"Die Grönholm-Methode": Seelenstriptease als Exit-Spiel
Das Theater Lübeck bringt ein Stück auf die Bühne, bei dem es um ein Bewerbungsgespräch geht. In "Die Grönholm-Methode" werden die Bewerber allerdings ganz schön an ihre Grenzen gebracht. NDR Kultur war bei einer Probe dabei.
Zwei Männer in silbrigen Anzügen und silbernen Koffern stehen in einer alten Fabrikhalle aus rotem Backstein. Die Wände sind mit hellen Fliesen gekachelt, in die Jahre gekommen und dreckig. Mehrere silberne große Rohre stehen auf der Bühne und eine große Treppe aus Stahl.
Ein kühler und düsterer Ort - aber auch ein toller Ort, findet Schauspieler Jan Byl: "Ich mag das eigentlich sehr gerne, wenn Theater auch mal in diesen Räumen ist. Weil ich finde, es sind Monumentalbauten, die auch etwas Sakrales haben wie ein Theater und gleichzeitig aber eine Erdigkeit und Realität. Dieses Spannungsfeld finde ich einfach interessant, um da spielen zu können."
Keine gewöhnliche Prüfungssitiation
Jan Byl taucht zusammen mit einer Frau auf der Bühne auf, ebenfalls beide in grauen, glänzenden Anzügen und silbernen Aktenkoffern. Die vier Menschen sind zum Bewerbungsgespräch eingeladen.
Nach einer kurzen Wartezeit erklingt aus einem leuchtenden Getränke- und Snackautomaten eine Stimme: "Guten Tag und herzlich Willkommen. Wie wir ihnen bereits mitgeteilt haben, ist dies die Schlussphase unseres Auswahlverfahrens. Sie sind unsere letzten Kandidat*innen. Wir wissen, dass dies keine gewöhnliche Prüfung ist."
Bewerber werden an ihre Grenzen gebracht
Das ist es in der Tat nicht. Die vier Bewerber bekommen verschiedene Aufgaben. Innerhalb von zehn Minuten sollen sie herausfinden, wer von ihnen eigentlich aus der Personalabteilung kommt. Für Regisseurin Lilly Tiemeyer ist diese Bewerbungssituation spannend und anders als ihre bisherigen Erfahrungen. Hier seien die vier Personen ganz auf sich gestellt.
"Ich kann so viel verraten, dass sie auf jeden Fall an verschiedenen Punkten an ihre Grenzen gebracht werden. Dass es um emotionale Erfahrung geht, um Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit und ganz viel darum, sich miteinander zu verbünden und gegen die anderen zu verbünden, also Allianzen schmieden und Allianzen brechen."
Die Einsamkeit des Individuums im Kapitalismus
Lilly Tiemeyer hat die alte Fabrikhalle ganz bewusst ausgewählt. Erst als sie den Spielort gefunden hatte, entschied sie sich für "Die Grönholm-Methode". Ihr war es wichtig, mit dem Stück etwas über die Einsamkeit des Individuums im Kapitalismus zu erzählen.
"Es geht wahnsinnig viel um Konkurrenz und um Leute, die erstmal einen hohen Posten erreichen wollen", so die Regisseurin. Dabei erschließe sich aber überhaupt nicht, was ist der Mehrwert dieses Postens sei, ob das Leben wirklich besser und sie selbst glücklicher seien. "Und trotzdem sind sie die ganze Zeit in einem massiven Konkurrenzkampf, ziehen alle Register und sind extrem hart gegen sich selbst und gegen die anderen", sagt Tiemeyer.
Exit-Spiel mit menschlichen Höhen und Tiefen
Das Stück ist wie eine Art Exit-Spiel: Immer wieder stellen sich die Bewerber neuen Herausforderungen. Dabei kommen menschliche Höhen und Tiefen zum Vorschein, sagt Jan Byl: "Ein Seelenstriptease und wirklich diese Frage, wo ziehe ich meine persönlichen Abgrenzungen zum Beruflichen, wo gebe ich sie auf und wo setze ich sie auch bewusst ein in meinem Beruf. Das sind, glaube ich, diese Spielmomente, die glaube ich gar nicht so weit weg sind von dem, was wir auf der Bühne machen, mit dem Spielen."
"Die Grönholm-Methode" feiert am Sonnabend Premiere und ist bereits für weitere drei Termine ausverkauft. Karten gibt es noch für die Vorstellung am 17. Mai auf dem Dräger-Gelände in der Lachswehrallee in Lübeck.
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