochendichte | |
steigert langfristig den Grundumsatz durch Aufbau von Muskelmasse und fördert damit ein gesundes Gewicht | |
senkt langfristig den Blutzucker durch Aufbau von Muskelmasse |
Der optimale Weg zur Gewichtsreduktion
Wer in erster Linie sein Übergewicht bekämpfen möchte, braucht ein sogenanntes multimodales Konzept: In der Regel ist neben Sport eine Ernährungsumstellung unumgänglich, damit die Kalorienbilanz negativ wird. Beim Dauerlauf mit 60 bis 70 Prozent der maximalen Pulsfrequenz verbrennt der Körper zwar ordentlich Fett. Soll ein Kilo Körperfett schmelzen, das umgerechnet 7.000 Kalorien enthält, müsste man allerdings etwa 20 Stunden lang laufen. Auf den Zeitaufwand bezogen hilft Krafttraining beim Abspecken besser als Ausdauertraining, weil sich die geschaffene Muskelmasse durch ihren höheren Grundumsatz (Energieverbrauch in Ruhe) langfristig für die Strandfigur auszahlt. Nur müssen Abnehmwillige etwas Geduld mitbringen, da sich der Muskelzuwachs anfangs eher mit ein paar Kilo mehr auf der Waage niederschlägt.