Gefährlichen Muskelabbau erkennen und behandeln
In einem komplexen Zusammenspiel steuern 656 Muskeln unseren Körper. Ohne Sport büßt ein Mensch viel Muskelmasse ein - mit Folgen für den gesamten Organismus. Bewegung hilft.
Atmen, laufen oder auch lachen - all dies wäre ohne unsere Muskeln nicht möglich. In einem komplexen Zusammenspiel steuern 656 Muskeln den Körper. Einige, wie der Bizeps oder die Bauchmuskulatur, können wir bewusst aktivieren, andere, zum Beispiel der Herzmuskel, arbeiten von selbst. Lässt die Muskelmasse nach, verringert sich unsere komplette Körperstabilität. Mediziner sprechen bei einem sehr starken Verlust von Muskelmasse und -kraft auch von einer Sarkopenie.
Ursache: Bewegungs- oder Nährstoffmangel
Muskelabbau ist ein normaler physiologischer Vorgang. Bis zu zehn Prozent Muskeln pro Jahr verliert der Mensch ab dem 30. Lebensjahr. Die Muskeln werden nach und nach in Fett umgewandelt. Beschleunigt wird der Muskelabbau durch Bewegungsmangel: Ohne Sport büßen wir bis zum 80. Lebensjahr bis zu 40 Prozent unserer Muskelmasse ein. Wer beispielsweise nach einer Operation eine Woche stramm ans Bett gefesselt ist, kann allein durch das Liegen 20 bis 25 Prozent seiner Muskelmasse einbüßen - es dauert mindestens sechs Wochen, bis diese bei regelmäßigem Training wieder aufgebaut ist.
Aber auch Nährstoffmangel spielt eine wichtige Rolle. Wenn wir die für den täglichen Betrieb unseres Körpers notwendigen Eiweiße nicht durch die Nahrung zu uns nehmen, ist der Körper gezwungen, sie aus unserer Muskulatur abzubauen. Für Fette und Kohlenhydrate haben wir Speicher, für Eiweiße jedoch nicht. Jeder Sportler weiß: Für eine gute Muskulatur muss man genügend Eiweiß aufnehmen. Viele Menschen essen wenig eiweißbetont, besondere Schwierigkeiten bei der Eiweiß-Versorgung haben aber zum Beispiel aufgrund des Dumping-Syndroms Magenbypass-Patienten. Mangelerscheinungen können sich außerdem bei Magen-Darm-Erkrankungen, bestimmten Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Appetitlosigkeit (Anorexie) ergeben.
Verminderter Appetit, Rückenschmerzen oder "Wackeligkeit" mögliche Symptome
Weniger Muskelmasse bedeutet, dass Stoffwechsel und Energieverbrauch heruntergefahren werden. Daraus resultieren ein verringerter Appetit und eine reduzierte Nahrungsaufnahme. Die Folge: Betroffene werden noch schwächer, sie bewegen sich weniger - und die Muskelmasse geht noch weiter zurück. Die fehlende Muskelkraft führt zu Rückenschmerzen, früher Gebrechlichkeit, einem erhöhten Sturzrisiko und Osteoporose.
Diagnose durch Messungen oder "Stuhlaufstehtest"
Durch einfache Messungen wie zum Beispiel die Bio-Impedanz-Analyse (BIA) können Mediziner den Muskelanteil im Körper messen. Oft reicht schon ein Händedruck, um Rückschlüsse auf die gesamte Körperkraft zu bekommen - Greifstärkemesser (sogenannte Dynamometer) kommen hier zum Einsatz.
Mit einem simplen Krafttest kann der Arzt prüfen, wie lange der Patient braucht, um fünf Mal von einem Stuhl aufzustehen: Benötigt er mehr als zehn Sekunden, ist ein Training angezeigt.
Therapie: regelmäßige Bewegung und Belastung
In jedem Alter lässt sich Muskelabbau durch regelmäßige Bewegung aufhalten und sogar umkehren. Die Muskulatur muss dafür aber gezielt trainiert werden. Experten raten zu 140 bis 150 Minuten Training (fünf Mal 30 Minuten) pro Woche. Beim Training ist es wichtig, an die Grenzen zu gehen, um den Muskel auch einen Reiz zum Wachsen zu geben.
Um Risiken auszuschließen und das individuell abgestimmte Training so effektiv wie möglich zu gestalten, sollte vor dem Training eine gründliche Untersuchung stattfinden.
Ernährungstherapie: Eiweiß für den Muskelaufbau
Neben dem regelmäßigen Training spielt die Ernährung einen wichtige Rolle: Eiweißreiche Lebensmittel unterstützen den Muskelaufbau. 1 bis 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht sollten täglich verzehrt werden. Optimal ist es, die Eiweißzufuhr auf die drei Hauptmahlzeiten zu verteilen, denn maximal 30 Gramm Protein pro Mahlzeit kann der Körper effizient verwerten. Besonders gut sind Molkeproteine, die wichtiger Bestandteil der Milch sind.
Für den Muskelstoffwechsel spielt auch Vitamin D eine wichtige Rolle. Um es zu produzieren, benötigt der Körper Sonnenlicht. Rund 60 Prozent der Deutschen leiden in den Herbst- und Wintermonaten unter Vitamin-D-Mangel. Experten empfehlen deshalb die Einnahme von mindestens 800 IE (internationalen Einheiten) Vitamin D pro Tag.