Eine Frau wählt aus einem Angebot an Lebensmitteln. © Picture Alliance Foto: Christin Klose

Glykämischer Index: Auf die richtigen Lebensmittel kommt es an

Stand: 26.08.2022 14:02 Uhr

Der Glykämische Index gibt an, wie stark kohlenhydrathaltige Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen. Eine Glukose-Selbstmessung kann Betroffenen bei Diabetes und Adipositas helfen.

Neben den Fetten sind Kohlenhydrate die wichtigsten Energielieferanten für unseren Körper. Aber Kohlenhydrat ist nicht gleich Kohlenhydrat. Manche sind eher gesund, andere problematisch - vor allem bei Genuss in größeren Mengen. Der sogenannte Glykämische Index (GI) kann dabei helfen, kohlenhydrathaltige Lebensmittel besser einzuordnen. Er wurde zur Vorbeugung von Übergewicht, Diabetes mellitus und Herzkrankheiten entwickelt und soll bei der Auswahl der Nahrungsmittel helfen, um Heißhunger zu vermeiden.

Glykämischer Index: Wie stark steigt der Blutzuckerspiegel?

Der Glykämische Index (GI) gibt an, wie stark 50 Gramm Kohlenhydrate aus einem Nahrungsmittel den Blutzuckerspiegel innerhalb von zwei Stunden ansteigen lassen. Als Referenzwert mit 100 gilt dabei der Traubenzucker (Glukose), weil er den Blutzucker am schnellsten und stärksten in die Höhe treibt. Alle anderen Kohlenhydrate werden in Relation dazu bewertet. Mit einem Wert von 95 liegt ein Baguette nur knapp unter dem Traubenzucker, Cornflakes haben einen Wert von 86, Äpfel von 36. Besonders niedrig ist der Wert bei Linsen und anderen Hülsenfrüchten.

 

Glykämische Last: Wie hoch ist der ausgelöste Insulinbedarf?

Wichtiger noch als der Glykämische Index ist für Expertinnen und Experten die Glykämische Last (GL), die als Indikator für den ausgelösten Insulinbedarf gilt. Entscheidend ist schließlich nicht nur die Qualität der Kohlenhydrate, sondern auch die mit einem Lebensmittel zugeführte Menge an Kohlenhydraten. Die Glykämische Last ist das Produkt aus GI und Menge. So ist zum Beispiel der GI von Wassermelonen höher als der von Weißbrot. Das Brot enthält aber mehr Kohlenhydrate, daher beträgt die Glykämische Last von Weißbrot das 2,5-Fache von Wassermelonen. Der GI von Möhren und Baguette hingegen ist gleich, doch die GL von 100 Gramm Baguette entspricht der von 700 Gramm Möhren.

Welche Lebensmittel haben einen niedrigen glykämischen Index?

Statt hochverarbeiteter Lebensmittel und Weißmehlprodukte sollte man eher Vollkornprodukte mit ganzen Saaten sowie viel Obst und Gemüse verwenden. Vor allem Hülsenfrüchte punkten mit einem sehr niedrigen GI und gesunden Ballaststoffen. Sie sättigen für lange Zeit, helfen so der Figur ebenso wie Herz und Gefäßen.

Diese Lebensmittel machen satt, haben einen niedrigen GI und lassen daher den Blutzuckerspiegel nicht so rasch ansteigen. Das gilt bei Nudeln, Kartoffeln und Reis vor allem, wenn sie einmal abgekühlt und erst dann verzehrt oder weiterverarbeitet werden.

  • Tofu
  • Kidney Bohnen
  • Linsen
  • Wildreis
  • Haferflocken
  • Pumpernickel
  • Roggenvollkornbrot
  • Vollkornnudeln
  • Bulgur
  • Pellkartoffeln

Einfache Glukose-Selbstmessung mit CGM-Systemen

Moderne Glukose-Selbstmessung ist unblutig: Sensoren messen die Werte zum Beispiel unter der Haut am Oberarm - ohne, dass in den Finger gestochen werden muss. Damit können Menschen mit Diabetes heutzutage ihre Erkrankung häufig motivierter, flexibler und erfolgreicher handhaben. Kontinuierliche Glukose-Mess-Systeme (CGM) kontrollieren im Abstand von Minuten den Glukosewert. Jedoch messen die CGM-Systeme den Glukosewert nicht im Blut, sondern im Unterhautfettgewebe. Es wird also der Gewebezucker und nicht direkt der Blutzucker bestimmt. Es gilt zu berücksichtigen, dass der Wert für den Gewebezucker dem aktuellen Blutzuckerwert um etwa 10 Minuten hinterherhinken kann. Abweichungen können besonders bei raschen Veränderungen des Blutzuckerspiegels - wie nach dem Essen oder Sport - auftreten. In Situationen mit stabilen Blutzuckerwerten sind beide Werte vergleichbar.

Ständige Glukose-Kontrolle hilft bei Adipositas und Diabetes

Die modernen Selbstmessungen können vielleicht auch Menschen mit Übergewicht bei einer Ernährungsumstellung helfen: In einer aktuellen Studie wurde erforscht, wie sich der Verzehr verschiedener Lebensmittel auf den Glukose- und Insulinspiegel gesunder Erwachsener auswirkt. Die Studienteilnehmenden konnten die Veränderung ihres Glukosespiegels, der durch einen Hautsensor kontinuierlich gemessen wurde, über ein Lesegerät mitverfolgen. Unter anderem zeigte sich, dass Apfelsaft den Glukosespiegel etwa gleich stark ansteigen lässt wie Limonade. Die kontinuierliche Glukosemessung sei also eine praktikable Möglichkeit, Betroffenen die Folgen ihres Essverhaltens unmittelbar vor Augen zu führen. Die Motivation, zu zuckerärmeren oder -freien Alternativen zu greifen, könnte dadurch steigen. Das sei besonders wichtig, wenn Menschen mit Übergewicht langfristig abnehmen möchten.

Studie: Hoher Glykämischer Index erhöht das Krankheitsrisiko

Wenn Menschen viele Kohlenhydrate mit einem hohen Glykämischen Index essen, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten mit Todesfolge um mehr als 25 Prozent. Das zeigt eine kanadische Studie: Wissenschaftler hatten fast 140.000 Erwachsene zwischen 35 und 70 Jahren auf fünf Kontinenten über 20 Jahre begleitet und ihre Ernährungsgewohnheiten sowie ihre Gefäßgesundheit untersucht.

Wie wirken Lebensmittel mit hohem Glykämischen Index auf den Blutzucker?

Nahrungsmittel mit einem hohen Glykämischen Index führen dazu, dass der Blutzucker schnell ansteigt, weil diese Nahrungsmittel oder deren Kohlenhydrate schnell aufgenommen werden. Es kommt zu einer Insulinreaktion, die den Blutzucker rasch wieder senkt - und darauf reagiert der Körper mit Heißhunger. Wir bekommen Lust, weiter und mehr zu essen. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel fährt Achterbahn - und solche großen Schwankungen sind ungesund. Ist zu viel Glukose im Blut, belastet das die Blutgefäße. Auf Dauer kommt es zu Entzündungsprozessen in den Blutbahnen und letztlich auch zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Zubereitung von Kartoffeln und Nudeln hat Einfluss auf den Glykämischen Index

Wie hoch der GI eines Nahrungsmittels ist, hängt auch von der Zubereitung ab. So hat zum Beispiel die Kartoffel als Kartoffelpüree einen erheblich höheren GI als im Kartoffelsalat. Aus dem Kartoffelpüree kann der Körper die Glukose viel schneller herauslösen und der Blutzuckerspiegel steigt entsprechend stark an.

Im kalten Kartoffelsalat kommt dagegen ein anderer Effekt zum Tragen: Beim Abkühlen gekochter Kartoffeln - oder auch Nudeln - entsteht sogenannte resistente Stärke. Diese ist zwar auch ein Kohlenhydrat, aber viel schwieriger für den Körper aufzuspalten - das senkt den Glykämischen Index. Dieser Effekt bleibt sogar bestehen, wenn die Kartoffeln oder die Nudeln wieder aufgewärmt werden, da die resistente Stärke trotz der Hitze ihre Form behält.

Individuelle Faktoren: Darmbakterien und Gene

Der Glykämische Index eines Lebensmittels ist nicht bei allen Menschen gleich, denn essen zwei Personen das gleiche Nahrungsmittel, kann ihr Blutzuckerspiegel unterschiedlich stark ansteigen. Ein Grund dafür sind unsere Darmbakterien. Ihre Zusammensetzung beeinflusst die Blutzuckerreaktion in unserem Körper.

Aber auch genetische Faktoren - wie Körpergewicht und eine Insulinresistenz - spielen dabei eine Rolle. Wie der Körper auf Kohlenhydrate reagiert, ist nur in aufwendigen Tests herauszufinden. Trotzdem raten Ernährungswissenschaftler auf Grund der kanadischen Studie, Produkte mit hohem Glykämischen Index nur in Maßen zu verzehren.

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Visite | 30.08.2022 | 20:15 Uhr

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