Rassismus-Vorwürfe: John Neumeier verteidigt "Othello"-Choreografie
Das Königliche Ballett in Kopenhagen hat die Zusammenarbeit mit John Neumeier auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Grund sind Rassismusvorwürfe zu einer geplanten "Othello"-Inszenierung. Hamburgs Ballettchef wehrt sich gegen die Vorwürfe.
An der geplanten "Othello"-Aufführung hatte es Kritik von Tänzerinnen und Tänzern der dänischen Compagnie gegeben. Es seien "rassistische Stereotype" in der Inszenierung. Dabei ging es vor allem um die Darstellung Othellos in einer Traumszene. In dieser führt Othello, der Schwarze Feldherr aus dem gleichnamigen Shakespeare-Drama, einen afrikanischen Jagdtanz auf. Eine exotische Traumfigur ist dabei dunkelblau bemalt. Die jungen Tänzerinnen und Tänzer fühlten sich damit unwohl. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte Neumeier, er habe der Compagnie angeboten, das Kostüm zu ändern und auf die Körperbemalung zu verzichten, die Choreografie wollte er jedoch nicht anpassen.
John Neumeier steht zu seinem "Othello"
John Neumeier verteidigt sein Konzept und den dramaturgischen Zweck des "Wilden Kriegers" im Kontext des Balletts. "Ich kann mir vorstellen, dass man diskutiert, ob man heutzutage einen Körper bemalt oder nicht", sagt Neumeier im Gespräch mit Annette Matz von NDR 90,3. Er habe versucht, die Elemente eines afrikanischen Jagdtanzes in seiner Choreografie zu realisieren. Der "Wilde Krieger" sei eine Heldenfigur. "Ich finde, wenn man etwas rassistisch intendiert hat, dann soll man es nicht machen. Aber wenn man etwas positiv damit ausdrücken möchte, ist es schwer für mich zu verstehen, warum das falsch ist", so Neumeier.
Mit Ärger liest John Neumeier die Schlagzeilen in den Zeitungen. Manche Dinge seien einfach falsch: "Die 'Bild'-Zeitung schreibt, die Tänzer müssen Affengeräusche machen und sich auf den Kopf klopfen. Das existiert nicht in dieser Choreografie", sagt Neumeier, der die Diskussion absurd findet. "Othello" dauere über zwei Stunden und jetzt gehe es um eineinhalb Minuten.
Bruch nach Auseinandersetzung in einer Probe
Ballettchef Nikolaj Hübbe sagte im dänischen Fernsehen, er halte Neumeiers "Othello" nicht für rassistisch, könne aber gut verstehen, "dass die Generation der Tänzerinnen und Tänzer das findet." Das müsse er respektieren.
Statt der angekündigten Aufführung von "Othello" nahm das Haus im Frühling daraufhin zunächst Neumeiers "Ein Sommernachtstraum" ins Programm. Zum Bruch kam es nun nach einer Probe zur "Sommernachstraum"-Inszenierung.
"Bei der einzigen Probe, die ich hatte, wo die ganze Compagnie da war, habe ich die Möglichkeit wahrgenommen, um meine Seite zu erklären", so Neumeier. Der Direktor Nikolaj Hübbe habe sich darüber geärgert, dass sich Neumeier noch einmal direkt an die Compagnie wandte. Er habe dem Direktor erklärt, dass er einen Dialog suche. Danach habe er mit dem Direktor nicht mehr gesprochen und etwa zehn Tage später sei die Absage der Neumeier-Inszenierung zu Mahlers 3. Sinfonie in Kopenhagen per Mail gekommen. Das Gastspiel ist nach Neumeiers Ansicht abgesagt worden, weil er der Compagnie seine Sichtweise erklärt habe.
Die Probe selbst sei Neumeiers Einschätzung nach harmonisch verlaufen. Die dänische Zeitung "Politiken" schildert die Stimmung bei der Probe anders. Die Diskussion sei so heftig geworden, dass die Tänzer, Direktor Nikolaj Hübbe zur Vermittlung hinzugezogen hätten und dieser Neumeier des Ortes verwiesen habe.
John Neumeier arbeitet schon viele Jahrzehnte mit dem Königlichen Ballett in Kopenhagen zusammen. Wie die Zusammenarbeit weitergeht, ist unklar. "Ich habe keine Ahnung - bis jetzt hat niemand mit mir darüber gesprochen", sagt Neumeier.
Mit Informationen von Annette Matz.