Theater Lübeck: Reise in die 50er-Jahre mit Benjamin Britten
Der britische Regisseur Stephen Lawless bringt mit Benjamin Brittens "Albert Herring" eine komische Kammeroper auf die Bühne, die viel mit der heutigen Zeit zu tun hat. Heute Abend feiert sie am Theater Lübeck Premiere.
Auf der Bühne steht ein blaues Podest, auf dem ein langer Tisch mit sechs Stühlen steht, daran sitzt das Festkomitee - unter ihnen die selbsternannte Moralrichterin und Übermutter ihres Dorfes: Lady Billows. Sie alle wollen eine Maikönigin finden, doch das ist gar nicht so einfach.
Lady Billows wird von Bea Robein gespielt. Für sie ist die Lady Billows eine starke Frau, die mit der Queen und den Royals vergleichbar ist - sehr vornehm: "Ob das jetzt in mir ist? Eher nicht, aber ich liebe es, das zu spielen, und es ist schön, auch mal eine Furie zu sein, sein zu dürfen."
"Albert Herring": Spiel mit der Geschlechterdebatte
Die Suche nach der Maikönigin geht weiter. An dieser Stelle spielt das Stück mit einer Geschlechterdebatte, findet Dramaturg Jens Ponath: "'Without respect of gender' singen die da, denn sie suchen eigentlich eine junge Frau, die Maikönigin werden soll und die unschuldig und möglichst tugendhaft sein soll - das wird dann im Grunde auf diese erotische Ebene gezogen. In diesem kleinen Ort Loxford wird kein Mädchen gefunden. Dann kommt die Idee, 'Without respect of gender' einen jungen Mann zu wählen."
Das macht das Komitee dann auch. Es entscheidet sich für den tugendhaften Albert Herring. Der weiß davon aber noch nichts. Er arbeitet bei seiner Mutter im Kaufmannsladen und ist ganz einfach gestrickt. Er trägt eine beige Hose mit Hosenträgern und ein weißes Hemd - Kleidung aus den 50er-Jahren. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise spielt das Stück in der viktorianischen Zeit.
Besonderheit in Lübeck: 50er-Jahre statt viktorianische Zeit
"Unser Regisseur Steven Lawless dachte, für uns ist das näher als die viktorianische Zeit", erklärt Jens Ponath. "Auch die 1950er-Jahre geben große Möglichkeiten für ein bestimmtes Kostümfest und wir erkennen sofort, dass es nicht unsere Zeit ist, die da auf der Bühne gespielt wird, aber eben eine Zeit, die uns näher ist."
Das ist auch die Besonderheit des Stücks: schicke Anzüge, Hosenträger, Haare, die nach hinten gestylt werden und hochgekrempelte Hosen. Die Frauen tragen bunte Kleider, außer Lady Billows - sie trägt Knickerbocker. Hier verrät die Kleidung etwas über ihre Sexualität.
"Ein interessanter Hintergrund an dem Stück ist, dass es zu einem Zeitpunkt war, als Homosexualität noch nicht legal war. Alle diese Beziehungen, die öffentlich nicht kundgegeben wurden oder nicht kundgegeben werden konnten und durften, spielen rein in dieses Stück", sagt Ponath.
Vom Kaufmann zum Maikönig
Das Bühnenbild wechselt: Der Kaufmannsladen der Herrings mit Kasse, Obst- und Gemüseauslage steht nun im Vordergrund, mittendrin der schüchterne Albert Herring. Lady Billows und der Rest des Festkomitees kommen in den Laden und verkünden, dass er der neue Maikönig wird. Doch das kann und will er nicht sein. Er will nur noch weg aus Loxford.
"Aus diesem sehr einfachen Jungen wird in dieser Nacht etwas anderes", sagt Bea Robein. "Er trägt das mit seiner Mutter, mit der Dorfgemeinschaft. Er wird jemand anderer, er wird erwachsen und er sagt, er fängt jetzt an, den Spieß umzudrehen, und das ist das Interessante."
Theater Lübeck beendet Britten-Zyklus mit "Albert Herring"
Das Stück ist auch heute noch sehr aktuell, findet Schauspielerin Bea Robein: "Ich denke, diese Oper ist für Jugendliche irrsinnig interessant. Es sind viele Kinder und Jugendliche dabei - und die Dorfgemeinschaft. Das Internet und Social Media sind noch schlimmer als eine Dorfgemeinschaft, weil die nicht 24/7 war. Ich denke, da ist viel für heute mit dabei, an dem wir immer noch kauen wie: Was denken die anderen?"
Es ist eine Oper mit viel Witz, schwarzem Humor, tollen Darstellerinnen und Darstellern mit bunten Kostümen und einem beeindruckenden Bühnenbild.
Theater Lübeck: Reise in die 50er-Jahre mit Benjamin Britten
Der britische Regisseur Stephen Lawless bringt mit "Albert Herring" eine komische Kammeroper auf die Bühne. Heute feiert das Stück Premiere.
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Theater Lübeck
Beckergrube 16
23552 Lübeck - Telefon:
- 0451/399600
- Preis:
- ab 14 Euro