Tänzerinnen und Tänzer der Produktion "Swan Fate" bewegen sich auf der Bühne. © Friederike Höpnner
Tänzerinnen und Tänzer der Produktion "Swan Fate" bewegen sich auf der Bühne. © Friederike Höpnner
Tänzerinnen und Tänzer der Produktion "Swan Fate" bewegen sich auf der Bühne. © Friederike Höpnner
AUDIO: "Swan Fate" in Hamburg: "Schwanensee" im feministischen Heute (3 Min)

"Swan Fate" in Hamburg: "Schwanensee" im feministischen Heute

Stand: 16.12.2022 16:46 Uhr

Mit "Swan Fate" ist auf Kampnagel jetzt eine Bearbeitung von "Schwanensee" zu sehen. Der jahrhundertealte Stoff wurde mit viel Liebe zum Tanz und diversem Ensemble ins feministische Heute geholt.

von Annette Matz

Vor allem geht es an diesem Abend um Lust - Lust an Körpern, Lust an der Liebe, Lust an Bewegung. Alles beginnt mit einem Hofball wie in "Schwanensee" : Bevor sich die Zuschauenden ins Publikum setzen, werden sie von den Tänzern und Tänzerinnen freundlich-elegant zu einem Walzer aufgefordert. Wer dabei sein mag, zieht seine Schuhe aus und geht auf die Bühne. 

"Swan Fate" auf Kampnagel: Größtmögliche Barrierefreiheit 

Geschmeidig und wie von selbst gleitet der Abend dann weiter hinüber in das Stück "Swan Fate": Das Schicksal des Schwans beginnt auf dem glänzend schwarzen Bühnenboden, der schimmert wie ein tiefer See. Hier treffen sich die Menschen, die auch Schwäne sein könnten - angedeutet durch einen weißen, durchlässigen Stoff am Arm, Flügelschläge oder Masken, die an Schnäbel erinnern.

Was zuerst wie ein Griff in die Performance-Kiste wirkt, entpuppt sich als größtmögliche Barrierefreiheit: Wenn auf der Bühne gesprochen wird, übersetzt einer der Tänzer das Gesagte in Gebärdensprache. Außerdem wird der gesamte Abend von einer Art Audiodeskription als künstlerischem Mittel begleitet. Die Erläuterungen zum Bühnengeschehen sind sozusagen eingepreist und gingen für manche über die reine Erklärung hinaus. "Das hat dem Ganzen noch mal mehr Richtung gegeben, mehr Halt in der Geschichte, das fand ich sehr angenehm", sagt ein Zuschauer später. "Ich fand es zu textlastig", meint hingegen eine andere Zuschauerin. "Das war mir zu viel Meta-Erklärung, das fand ich anstrengend."

Ursina Tossi: Sehr eigene Annäherung an "Schwanensee"

Tänzerinnen und Tänzer der Produktion "Swan Fate" bewegen sich auf der Bühne. © Friederike Höpnner
Bei "Swan Fate" auf Kampnagel erlebt das Publikum ein virtuoses Ensemble.

Die Hamburger Choreografin Ursina Tossi widmet sich dem Schwanensee-Stoff mit ihren zehn Tänzerinnen und Tänzern auf ihre sehr eigene Weise. Als Allererstes kann hier jeder jeden lieben. Und wenn nicht gerade im beeindruckenden Pas de deux um Nähe und Distanz miteinander gerungen wird, tun sie es auch. Eine Zuschauerin lobt: "Jetzt sind ganz andere Beziehungskonstellationen möglich. Nicht nur: Der Prinz muss heiraten und sucht jetzt diese eine schöne Prinzessin."

Auf der spiegelnden Fläche bewegt sich das Ensemble unter zwei großen Monden. Sie jagen, kämpfen und amüsieren sich, sind leidenschaftliche Salsa-Tanzende. Immer wieder ist der Respekt vor dem anderen ein Thema, der und vor allem die niemandem gehört.

Klassische Ballett-Elemente werden kritisch durchbrochen

Eine große Stärke des virtuosen Ensembles und der Choreografin sind auch die an Orgien erinnernden Szenen. Wenn am Schluss einige der Tanzenden nackt sind, ist die Zartheit und mutige Nähe berührend und zugleich eine Herausforderung. 

Die Sehnsucht nach dem klassischen Tanz verbirgt das Ensemble nicht. Immer wieder wird die schwungvoll bekannte Musik von Tschaikowski eingespielt, Ballett getanzt. Doch die klassischen Elemente werden kritisch durchbrochen. Entweder durch gleißend kaltes Licht oder durch das lächerlich anmutende Verbeugen am Bühnenrand. Das ist schade. Und eine zu gern genommene Kritik moderner Compagnien am klassischen Ballett. Ein sehenswerter Abend - trotzdem.

 

"Swan Fate" in Hamburg: "Schwanensee" im feministischen Heute

Auf Kampnagel ist jetzt eine Bearbeitung des jahrhundertealten Stoffes mit viel Liebe zum Tanz und diversem Ensemble zu sehen.

Art:
Bühne
Datum:
Ort:
Kampnagel
Jarrestraße 20
22303 Hamburg
Telefon:
040 27094949
E-Mail:
tickets@kampnagel.de
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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Kulturjournal | 16.12.2022 | 19:00 Uhr

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