Akupunktur hilft bei Schmerzen und in der Schwangerschaft

Stand: 28.08.2023 10:04 Uhr

Akupunktur ist eine chinesische Heilmethode, bei der mit Akupunkturnadeln Nerven, Muskeln und Bindegewebe stimuliert werden, um Beschwerden wie Schmerzen zu lindern oder auch bei Schwangerschaft und Geburt zu helfen.

Die jahrtausendealte Behandlungsmethode Akupunktur (lat. acus - die Nadel, punctio - das Stechen) hat ihren Ursprung in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Diese basiert auf der Vorstellung , dass die Lebensenergie "Qi" ungehindert auf zwölf Leitbahnen (Meridianen) im Körper fließen kann. Staut sich diese Energie, weil der Fluss gestört ist, können laut TCM Erkrankungen und Beschwerden auftreten. Mithilfe feiner Akupunkturnadeln, die entlang der Meridiane in die Haut gestochen werden, sollen sich Blockaden lösen und die Selbstheilungskräfte angeregt werden.

Akupunkturpunkte für unterschiedliche Erkrankungen

In der Traditionellen Chinesischen Medizin sind mehr als 350 Akupunkturpunkte bekannt. Sie sind in unregelmäßigen Abständen auf den Meridianen angeordnet. Je nach Lage der Akupunkturpunkte sollen sich unterschiedliche Erkrankungen behandeln lassen. Welche der mehr als 350 Akupunkturpunkte genadelt werden müssen, ermitteln Therapeutinnen und Therapeuten mit Diagnostikmethoden wie Vorgespräch, körperlicher Untersuchung, Zungen- und Pulsdiagnose.

Alternative Behandlungmethode: Beweis für Meridiane fehlt

Da sich die Existenz von Meridianen im menschlichen Körper bislang nicht nachweisen ließ, ist die Akupunktur umstritten. Trotzdem ist diese alternative Behandlungsmethode weltweit sehr beliebt. Etwa neun Prozent der Menschen in Deutschland nutzen Akupunktur. Mehr als 15.000 Ärztinnen und Ärzte haben laut der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. eine entsprechende Weiterbildung absolviert. Zusätzlich bieten zahlreiche Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker sowie Hebammen Akupunktur an.

Bei welchen Beschwerden hilft Akupunktur?

Die Hauptanwendungsgebiete für Akupunktur sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kopfschmerzen, Migräne, chronische Rückenschmerzen, Rheuma, Asthma, Allergien, Bronchitis und Sucht-Entwöhnung - aber auch Kniearthrose, Polyneuropathie und Depressionen. Vor allem eine Wirkung bei chronischen Schmerzen ist wissenschaftlich recht gut belegt.

Ein positiver Effekt bei Rücken- und Nackenschmerzen, Gelenkarthritis, chronischen Kopfschmerzen und Schulterschmerzen wird in mehreren Studien beschrieben. Allerdings wird vermutet, dass ein Teil der Wirkung auf dem Placebo-Effekt beruht.

Eine Indikationsliste mit Beschwerden und Krankheiten, bei denen Akupunktur zur Anwendung kommen kann, wurde auf Grundlage klinischer Erfahrungen von TCM-Ärzten sowie aktuellen Forschungsergebnissen und Empfehlungen der Fachgesellschaften für Akupunktur, des National Institute of Health (USA) und der WHO erstellt.

Polyneuropathie: Akupunktur möglicherweise wirksam

Bei Polyneuropathie, einer Erkrankung des peripheren Nervensystems, kann Akupunktur möglicherweise gegen Schmerzen, Kribbeln und Missempfindungen helfen. Die Behandlung wird noch nicht in den Leitlinien zur Polyneuropathie empfohlen, aber es laufen weltweit einige große Studien dazu.

Wie die gezielten Reize der Akupunktur auf die Nerven wirken, ist noch ungeklärt. Mit einer Wärmeleitkamera lässt sich zeigen, dass die behandelten Regionen während einer Akupunktur besser durchblutet sind.

Wirkung der Akupunktur im Körper

An den Akupunkturpunkten liegen unterschiedliche Strukturen wie Nerven-, Faszien- und Muskelpunkte, die besonders sensibel auf Reize reagieren. Trifft der Stich der Nadel einen dieser Punkte, werden verschiedene Neurotransmitter oder Hormone ausgeschüttet und die schmerzhemmenden Systeme im Körper aktiviert. Es werden Serieneffekte bei acht bis zwölf Behandlungen beobachtet: Der wiederkehrende Reiz führt zu einer Reaktion des Körpers.

Es wird vermutet, dass der Stich auch das vegetative Nervensystem anregt, worauf der Parasympathikus reagiert. Das führt dazu, dass man zur Ruhe kommt und sich entspannen kann. Da die Wirkung vermutlich für eine gewisse Weile anhält, kann das zu besserem Schlaf, weniger Schmerzen und besserer Stimmung führen.

Ein Placebo-Effekt, wonach die Wirkung eintritt, weil die Betroffenen fest daran glauben, könne auch bei Akupunktur eine Rolle spielen, vermuten Expertinnen und Experten. Das sei aber positiv zu bewerten, weil es ebenfalls die Selbstheilungskräfte aktiviert.

Akupunktur in und nach der Schwangerschaft

Viele Frauen berichten von positiven Erfahrungen mit Akupunktur bei typischen Schwangerschaftsbeschwerden wie Rücken- und Beckenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Es gibt jedoch wenige wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit ausreichend belegen können. Trotzdem lässt sich die alternative Behandlungsmethode in der Schwangerschaft unterstützend einsetzen.

Laut einer deutschen Studie ist das Setzen der Nadeln zur Geburtsvorbereitung geeignet: Die Geburtsdauer wird damit um etwa zwei Stunden verkürzt - sofern die Behandlung bereits in den letzten vier Schwangerschaftswochen beginnt. Akupunktur kann Gebärenden außerdem dabei helfen, zu entspannen sowie Ängste vor und die Schmerzen bei der Geburt zu verringern.

Welche Nebenwirkungen hat Akupunktur?

Die Akupunktur kann als eine sichere Behandlung angesehen werden, lautet das Ergebnis einer Studie zu den Risiken. Nebenwirkungen sind selten und nur geringfügig oder sehr leicht: Es kann zu kleinen Blutungen an der Einstichstelle oder Nadelschmerz kommen. Auch Müdigkeit kann nach der Behandlung auftreten. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind nur in seltenen Fällen zu erwarten - bei fünf von einer Million Behandlungen.

Wichtig: Die Behandlung unbedingt bei Fachleuten durchführen lassen, die zum Beispiel nur sterile Einmalnadeln verwenden, um Infektionen zu vermeiden. Auf den Homepages der großen Akupunktur-Gesellschaften finden sich ausgebildete Akupunkteure, sortiert nach Postleitzahlen.

Kosten: Zahlt die Krankenkasse Akupunktur?

Eine Akupunktur-Sitzung kostet zwischen 30 und 80 Euro. Bei chronischen Rückenschmerzen der Lendenwirbelsäule und des Kniegelenks werden die Kosten für eine Akupunkturbehandlung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sofern die Schmerzen seit sechs Monaten bestehen. Betroffene haben Anspruch auf bis zu zehn Akupunktursitzungen pro Krankheitsfall, innerhalb von maximal sechs Wochen. Wichtig ist, dass die Akupunkteurin oder der Akupunkteur von der Krankenkasse anerkannt ist.

Über diese gesetzlichen Leistungen hinaus übernehmen einige Krankenkassen auch Akupunkturbehandlungen bei anderen Beschwerden. So wird Akupunktur zur Geburtsvorbereitung inzwischen von einigen Krankenkassen bezahlt. Bei Akupunktur als IGeL-Leistung sollten Betroffene vor Behandlungsbeginn klären, ob die Krankenkasse bei ihrer Erkrankung die Kosten ganz oder anteilig übernimmt.

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Visite | 29.08.2023 | 20:15 Uhr

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