Kaufrausch: Wie Rabatte auf unser Hirn wirken
Nicht nur in der Vorweihnachtszeit ist Shoppen für viele ein Hobby: Mehr als 10.000 Gegenstände nennt ein Durchschnittseuropäer sein Eigen, aber nur die wenigsten davon braucht er wirklich. Von der Befriedigung existenzieller Bedürfnisse ist das Kaufen längst losgelöst. Doch was animiert uns zum Kaufen? Was bewirken Rabatte im Gehirn? Und wie schaffen es Händler und Marketing-Strategen, unser Kaufverhalten zu beeinflussen?
Ausgefeilte Verkaufspsychologie mit Licht und Geruch
Viele Verbraucher glauben, dass sie bewusst entscheiden, was sie kaufen. Tatsächlich laufen aber 70 Prozent aller Kaufentscheidungen unbewusst ab. Die Anordnung der Waren im Geschäft, Musik, Gerüche, Licht und andere Faktoren beeinflussen unser Kaufverhalten. Verkaufsexperten machen sich das zunutze, um Kunden zum Kaufen zu bewegen und Händlern zu guten Verkaufszahlen zu verhelfen. Dabei versetzt nichts die Verbraucher zuverlässiger in einen Kaufrausch als Preisnachlässe.
Rabatte wirken im Hirn wie Kokain
Hirnforscher beschäftigen sich seit Längerem mit der Frage, was beim Kaufen im Hirn passiert. Die eigentliche Kaufentscheidung fällt hinter unserer Stirn, im präfrontalen Cortex. Diese Region verarbeitet Informationen aus zwei konkurrierenden Systemen: dem Belohnungszentrum Nucleus accumbens und der Insula. Die Insula im Großhirnlappen wird nicht nur mit der Verarbeitung von körperlichen Schmerzen in Verbindung gebracht. Sie registriert auch finanzielle Verluste, also den "Schmerz" des Bezahlens. Ihr Gegenspieler, das Belohnungszentrum Nucleus accumbens, springt an, wenn Aussicht auf eine Belohnung besteht, zum Beispiel ein reizvolles Schnäppchen. Dann wird der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet und bewirkt beim Käufer ein Glücksgefühl. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Rabatte auf unser Gehirn wirken wie Kokain. Sie werden wie eine Belohnung empfunden und dämpfen damit den Schmerz beim Geldausgeben.
Wenn Kaufen zur Sucht wird
Kaufen kann damit eine Lust sein, aber es kann auch zum Problem werden. Kritisch wird es, wenn nicht mehr der Besitz einer Ware glücklich macht, sondern allein das Kauferlebnis den Kick bringt. Experten der Medizinischen Hochschule Hannover zufolge sind fünf Prozent der Deutschen von Kaufsucht betroffen - Frauen häufiger als Männer. Nicht selten geht das sogenannte pathologische Kaufen mit anderen psychischen Erkrankungen wie Depression und sozialen Ängsten einher. Eine Entwicklung, die das Problem der Kaufsucht noch verschärfen könnte, ist das schnelle und einfache Einkaufen im Internet, das 24 Stunden am Tag möglich ist. Im Netz sind Kunden zudem permanent Werbebotschaften ausgesetzt, die sie weiter verführen sollen. Erhöhte Gefahr besteht, wenn Betroffene über ihren Lebensstandard hinaus ständig Geld für Dinge ausgeben, die sie nicht benutzen, oder wenn es ihnen nur noch durch Einkaufen gelingt, negative Gefühle zu unterdrücken.
Immer mehr Unternehmen setzen auf Influencer
Immer mehr Unternehmen nutzen inzwischen den Einfluss von sogenannten Influencern für ihre Marketing-Stragie. Diese "Beeinflusser" sind junge Trendsetter, die sich auf Plattformen wie YouTube oder Instagram inszenieren und dort zu wahren Stars geworden sind. Sie beziehen die Produkte in ihre Videos ein und vermitteln so Werbebotschaften, die auf den ersten Blick gar nicht als solche empfunden werden, sondern eher als Tipps von Freunden. Inzwischen haben sich einige Agenturen auf die Vermarktung dieser Influencer spezialisiert und vermitteln die Internet-Berühmtheiten an Unternehmen, die wiederum die Influencer bezahlen.