Wie gefährlich ist die britische Coronavirus-Mutation?
Die Coronavirus-Mutation mit dem Namen B.1.1.7 breitet sich in Großbritannien weiter rasant aus. Mittlerweile wurde das Virus in Deutschland nachgewiesen.
Laut Robert Koch-Institut sind es bisher nur Einzelfälle. Doch Experten vermuten, dass die Dunkelziffer viel höher ist. Auch In Südafrika und Nigeria wurden Coronavirus-Mutationen gefunden. Nach bisherigen Erkenntnissen ist die britische Variante nicht tödlicher als der ursprüngliche Covid-19-Erreger. Aber laut Behörden in Großbritannien ist die neue Variante bis zu 70 Prozent ansteckender und das könnte den Kampf gegen die Pandemie deutlich erschweren.
Virus-Mutationen passieren ständig
Eine Virus-Mutation ist nichts Ungewöhnliches: Mutationen passieren bei Viren ständig, zufällig und ungerichtet. Wenn ein Virus mutiert, verändert es seine Erbinformationen. Veränderungen können durch punktuelle Veränderungen, durch den Austausch einzelner Nukleotide, entstehen oder aber durch den Austausch ganzer Genomblöcke oder -Fragmente. Diese unterschiedlichen Varianten erklären auch, warum Krankheitserreger weltweit unterschiedlich schwere Infektionswellen auslösen und warum Infektionen bei Menschen ganz unterschiedlich verlaufen können. Durchsetzen wird sich die Variante, die sich erfolgreicher vermehrt, also mehr Menschen infiziert. Genau dieses Phänomen ist in Großbritannien gerade zu verfolgen.
B.1.1.7 infiziert Zellen schneller
Wie hat sich das Coronavirus verändert? Vergleicht man den Bauplan des bisherigen Virus mit dem des neuen Virus wird deutlich, dass sich das Virus an seiner Oberfläche verändert hat – an den sogenannten Spike Proteinen. Diese bilden um das Virus einen Kranz. Es sind Proteine, die vom Virus genutzt werden, um in die Zellen einzudringen. Und diese Spike Proteine haben sozusagen ein Upgrade bekommen, das die Infektion einer menschlichen Zelle erleichtert. Möglicherweise reicht schon eine geringere Virusmenge und eine kurze Verweildauer aus, damit sich Menschen untereinander schneller infizieren. Nach ersten Erkenntnissen scheint B.1.1.7 aber nicht tödlicher zu sein als andere Coronavirus-Varianten.
Gefahr durch exponentielles Coronavirus-Wachstum
Doch was im ersten Moment beruhigend erscheint, ist für den weiteren Verlauf der Pandemie deutlich ungünstiger: Adam Kucharski, Professor an der London School of Hygiene and Tropical Medicine, hat ein Rechenmodel zum exponentiellen Wachstum veröffentlicht und zeigt, was die höhere Infektion bedeutet: Bei 10.000 aktiven Infizierten muss innerhalb eines Monats mit 129 Toten gerechnet. Eine 50 Prozent ansteckendere Variante würde die Zahl der Toten innerhalb eines Monats auf 978 katapultieren, einfach weil sich in der gleichen Zeit viel mehr Menschen angesteckt hätten. Wäre die neue Variante 50 Prozent tödlicher, würde das jedoch für einen linearen Anstieg sorgen: Binnen eines Monats würde die Zahl der Toten von 129 auf 193 steigen. Außerdem würde die Verbreitung der ansteckenderen Virusvariante die Umsetzung der Schutzmaßnahmen stark erschweren.
Hoffnung auf Schaden am mutierten Coronavirus
Eine weitere Entdeckung bei der neuen Variante macht Forschern ein wenig Hoffnung: Nicht nur an der Oberfläche des Virus – an den Spike Proteinen – sondern auch im Inneren des Virus gibt es Proteine, die für die Vermehrung und für die Unterdrückung der Immunantwort. Hier scheint das mutierte Virus Schaden genommen zu haben. Das könnte bedeuten, dass das Immunsystem die neue Variante sogar besser bekämpfen könnte. Doch diese Vermutung muss noch im Labor durch verschiedene Testungen nachgewiesen werden.
Zu wenig Genomsequenzierungen in Deutschland
Wie weit sich B.1.1.7 in Deutschland bereits verbreitet hat, ist für Experten schwer zu beantworten. Denn im Gegensatz zu Großbritannien wird in Deutschland bisher nur selten eine Sequenzierung durchgeführt. Dabei wird die genaue Basenabfolge der Ribonukleinsäure (RNA) des Virus bestimmt. So werden Veränderungen erkennbar. Bisher gibt es keine zentrale Erfassung der Zahl der Genomsequenzierungen in Deutschland. Experten fordern, die Sequenzierung stark auszubauen und das europaweit.
Studie: Impfstoff wirkt auch gegen Coronavirus-Mutation
Die Impfstoffe die jetzt gegen die bekannte Virusvariante gespritzt werden, also die an den Spike-Proteinen ansetzen, sind nach einer neuen Studie der Hersteller BioNTech und Pfizer auch gegen die neue Mutation mit den veränderten Spike-Proteinen wirksam. Gefestigte Erkenntnisse über die Mutationen sind laut Experten wohl im kommenden Frühjahr zu erwarten. Bis dahin sei es umso wichtiger, sich streng an die Vorgaben im Lockdown und an an die Hygieneregeln mit Abstand halten, Händewaschen und Maskentragen möglichst mit FFP2 Masken zu halten.