Aortenklappenstenose: Symptome, Ursachen und Behandlung

Stand: 30.04.2024 14:28 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Bei einer starken Verkalkung der Aortenklappe (Aortenklappenstenose) muss die Herzklappe ersetzt werden – per OP oder Katheter. Ohne Behandlung kommt es zur lebensbedrohlichen Herzschwäche.

Durch die verengte Herzklappe gelangt zeitweise zu wenig Blut in den Kreislauf. Die häufigste Folge ist Luftnot, erst bei körperlicher Anstrengung, später auch bei leichten Tätigkeiten wie zum Beispiel beim Schuhebinden. Manchmal kommen Schmerzen oder ein Engegefühl in der Brust hinzu. Die Durchblutungsstörungen im Gehirn führen zu Schwindel oder plötzlicher Ohnmacht.

Langfristig entwickelt sich eine Herzschwäche, denn Herz muss das Blut mit erhöhtem Druck durch die verengte Aortenklappe pumpen. Durch die hohe Belastung kann der Herzmuskel bereits Schaden nehmen, bevor deutliche Beschwerden auftreten. Auf Dauer gelingt es dem Herz jedoch nicht, das Problem auszugleichen. 

Ohne Behandlung liegt die Lebenserwartung im fortgeschrittenen Stadium bei durchschnittlich zwei Jahren.

Ursachen für den Herzklappenfehler

Natürlicher Verschleiß und Kalkeinlagerungen wie bei der Arteriosklerose führen dazu, dass sich die Öffnungsfläche der Herzklappe im Alter allmählich verkleinert (normalerweise etwa 2,5 bis 3,5 Quadratzentimeter). Verschiedene Faktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Rauchen sowie genetische Faktoren begünstigen den Verschleißprozess.

Selten steckt hinter der Aortenklappenverengung auch eine Autoimmunerkrankung. Die Takayasu-Arteriitis ist eine Gefäßentzündung, bei der sich manchmal auch die Hauptschlagader (Aorta) an der Klappe verengt. Betroffen sind davon eher junge Frauen unter 40 Jahren.

Diagnose Aortenklappenstenose: Wann ist eine OP notwendig?

Die Aortenklappe sitzt wie ein Ventil zwischen der linken Herzkammer und der Körperhauptschlagader (Aorta). Sie sorgt dafür, dass das Blut nur in eine Richtung fließt. Sie besteht aus drei halbmondförmigen Taschen, die an einem bindegewebigen Ring in der Herzmuskulatur verankert sind.

Klappenfehler führen zu typischen Herzgeräuschen, die beim Abhören mit dem Stethoskop auffallen können. Im Mittelpunkt der Diagnostik steht der Herzultraschall (Herzecho). Geschultes Fachpersonal, zum Beispiel in kardiologischen Praxen oder Ambulanzen, kann den Klappenschaden und die Herzbelastung exakt vermessen. Aufgrund dieser gemessenen Werte, der konkreten Beschwerden des Patienten und des Verlaufs der Erkrankung wird entschieden, wann der geeignete Zeitpunkt für eine OP ist. Das sollte ein Zeitpunkt sein, bevor der bleibende Umbau im Herzmuskel zu groß wird.  

Offene Operation oder Kathetereingriff?

Eine Ersatzklappe kann entweder im Rahmen einer Operation mit Herz-Lungen-Maschine eingesetzt werden oder per Katheter mit einer sogenannten Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI). Für die Operation sind Ärzte für Herzchirurgie zuständig. Die Behandlung per Katheter übernehmen meist spezialisierte Kardiologen. Welches Verfahren im Einzelfall am besten geeignet ist, muss ein eingespieltes "Heart-Team" mit Fachleuten aus Kardiologie und Herzchirurgie gemeinsam abwägen und Vor- und Nachteile mit dem Patienten besprechen.

Offene Operation ist bewährtes Verfahren

Der Austausch der Aortenklappe in einer offenen Operation ist ein seit vielen Jahren bewährtes und sicheres Verfahren. In der Herzchirurgie wird die defekte Klappe entfernt und eine Ersatzklappe, meist aus Biomaterial, fest eingenäht. Für die Operation muss das Herz allerdings etwa eine Stunde stillstehen. Den Kreislauf übernimmt solange die Herz-Lungen-Maschine, was für den Körper belastend ist. Zusammen mit der nötigen Vollnarkose erhöht der externe Kreislauf die Gefahr für ein postoperatives Delir. Insbesondere ältere Menschen leiden nicht selten an Verwirrtheitszuständen, die sogar bleibende Folgen haben können.

Auch deshalb ist eine Herz-Operation angsteinflößend. Nach der OP kann es zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)mit Wesensveränderungen, Ängsten oder Depression kommen.

Neue Behandlung per Katheter-Verfahren (TAVI)

Der Kathetereingriff wird immer häufiger eingesetzt. Dabei wird die neue Klappe eng zusammengefaltet, von der Leiste aus durch die Hauptschlagader geschoben und am schlagenden Herzen verankert. Die alte Klappe wird nicht entfernt, sondern zur Seite gedrängt. Der Eingriff dauert etwa 30 Minuten. Dafür sind weder Herz-Lungen-Maschine noch Vollnarkose erforderlich.

Zunehmend wird sogar auf die Gabe von Substanzen für einen Dämmerschlaf verzichtet, und die Menschen bleiben unter Lokalanästhesie während des Eingriffs wach. Der Kreislauf während der Prozedur ist dadurch stabiler. Komplikationen wie ein Schlaganfall können schneller erkannt und sofort behandelt werden. Sicheres Aufstehen ist bereits nach vier bis sechs Stunden möglich, bis zur Erholung und Entlassung dauert es nur wenige Tage. Das reduziert das Risiko für Stürze, Lungenentzündungen oder andere Komplikationen. Manchmal muss nach dem Klappeneinsatz zusätzlich ein Herzschrittmacher gelegt werden, wenn der Herzschlag durch die neue Klappe zu langsam wird.

Vor- und Nachteile von Herzoperation und Kathetereingriff

Die Kriterien, nach denen die beste individuelle Option im "Heart-Team" ermittelt wird, werden den neuesten Erkenntnissen immer wieder angepasst. Als vor zwanzig Jahren die ersten Katheterklappen auf den Markt kamen, wurden mit dem damals völlig neuen Verfahren nur Menschen behandelt, für die eine konventionelle offene OP zu belastend gewesen wäre und deshalb nicht mehr infrage kam. Dann kamen ältere Menschen dazu, die ein erhöhtes Komplikationsrisiko bei offener OP mit Herz-Lungen-Maschine hatten. Heute weiß man, dass auch bei Menschen mit mittlerem und sogar niedrigem Risiko die modernen Katheterklappen eine gute Wahl sein können. Aktuelle Daten liefert die DEDICATE-Studie, deren erste Ergebnisse im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden. Das OP-Risiko ist also nicht mehr das entscheidende Kriterium.

Allerdings muss die Haltbarkeit der Katheterklappen beachtet werden, denn jüngere Patienten werden voraussichtlich deutlich länger mit der neuen Herzklappe leben. Außerdem spielt die individuelle Anatomie eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für das beste Verfahren, denn die Klappe muss auch passen. So ist der schonende Kathetereingriff nicht für jeden die beste Option. Mit den Daten aus dem sogenannten Deutschen Aortenklappenregister, das seit 2010 in Deutschland geführt wird, können weitere Erkenntnisse über Vor- und Nachteile der Verfahren gewonnen werden.

Ein großer Vorteil der offenen OP: Während des Eingriffs können zeitgleich auch Bypässe gesetzt werden. Nicht selten sind neben der Aortenklappe bei älteren Menschen auch bereits mehrere Herzkranzgefäße kritisch verkalkt. Wenn eine Koronare Herzerkrankung durch Arteriosklerose vorliegt, können Bypässe die gefährlichen Engstellen überbrücken, um die Herzdurchblutung zu verbessern.

Nach dem Eingriff: Was muss man beachten? 

Katheter-Ersatzklappen bestehen immer aus biologischem Material, und auch bei der Operation werden in der Regel Bioklappen verwendet. Sie sind aus Herzbeutelgewebe von Rindern oder Schweinen gefertigt und so von tierischen Zellen gereinigt, dass es nicht zu Abstoßungsreaktionen kommt. Auch gerinnungshemmende Medikamente (Blutverdünner) müssen nach Bioklappenersatz nicht eingenommen werden. Menschen mit Ersatzklappen haben allerdings ein erhöhtes Risiko für eine Infektion der Klappen durch Bakterien (Endokarditis). Das Risiko beträgt ein Prozent pro Jahr. Deshalb kann in bestimmten Situationen - beispielsweise bei Eingriffen am Zahnfleisch oder bei bakteriellen Infekten wie einer Halsangina - eine Endokarditis-Prophylaxe mit Antibiotika sinnvoll sein.

Wie lange halten neue Aortenklappen?

Jede Bioklappe unterliegt einer natürlichen Abnutzung. Die während einer Operation eingesetzten Klappen halten im Mittel etwa dreizehn Jahre. Seit einigen Jahren wird nun in Studien beobachtet, ob moderne Katheterklappen genauso haltbar sind oder ob das starke Zusammenfalten einen Einfluss auf die Haltbarkeit hat. Wenn Bioklappen nach mehreren Jahren verschleißen und kaputtgehen, kann entweder ein operativer Austausch erfolgen oder mit dem Katheterverfahren eine weitere neue Aortenklappe eingesetzt werden (Valve-in-Valve-Verfahren). Bei Letzterem wird die erste Ersatzklappe im Körper belassen, die neue per Katheter einfach darübergestülpt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 30.04.2024 20:15 Uhr

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