Reha beantragen: Was sollten Patienten beachten?

Stand: 30.09.2024 15:10 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Eine medizinische Reha kann helfen, nach einer Erkrankung oder OP zurück in den Alltag zu finden oder das Fortschreiten einer Erkrankung zu verhindern. Beim Beantragen ist einiges zu beachten.

von Nadine Becker, Dagmar Lüdke-Bonnet

Eine medizinische Rehabilitation, kurz auch Reha genannt, soll helfen, die Folgen einer Erkrankung oder Operation zu bewältigen und eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden. Sie ist eine Ergänzung der medizinischen Behandlung einer Erkrankung und kann ambulant, teilstationär oder stationär stattfinden. Am häufigsten genutzt wird eine medizinische Reha in Deutschland bei orthopädischen Erkrankungen wie Arthrose des Hüft- oder Kniegelenks, Rückenschmerzen oder Bandscheibenschäden. Doch auch bei vielen anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel Schlaganfall, Herzinfarkt oder verschiedenen chronischen Krankheiten kann eine medizinische Reha sinnvoll sein und die Beantragung lohnt sich.

Reha-Ziel: Körperliche und geistige Fähigkeiten wiederherstellen

Operationen, Krankenhausaufenthalte oder chronische Erkrankungen sind einschneidende Ereignisse im Leben von Betroffenen. Zwar ist die Erkrankung durch die medizinische Behandlung im besten Fall geheilt oder wird therapiert, aber dennoch ist das Leben im Alltag für viele anschließend eingeschränkt. Genau hier setzt die medizinische Rehabilitation an: Sie dient dazu, die körperlichen und geistigen Fähigkeiten wiederherzustellen, zu verbessern oder aufrechtzuerhalten, sodass eine Teilhabe am alltäglichen Leben ermöglicht wird.

Zum Beispiel ist nach dem Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks eine orthopädische Reha oft sinnvoll, um unter anderem mit Physiotherapie und Ergotherapie zur gewohnten Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit zurückzufinden. Aber auch bei Herzerkrankungen - wie einem Herzinfarkt oder einer Herzinsuffizienz - kann eine medizinische Rehabilitation sinnvoll sein, um den Weg zurück in den Alltag zu finden.

Hier soll die medizinische Reha einen Rückfall in den alten Krankheitszustand verhindern, Ausdauer und Kraft sollen verbessert, ein gesunder Lebensstil sowie der richtige Umgang mit Medikamenten und der eigenen Erkrankung sollen erlernt werden. Auch die psychologische Verarbeitung einer Erkrankung spielt bei einer medizinischen Rehabilitation eine wichtige Rolle. Der Anspruch darauf ist im Sozialgesetzbuch (SGB) verankert.

Die wichtigsten Tipps zum Reha-Antrag in Kürze

  • Der Selbstauskunftsbogen sollte sorgfältig ausgefüllt werden - insbesondere Notwendigkeit, Einschränkungen im Alltag und Motivation sind relevant.
  • Der Arzt sollte gut begründen, warum die Reha medizinisch notwendig ist.
  • Antragstellende können einen konkreten Reha-Wunsch angeben: Die Klinik muss für die Erkrankung geeignet sein und einen Versorgungsvertrag mit dem zuständigen Kostenträger haben.
  • Am besten wird im Krankenhaus gemeinsam mit dem Sozialdienst eine Anschluss-Heilbehandlung (AHB) beantragt - diese werden häufig leichter genehmigt.

Reha richtig beantragen: Ärztlicher Befundbericht notwendig

Den Antrag für eine medizinische Rehabilitation stellen Betroffene selbst. Der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin sind erste Ansprechpartner, um einzuschätzen, ob eine medizinische Rehabilitation im konkreten Fall sinnvoll ist. Mit ihnen sollten Betroffene besprechen, ob die nötigen Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitation gegeben sind und ob diese ambulant, teilstationär oder stationär stattfinden soll. Wird ein Antrag zur Rehabilitation gestellt, muss der behandelnde Arzt oder die Ärztin einen Befundbericht beifügen, der die medizinische Notwendigkeit für die Reha begründet.

Voraussetzungen: Reha-Bedürftigkeit, Reha-Fähigkeit und Reha-Prognose

Wenn die bereits verordneten ambulanten Therapien, sogenannte Heilmittel, nicht ausreichen, kann eine medizinische Rehabilitation beantragt werden. Damit dem Antrag auf Rehabilitation stattgegeben wird, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein: Es muss eine klare Reha-Bedürftigkeit bestehen, eine Reha-Fähigkeit vorliegen und die Reha-Prognose, beziehungsweise das Reha-Ziel muss realistisch erreichbar sein.

Eine Reha-Bedürftigkeit besteht, wenn die Einschränkungen durch die Erkrankung oder Operation eine relevante Beeinträchtigung im alltäglichen Leben darstellt. Diese Beeinträchtigung darf nicht nur vorrübergehend bestehen.

Eine Reha-Fähigkeit besteht, wenn der oder die Betroffene seelisch und körperlich geeignet und motiviert ist, an der medizinischen Rehabilitation teilzunehmen - eine entsprechende Belastbarkeit muss vorhanden sein.

Eine angemessene Reha-Prognose und Reha-Ziele bestehen, wenn Betroffene durch die medizinische Rehabilitation tatsächlich nachweisbar profitieren können und durch die Maßnahme ein klar definiertes Ziel erreicht werden kann. Ein solches Ziel könnte zum Beispiel sein: die Wiederherstellung des körperlichen Ausgangszustandes vor der Erkrankung oder Operation, oder die Vermeidung, Verbesserung oder Beseitigung von Beschwerden. Auch das Aufhalten und Verzögern des Voranschreitens einer Erkrankung kann ein angemessenes Reha-Ziel darstellen.

Das richtige Antragsformular: Wann ist welcher Kostenträger zuständig?

Den Antrag für die medizinische Reha erhält man beim jeweils zuständigen Kostenträger; meist sind diese auch online verfügbar. Welcher Kostenträger für die medizinische Rehabilitation im jeweiligen Einzelfall zuständig ist, ist im Sozialgesetzbuch geregelt. Kostenträger können unter anderem sein: die Deutsche Rentenversicherung, die gesetzliche Krankenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung, die Bundesagentur für Arbeit oder die private Krankenversicherung.

Vereinfacht gesagt gilt folgende Regel: Ist die betroffene Person erwerbstätig und in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, ist meist nach SGB VI die Deutsche Rentenversicherung der Kostenträger für die medizinische Rehabilitation. Das gilt auch bei Privatunfällen und deren Folgen. Das Leitmotiv hierfür ist "Reha vor Rente". Voraussetzung ist unter anderem, dass die antragstellende Person die Mindestversicherungszeit erreicht hat, die je nach Reha-Leistung zwischen fünf und 15 Jahren beträgt. Je nach Fall genügt es auch, in den letzten zwei Jahren mindestens sechs Monate Pflichtbeiträge eingezahlt zu haben. Der Reha-Antrag kann online gestellt werden.

Handelt es sich bei der Erkrankung um eine anerkannte Berufskrankheit oder um einen Arbeitsunfall, übernimmt die Berufsgenossenschaft/gesetzliche Unfallversicherung meist die Kosten für die medizinische Rehabilitation. Dies gilt auch bei Wegeunfällen. Betroffene sprechen dazu am besten mit ihrem Betriebs- oder Durchgangsarzt oder dem behandelnden Facharzt, der die Berufserkrankung anzeigen kann.

Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt nach SGB V meist dann die Kosten für die medizinische Rehabilitation, wenn andere Sozialversicherungsträger nicht zuständig sind. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die betroffene Person bereits verrentet ist oder es sich um Kinder, Jugendliche oder nicht berufstätige Erwachsene handelt. Das Leitmotiv hier ist "Reha vor Pflege". Die meisten gesetzlichen Krankenversicherungen raten dazu, den Reha-Antrag über den behandelnden Arzt zu stellen und bieten online keine Antrags-Formulare an.

Privatversicherte, die zudem nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, haben in der Regel keinen gesetzlichen Anspruch auf eine medizinische Rehabilitation. Sie müssen mit ihrer privaten Krankenversicherung abklären, ob eine Reha Teil ihres Versicherungsvertrages ist.

Wer der zuständige Kostenträger ist, kann im Einzelfall zunächst schwierig zu ermitteln sein. Entlastend dabei ist jedoch: Der Kostenträger, bei dem der Antrag gestellt wird, ist dazu verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen zu prüfen, ob er zuständig ist und den Antrag gegebenenfalls an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten.

Reha-Klinik und Zeitpunkt wählen

Antragstellende dürfen Wünsche zum Ort und zum zeitlichen Beginn der medizinischen Rehabilitation angeben. Dafür haben viele Kliniken Hinweise auf ihren Websites und bieten Unterstützung bei der Antragstellung an. Wichtig bei der Wunschangabe ist, dass die Klinik für die Behandlung der jeweiligen Erkrankung geeignet sein muss, dass sie möglichst von unabhängiger Stelle zertifiziert ist und dass sie einen Versorgungsvertrag mit dem zuständigen Kostenträger abgeschlossen hat. Falls dies nicht der Fall ist oder die Kosten teurer sind als in einer anderen vergleichbaren Klinik, müssen die Mehrkosten selbst getragen werden. Abschließend erfolgt die Entscheidung, wann und in welcher Klinik die medizinische Rehabilitation erfolgt - in Abhängigkeit von der Indikation. Eine Verzeichnis mit über 1.000 Reha-Kliniken bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation.

Wenn der Antrag abgelehnt wird: Widerspruch einlegen

Wird der Erstantrag zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt, können Antragstellende Widerspruch einlegen. Es ist ratsam, dafür genau zu prüfen, warum der Antrag abgelehnt wurde. Gegebenenfalls hilft es, weitere medizinische Unterlagen einzureichen oder die Begründung für den Bedarf genauer zu formulieren. Der Arzt oder die Ärztin muss für den Widerspruch eine begründete Stellungnahme einreichen. Der Widerspruch muss schriftlich binnen einem Monat nach Erhalt der Ablehnung beim Kostenträger eingehen. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, können Betroffene binnen einem Monat eine Klage vor dem Sozialgericht einreichen. Dieses Verfahren ist kostenfrei, dauert jedoch in der Regel lange. Eine alternative Möglichkeit ist, die Ablehnung zu akzeptieren und einige Zeit später einen neuen, besser begründeten Antrag zu stellen.

Alternative: Anschlussheilbehandlung nach Krankenhausaufenthalt

Eine Anschlussheilbehandlung oder auch Anschlussrehabilitation ist eine Form der medizinischen Rehabilitation, die direkt im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt stattfindet. Sie muss binnen 14 Tagen nach Krankenhausentlassung oder Durchführung eines Eingriffs angetreten werden. Der Vorteil der Anschlussheilbehandlung ist, dass sie meist direkt im Krankenhaus mithilfe des dortigen Sozialdienstes beantragt wird und der behandelnden Arzt oder die Ärztin die Notwendigkeit direkt schriftlich begründet. Die Anschlussheilbehandlung wird oft deutlich leichter genehmigt als ein Reha-Antrag, den Betroffene stellen, wenn sie erst einmal zu Hause sind. Es lohnt sich daher, Ärzte und Sozialdienst im Krankenhaus direkt darauf anzusprechen.

Gegebenenfalls von Zuzahlung befreien lassen

Bei stationären medizinischen Rehabilitationen, die von der Deutschen Rentenversicherung finanziert werden, kann eine einkommensabhängige Zuzahlung fällig werden. Pro Behandlungs- beziehungsweise Aufenthaltstag beträgt sie bis zu zehn Euro für maximal 42 Kalendertage, bei einer Anschlussrehabilitation längstens 14 Tage. Sollten in dem Jahr bereits Reha-Leistungen in Anspruch genommen worden sein, werden diese berücksichtigt und angerechnet. Personen unter 18 Jahren müssen keine Zuzahlung leisten. Liegt das monatliche Nettoeinkommen unter 1.317 Euro ist keine Zuzahlung nötig. Der Antrag zur Zuzahlungsbefreiung kann auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung online gestellt werden.

Wieder Kassenleistung: Wie bekomme ich eine Badekur?

Klappt es mit der Work-Life-Balance nicht und erste gesundheitliche Probleme wie ständige Rücken- und Kopfschmerzen treten auf, gibt es für Erwerbstätige und Rentner die Möglichkeit, eine Auszeit in Form einer sogenannten offenen Badekur zu nehmen. Die Badekur ist seit Sommer 2021 wieder Pflichtleistung aller gesetzlichen Krankenkassen. Um diese Kassenleistung bewilligt zu bekommen, muss man nicht krank sein, denn eine Badekur gilt als "ambulante Vorsorgemaßnahme". Sie soll dem Erhalt der Gesundheit dienen und - anders als ein stationärer Reha-Aufenthalt - nicht einen Krankheitszustand verbessern. Die Badekur hat den Vorteil, dass man sich dabei völlig auf sich und seine Gesundheit konzentrieren kann und lernt, auch im Alltag etwas für sich zu tun - zum Beispiel mit Yoga, Walking oder Entspannungsmethoden. Die Hausärztin oder der Hausarzt muss eine Badekur als notwendig empfehlen und einen Antrag bei der Krankenkasse einreichen. Diese muss eine Badekur jeder und jedem Erwerbstätigen genehmigen. Aber auch Rentnerinnen und Rentner können die Badekur beantragen.

Nach der Genehmigung bleiben sechs Monate Zeit, um die Badekur in einem staatlich anerkannten Kurort anzutreten. Dort muss sich der Kurgast für die Verordnung der Anwendungen und Therapien bei der Badeärztin oder dem Badearzt vorstellen. Verordnet werden zum Beispiel Sport, Yogakurse, Entspannungsmaßnahmen, aber auch Anwendungen wie Moorbäder und Massagen. Alle drei Jahre für drei Wochen besteht Anspruch auf eine Badekur - für die der oder die Erwerbstätige Urlaub nehmen muss. Auch die Kosten für Anreise, Unterbringung und Verpflegung sind selbst zu tragen. Je nach Krankenkasse wird ein Zuschuss von 10 bis 16 Euro pro Tag gewährt. Alle Anwendungen und therapeutischen Maßnahmen übernimmt die Krankenkasse. Weigert sich diese und besteht darauf, dass vor einer Badekur zuerst alle Heilmittel und -methoden, inklusive Facharzt-Besuch am Wohnort, ausgeschöpft sein müssen, sollte man hartnäckig bleiben und Widerspruch einlegen.

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NDR Fernsehen | Visite | 01.10.2024 20:15 Uhr

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