VIDEO: Kalkschulter: Symptome, Behandlung und Übungen (6 Min)

Kalkschulter: Ursache, Symptome und Behandlung

Stand: 25.03.2025 08:50 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Bei der Kalkschulter (Tendinitis calcarea) beginnen die Symptome oft plötzlich. Schulterschmerzen treten auch nachts auf. Bewegung und Übungen können helfen. Die Behandlung erfolgt zuerst ohne OP.

Bei der Kalkschulter handelt es sich um schmerzhafte Kalkeinlagerungen in der Schultersehne. Sie ist eine häufige Ursache von Schulterschmerzen. Eine Kalkschulter kann bei jedem Menschen entstehen, tritt aber vornehmlich im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf. Betroffen sind insbesondere Frauen. Bei bis zu 40 Prozent der Patientinnen und Patienten kommt es zu einem beidseitigen Auftreten der Kalkschulter.

Kalkeinlagerungen in einer Schultersehne sind nicht immer schmerzhaft. So wissen nicht alle Betroffenen von Kalkdepots im Schultergelenk. Treten Schmerzen auf, dann meist plötzlich und ohne vorausgegangene Belastung. Der medizinische Begriff für die Kalkschulter ist Tendinitis calcarea, gebräuchlich ist aber auch Tendinosis calcarea.

Symptome der Kalkschulter: Schmerzen und Bewegungsprobleme

Häufigstes Symptom der Kalkschulter sind Schmerzen. Die Beschwerden variieren je nach der genauen Lage des Kalkdepots. Häufig bestehen die Schmerzen im äußeren vorderen Schulterbereich und können in den Oberarm oder sogar bis zum Handgelenk ausstrahlen. Einige spüren die Schmerzen nur beim Heben des Arms über Schulterhöhe (zum Beispiel beim Anziehen), bei Drehbewegungen oder in völliger Ruhe. In der Akutphase lässt sich der Arm unter Umständen gar nicht anheben.

Typisch sind auch starke Schmerzen nachts. Der Grund: Im Liegen sind die beteiligten Muskeln und Sehnenansätze entspannt. Dann entfällt die Zugwirkung der Sehnen und in der Folge wird der Druck der Kalkdepots auf die Schulter größer. Manche Betroffene können darum nur im Sitzen schlafen. Die Schulterschmerzen können schon während der Kalkeinlagerung in der Sehne auftreten, meist entstehen sie jedoch beim Auflösen der Kalkdepots und vor allem durch das Einbrechen von Kalk in den Schleimbeutel.

Ursachen einer Tendinitis calcarea: Kalkablagerung in Sehnen

Schematische Darstellung: Oberarm wird nach unten gezogen von den drei hinteren Schultermuskeln. © NDR
Über Jahre kann sich Kalk in den Sehnen an der Schulter einlagern.

Durch das Schultergelenk ziehen sich Sehnen. Sie verlaufen in einem engen Raum zwischen dem knöchernen Schulterdach und dem Oberarmkopf. Aus noch ungeklärtem Grund kommt es vor, dass der Körper Sehnenzellen zu Knorpelzellen umbaut und Kalziumsalze einlagert (Formationsphase). Betroffen sind vor allem die Bereiche der Sehnen, in denen die Durchblutung kritisch ist oder auf die durch das Schulterdach Druck ausgeübt wird. Ein erhöhtes Risiko für dieses Phänomen tragen Diabetes-Betroffene. Die Ablagerungen aus Kalk können von wenige Millimeter bis zu einem Zentimeter groß sein. Sie sind jedoch keine steinähnliche Verhärtung. Vielmehr sind die Kalkdepots von breiiger Konsistenz, ähnlich wie Zahnpasta. Häufig ziehen sie nicht nur das Sehnengewebe in Mitleidenschaft, sondern auch den benachbarten Schleimbeutel und die gesamte Gelenkkapsel.

Der Kalkeinlagerungsprozess kann Jahre andauern und auch zwischendurch lange ruhen. Irgendwann lösen sich die Kalkkristalle wieder und werden abgebaut (Resorptionsphase). Infolge der Umbauprozesse kommt es oft es zu einer Verdickung der Sehnen, die Beschwerden verursacht. Verschlimmert werden die Beschwerden durch muskuläre Dysbalancen, also wenn ein Missverhältnis in der Kraft der die Schulter umgebenden Muskeln vorliegt, sodass die Sehne am Schulterdach reibt. Bei Kraftsportlern, die hauptsächlich für die Optik trainieren, ist es keine Seltenheit, dass der Oberarmkopf muskulär hochgezogen wird und die Supraspinatus-Sehne im Schulterdach einklemmt. Im ungünstigen Fall können die Kalkdepots aufbrechen und in den Schulterschleimbeutel gelangen. Daraus folgt oft eine extrem schmerzhafte akute Entzündungsreaktion.

Kalkschulter: Welche Rolle spielt die Psyche?

Emotionale oder seelische Ursachen für die Entstehung einer Kalkschulter spielen in der Diagnostik bisher keine entscheidende Rolle. Verspannungen und damit Schmerzen im Bereich der Schulter können allerdings durch emotionale Stresssituationen ausgelöst werden. Deshalb ist eine genaue Diagnostik der Kalkschulter wichtig.

Diagnose unter anderem durch Bildgebung

Kalkablagerungen am Sehnenansatz lassen sich in der Regel durch Röntgen des Schultergelenks und durch eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) gut darstellen. Auf einem Röntgenbild ist Kalk gut zu erkennen: Er erscheint ähnlich wie Knochen weiß. Per Ultraschall ist das Ausmaß einer möglicherweise begleitenden Schleimbeutelentzündung gut zu erkennen. Eine Untersuchung mit dem Magnetresonanztomograf (MRT) ist nur bei Verdacht auf zusätzliche Verletzungen der Sehnen angezeigt.

Ob festgestellte Kalkeinlagerungen auch wirklich schmerzursächlich sind, kann der Arzt nur durch eine genaue Anamnese und die körperliche Untersuchung prüfen. Er betrachtet dazu das Zusammenspiel von Schulter-, Rücken- und Brustmuskulatur. Von der genauen Diagnose und dem Ausschluss anderer beeinträchtigender Faktoren hängt dann auch die Wahl der Therapie ab.

Behandlung der Kalkschulter: Zunächst konservativ

Meist heilt die Kalkschulter binnen einiger Wochen oder Monate von allein aus. Behandelt wird in der Regel zunächst konservativ, also ohne OP. Gegen erste akute Schmerzen hilft meist die kurzfristige Gabe von Schmerzmitteln, sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Unter Umständen kann eine lokale Injektion von Kortison sinnvoll sein. Sie wirkt antientzündlich und abschwellend und verringert den Schmerz über mehrere Tage.

Bewegung oder Ruhe? Übungen schaffen Raum in der Schulter

Physiotherapeutische Übungen kräftigen bestimmte Muskelgruppen und wirken dadurch gegen Schulterschmerzen. Unter Umständen kann in der akuten Schmerzphase eine kurzfristige Ruhigstellung der Schulter in einer Armschlinge helfen. Normalerweise aber erfolgt begleitend zur medikamentösen Schmerzlinderung eine Bewegungstherapie. Sie soll den Rücken stärken und gezielt die Muskeln kräftigen, die den Oberarmkopf nach unten ziehen - damit erhält die Sehne mehr Raum, und der Druck wird vom Schleimbeutel genommen. In vielen Fällen sind diese Maßnahmen allein schon ausreichend, die Kalkablagerungen lösen sich nach einiger Zeit von selbst auf.

Bewegungs-Doc Helge Riepenhof zeigt einem Patienten eine Übung mit Theraband am Arm. © NDR Foto: Oliver Zydek
Physiotherapeutische Übungen kräftigen bestimmte Muskelgruppen und wirken dadurch gegen Schulterschmerzen.

Bleibt eine Linderung der Beschwerden aus, kann eine extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) zum Einsatz kommen. Dabei sollen die Kalkdepots mithilfe hochenergetischer Ultraschallwellen zertrümmert werden. Zudem fördern die Ultraschallwellen die Durchblutung in der Region, sodass die Kalkablagerungen besser abgebaut werden können. Die Stoßwelle regt zudem durch Freisetzung von Wachstums- und entzündungshemmenden Faktoren einen Selbstheilungsprozess in den Zellen an. Häufig reichen drei zehnminütige Sitzungen in einem Abstand von je einer Woche, um die Beschwerden zu bessern. Als sogenannte Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) müssen die Patientinnen und Patienten die Stoßwellentherapie selbst bezahlen.

OP ist letzte Option

Bleiben alle konservativen Therapieversuche über einen längeren Zeitraum erfolglos, kann eine operative Entfernung der Kalkdepots erwogen werden. Selten wird eine offene Operation durchgeführt, in der Regel ist es ein minimalinvasiver Eingriff.Bei der Arthroskopie führt der Operateur in Vollnarkose sehr dünne Endoskope in den Gelenkspalt unter dem Schulterdach und entfernt dort sorgfältig die Kalkablagerungen. Für die Betroffenen ist der Erfolg schnell zu spüren, da die Schmerzen deutlich nachlassen und sie in der Regel innerhalb von zwei Wochen komplett beschwerdefrei sind. Bis die Schulter wieder belastbar und frei beweglich ist, vergehen allerdings etwa zwei Monate. Deshalb wird nach einer OP auch gleich (wieder) mit gezielten Übungen begonnen, um die Beweglichkeit zu erhalten und die gelenkstabilisierenden Muskeln zu kräftigen. Dass die Kalkablagerungen wiederkehren, ist sehr selten.

Kalkschulter: Häufige Folge ist Schleimbeutelentzündung

Im Verlauf kann es bei Tendinosis calcarea auch zu einer Schleimbeutelentzündung im Gelenk kommen. Das kann passieren, wenn vor allem große Kalkdepots spontan aufbrechen und sich in das umliegende Gewebe ergießen. Danach haben Patientinnen und Patienten häufig weniger Schmerzen. Wird der verstreute Kalk aber nicht innerhalb der nächsten Tage vom Gewebe resorbiert, ist die Schmerzlinderung nur von kurzer Dauer. Denn dann reizt der Kalk zusätzlich den Schleimbeutel, eine Entzündung ist die Folge.

Ist der Schleimbeutel in der nächsten Phase durch die Kalkschulter chronisch entzündet und verklebt, verursacht das wellenförmig auftretende Schmerzen: Betroffene erleben Tage und Wochen ohne Beschwerden - und dann wieder eine Phase mit starken Schmerzen. Erschwerend kann bei dem Krankheitsbild ein Impingement-Syndrom hinzukommen. Dabei entsteht ein Platzmangel zwischen Schulterdach und Oberarmkopf, wodurch sich Sehnen und Schleimbeutel entzünden und schmerzen.

Kalkschulter: Kann Magnesium helfen?

Magnesium ist wichtig für den menschlichen Stoffwechsel - beteiligt an über 300 Prozessen. Der Mineralstoff ist notwendig, damit Kalzium in die Knochen eingelagert wird. Magnesium spielt auch für die Muskelaktivität eine große Rolle. Es kann zur Entspannung der Muskulatur beitragen und so eventuell auch bei Schulterschmerzen lindernd wirken. Auch eine entzündungshemmende Wirkung von Magnesium wird vermutet. Genaue Erkenntnisse dazu fehlen allerdings. Bekannt ist hingegen, dass eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse und Omega-3-Fettsäuren Entzündungen lindern kann.

Experten aus dem Beitrag

 

Weitere Informationen
Svea Köhlmoos klemmt ein Kissen unter den Arm und zieht dabei am Theraband. © NDR

Kalkschulter: Übungen gegen den Schmerz

Ein muskuläres Ungleichgewicht kann bei einer Kalkschulter Schmerzen auslösen oder verschlimmern. Einfache Übungen helfen. mehr

PD Dr. Christian Sturm © Screenshot
8 Min

Bewegung und Übungen bei Kalkschulter

Bei der Kalkschulter handelt es sich um schmerzhafte Kalkeinlagerungen in einer Schultersehne. Bewegung und Übungen können helfen. 8 Min

Eine Frau greift sich mit der Hand an die Schulter. © picture alliance / DC_2/Shotshop | DC 2 Foto: picture alliance / DC_2/Shotshop | DC 2

Schulterschmerzen: Ursachen und die richtige Behandlung

Für Schulterschmerzen gibt es unterschiedliche Ursachen. Übungen und Medikamente können helfen. Eine OP ist meist nicht nötig. mehr

Impingement in der Schulter: Junger Mann fasst sich an die schmerzende Schulter. © IMAGO/ peopleimages.com Foto: Yuri Arcurs

Impingement-Syndrom der Schulter: Ursachen und Behandlung

Beim Impingement-Syndrom wird es eng im Schulterbereich. Das verursacht Schmerzen meist beim Anheben des Arms. Was hilft? mehr

3D Grafik einer menschlichen Schulter © Colourbox Foto: -

Sehnenriss in der Schulter richtig behandeln

Bei einem Sehnenriss in der Schulter reicht eine Physiotherapie nicht immer aus. In welchen Fällen ist eine OP der sogenannten Rotatorenmanschette sinnvoll? mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 19.03.2024 20:15

Schlagwörter zu diesem Artikel

Medizinische Therapie

Bewegungsapparat

Mehr Gesundheitsthemen

Mann in Sportkleidung sitzt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf Laufbahn und hält sich den Fuß (Bild: colourbox.de/Peoplesimages.com) © colourbox.de/Peoplesimages.com

Ermüdungsbruch: Symptome erkennen, behandeln, vorbeugen

Stechende Schmerzen im Fuß können Symptom für einen Ermüdungsbruch sein. Wie erkennt man die Stressfraktur und was hilft? mehr

Gesundheits-Themen

Ratgeber