Frauenhände drücken eine Tablette aus einem Blister © fotolia Foto: Sandy Schulze

Tamoxifen: Medikament gegen Brustkrebs zurzeit nicht lieferbar

Stand: 21.02.2022 10:31 Uhr

Das Medikament Tamoxifen wird oft in der Brustkrebs-Therapie eingesetzt, weil die Nebenwirkungen gering sind. Derzeit kommt es jedoch zu Lieferengpässen. Der Grund: Viele Hersteller haben die Produktion eingestellt, weil sie wohl nicht mehr rentabel ist.

Immer wieder kommt es in Deutschland, einem Land mit einem der besten Gesundheitssysteme der Welt, zu Lieferengpässen bei Medikamenten. Häufig betroffen sind Kranke, die in besonderem Maß auf das richtige Medikament in der richtigen Dosis zur richtigen Zeit angewiesen sind. Derzeit sind Zehntausende Brustkrebspatientinnen betroffen, die den Östrogen-Hemmer Tamoxifen einnehmen. Der Markt ist geradezu leergefegt - weil sich die Produktion für die Hersteller wohl nicht mehr lohnt.

Tamoxifen hemmt Wachstum hormonabhängiger Tumorzellen

Tamoxifen bietet Brustkrebspatientinnen einen Schutz vor erneuter Erkrankung. Der Wirkstoff gehört zu den Antiöstrogenen. Dieser blockiert die Bindestellen des Östrogens auf den Zellen, auch auf den Krebszellen. Es kommt zu einer Abnahme der Zellvermehrung und zu einer Hemmung des Wachstums hormonabhängiger Tumorzellen. Ohne das Medikament fällt dieser Schutz weg. Tamoxifen ist deshalb fester Bestandteil bei der Nachsorge eines Hormonrezeptor-positiven Tumors und wird in der Regel über mehrere Jahre eingenommen.

Für Tamoxifen gibt es keinen alternativen Wirkstoff

Für Tamoxifen gibt es keinen alternativen Wirkstoff, auf den Ärztinnen und Ärzte ausweichen könnten. Es gibt zwar sogenannte Aromatasehemmer, diese haben aber deutlich mehr Nebenwirkungen. Frauen vor der Menopause müssen dann außerdem zusätzliche Medikamente einnehmen, welche die Eierstöcke lahm legen, was weitere erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringt. Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie der DKG hat gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften eine Stellungnahme mit Behandlungsalternativen herausgegeben.

Hoher Kostendruck macht Tamoxifen-Produktion unrentabel

Tamoxifen ist seit 1962 auf dem Markt. Die Patentrechte sind längst ausgelaufen. Das Brustkrebsmedikament wird als Nachahmerprodukt, als sogenanntes Generikum von mehreren Herstellern produziert. Allerdings haben sie alle das gleiche Problem: Immer mehr Zulieferer stellen die Produktion benötigter Inhaltsstoffe ein. Der Kostendruck ist enorm.

In den vergangenen Jahren haben immer mehr Zulieferer aufgegeben, weil es sich für sie nicht mehr lohnt. Für eine Tablette mit 20 Milligramm Tamoxifen erstatten die Krankenkassen knapp neun Cent. Seit 2009 gibt es ein Moratorium, das die Erstattungsbeträge deckelt. Gleichzeitig steigen die Herstellungskosten. Die Folge: Immer mehr Pharma-Unternehmen stellen die Produktion ein.

Frühwarnsystem bei Medikamenten-Engpässen gefordert

Der Markt für Tamoxifen ist zurzeit wie leergefegt. Betroffen ist vor allem die 20 mg Tablette. Auch Importe aus dem Ausland können das Problem wohl nicht lösen. Und: Laut Arzneimittelgesetz müssen Apotheker auf dem heimischen Markt zu den günstigsten Konditionen einkaufen. Hier wird über eine Ausnahmegenehmigung nachgedacht.

Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte versucht ein Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe, die Versorgungslücken zu schließen. Neben der geplanten Freigabe des Imports sollen Ärztinnen und Ärzte keine Rezepte zur individuellen Vorratshaltung ausstellen und auf kleinere Verpackungsgrößen oder geringere Stärken ausweichen. Ende April, prognostiziert das Bundesinstitut, könnte Tamoxifen wieder zur Verfügung stehen. Es ist zu befürchten, dass bis dahin viele Betroffene auf den Schutz durch das Medikament verzichten müssen.

Die Abhängigkeit von wenigen Herstellern ist bei vielen Medikamenten ein Problem. Dieses strukturelle Problem taucht immer wieder auf und gefährdet die Versorgungssicherheit, wenn ein Glied in der Kette ausfällt. Deshalb fordert die Deutsche Krebsgesellschaft ein besseres Frühwarnsystem zur Abwendung von Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln.

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