Vergesslichkeit: Helfen Nahrungsergänzungsmittel?
Bei Vergesslichkeit oder Konzentrationsstörungen versprechen freiverkäufliche Präparate Abhilfe. Helfen Nahrungsergänzungsmittel mit GABA, DHA, Cholin oder Ginkgo wirklich?
Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen: Davor haben viele Menschen Angst, denn mit zunehmendem Alter nimmt die Hirnleistung ab. Abhilfe versprechen zahlreiche Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen, die laut Werbung das Gehirn bis ins hohe Alter fit halten sollen. Doch gibt es überhaupt eine Pille gegen das Vergessen?
GABA und Zitronenmelisse: gelangen über Blut nicht ins Gehirn
Ein Beispiel ist eine Mixtur von grünem Tee, Guarana-Koffein, Vitamin B, dem Neurotransmitter Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) und einem Extrakt aus Zitronenmelisse, die zu einem Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform verarbeitet wird. Tatsächlich gibt es Hinweise, dass GABA eine wichtige Rolle beim Lernen spielt und der Zitronenmelisse wurde schon in der Antike eine geistig anregende Wirkung zugeschrieben.
Ein Beleg dafür, dass die Kapseln dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen, ist das allerdings nicht. Da sie nicht als Medikament, sondern als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden, muss der Hersteller eine Wirksamkeit auch nicht belegen. Es genügt, dass die Kapseln nach den Vorschriften zur Reinheit von Lebens- und Futtermitteln hergestellt werden. Auch wenn körpereigene GABA im Gehirn den Schlaf und die geistige Leistungsfähigkeit fördert, ist eine Wirkung zusätzlich eingenommener GABA unwahrscheinlich, weil sie wegen der Blut-Hirn-Schranke nicht ins zentrale Nervensystem gelangen kann.
DHA und Cholin: zusätzliche Zufuhr notwendig?
Ein anderes Nahrungsergänzungsmittel enthält neben Vitamin B12, Vitamin B5, Zink, Folsäure und der Fettsäure DHA vor allem das vitaminähnliche Cholin. Es wird im Körper im besten Fall in den Botenstoff Acetylcholin umgewandelt, der tatsächlich wichtig für unser Gehirn ist. Doch Studien, dass Cholin die Entwicklung einer Demenz verhindern könnte, gibt es nicht. Der menschliche Körper stellt Cholin in geringem Umfang selbst her und nimmt es ausreichend über die Nahrung aus Pflanzenölen, Fisch, Eiern oder Nüssen auf. Eine zusätzliche Zufuhr ist laut Experten und Expertinnen nicht erforderlich.
Ginkgo-Tabletten: Spezial-Extrakt kann geistigen Verfall nicht aufhalten
Im Handel finden sich Ginkgo-Präparate wie Gingium, Ginkobil oder Tebonin - beworben als natürliche "Gehirn-Power" mit Anti-Stress-Formel. Wer solche Kapseln einnimmt, soll bis ins hohe Alter fit im Kopf bleiben. Eine Langzeit-Studie hat jedoch gezeigt, dass der Spezial-Extrakt unseren geistigen Verfall nicht aufhalten kann. Leicht bis mäßig erkrankte Alzheimerpatienten profitieren nicht von Ginkgo-Präparaten. Und es gibt keine Beweise, dass diese Mittel bei gesunden Menschen eine Demenz verhindern.
Lediglich auf Patientinnen und Patienten mit dementiellen Symptomen und Verhaltensstörungen kann eine Dosis von 240 mg Ginkgo pro Tag einen kleinen Effekt haben. Dafür muss man aber tief in die Tasche greifen: 60 Tabletten kosten um die 90 Euro. Die meisten Krankenkassen bezahlen diese Arzneimittel nicht. Dauerhaft eingenommen, wird das teuer. Es sei denn, man greift zu günstigen Nahrungsergänzungsmitteln mit einem geringeren Anteil an Ginkgo - für fünf bis 15 Euro pro Packung. Davon einfach mehr zu nehmen, um auf die 240 mg zu kommen, sei nicht ratsam, mahnen Experten und Expertinnen: Bei Ginkgo-Präparaten ist der Reinheitsgehalt entscheidend - teure Produkte sind frei von Ginkgolsäure. Gingolsäuren sind in den Blättern enthalten, aus denen der Extrakt gewonnen wird. In höher Konzentration können sie zu Magen-Darm-Beschwerden führen und Allergien auslösen. In den günstigeren Produkten sind die Ginkgolsäuren häufig nicht oder nur teilweise herausgefiltert.
Was steigert die geistige Leistungsfähigkeit?
Häufen sich Fälle von Vergesslichkeit oder kommt es zu schwerwiegenden Vorfällen, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden, bevor man sich auf dubiose Nahrungsergänzungsmittel einlässt. Für die Erhaltung der geistigen Leistungsfähigkeit wirken laut Studien zudem viel besser:
- guter Schlaf
- ausgewogene Ernährung
- viele soziale Kontakte
- Sport
- körperliche Betätigung
Denn eine Pille gegen das Vergessen gibt es nicht.