Pränataldiagnostik: Welche Untersuchungen sind sinnvoll?
Vorgeburtliche Diagnostik umfasst Untersuchungen bei Schwangeren und Feten, die über Standarduntersuchungen hinausgehen. Wichtig bei Pränataldiagnostik (PND) ist eine individuelle Aufklärung durch Gynäkologen und Humangenetiker.
Unter PND versteht man das Screening auf Erkrankungen des ungeborenen Kindes. Eine der bekanntesten Krankheiten ist dabei zum Beispiel die Trisomie 21, die auch als Down-Syndrom bekannt ist. Dr. Manuela Tavares, Gynäkologin und Pränataldiagnostikerin
Zwar kommen rund 95 Prozent aller Kinder gesund zur Welt, die PND ermöglicht schon während der Schwangerschaft mit bestimmten Tests und Untersuchungen Fehlbildungen, Entwicklungsstörungen und Krankheiten beim ungeborenen Kind entdecken.
Präeklampsie - Erkrankung während der Schwangerschaft
Auch mütterliche Erkrankungen, die während der Schwangerschaft auftreten, können das Risiko für die Mutter und das ungeborene Kind erhöhen. Dazu zählt vor allem die Präeklampsie, eine Bluthochdruckerkrankung in der Schwangerschaft. Warnsignale dafür sind Bluthochdruck, Eiweiß im Urin, Ödeme sowie Oberbauch- und Kopfschmerzen. Es geht darum, diese Erkrankung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die PND ermöglicht auch, ein Screening auf diese Erkrankung im ersten Trimester durchzuführen und dann eine Behandlung zu beginnen, um das spätere Auftreten zu verhindern.
Bei der PND geht es nicht nur darum, ob dein Kind einen genetischen Defekt hat. Auch Fehlbildungen sind erkennbar. Diese können in seltenen Fällen im Mutterleib operiert werden oder direkt nach der Geburt. Zum Beispiel Herzfehler - da sagt man eben nicht, damit müsst ihr leben, sondern das kann man direkt nach der Geburt behandeln - und darauf müssen sich Eltern und Ärzte vorbereiten. Dr. Manuela Tavares, Gynäkologin und Pränataldiagnostikerin
Auch wenn Pränataldiagnostik ein gewisses Maß an Sicherheit bietet, eine Garantie für ein gesundes Kind kann sie nicht geben. Und: Tests können Krankheiten oder Behinderung nicht immer erkennen oder ausschließen - und sie können auch falsch positiv sind.
Zu den Untersuchungsmethoden der Pränataldiagnostik gehören:
- Ultraschall (B-Bild-Technik, Doppler, 3D und 4D-Technologie)
- Besondere Methoden zur Risikobeurteilung wie Ersttrimester-Screening
- Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese)
- Plazenta-Punktion (Chorionzottenbiopsie)
- Nabelschnur-Punktion (Cordozentese, Chordozentese)
Invasive Verfahren können das Risiko eines Abortes erhöhen, nach aktueller Datenlage sind dies etwa ein Abort auf 400 Untersuchungen.
Von Down-Syndrom bis Herzfehler: Was kann erkannt werden?
Das Ersttrimester-Screening, der mütterliche Bluttest auf Trisomie 13, 18 und 21 berechnen eine Risikowahrscheinlichkeit für das Auftreten einer genetischen Erkrankung. Eine Diagnose kann nur durch eine invasive Diagnostik, die Chorionzotten-Biopsie oder die Fruchtwasser-Untersuchung, gestellt werden.
Der Nackentransparenz-Test, eine Ultraschall-Untersuchung der breitesten Stelle der Nacken, kann Hinweise auf ein Down-Syndrom, eine Chromosomen-Abweichung oder einen Herzfehler geben. Dieser Test gehört zu den Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) und kostet bis zu 250 Euro.
Das Erstrimester-Screening findet in den Schwangerschaftswochen 11+0 bis 13+6 statt. Hier werden hauptsächlich untersucht:
- Organfehlbildungen
- Risiko für Präeklampsie
- Wahrscheinlichkeitsberechnung auf Trisomie 13, 18 und 21
"Großer Organultraschall" - Screening aller wichtigen Organe
Im zweiten Screening in der 18. bis 22. Schwangerschaftswoche untersuchen Ärztinnen und Ärzte beim "großen Organultraschall" die Entwicklung der Organe des Fötus. 80 bis 90 Prozent aller Organveränderungen lassen sich bereits vorgeburtlich erkennen, Herzfehler und Veränderungen der Nieren sind die häufigsten Fehlbildungen. Etwa ein Prozent aller Kinder kommt mit einem Herzfehler zur Welt. Davon hätten die meisten nur kleine Herzscheidewanddefekte, die nur kontrolliert werden müssten. Andere Herzfehler müssen auch direkt nachgeburtlich operiert werden, daher ist das Wissen um diese Fehlbildung wichtig.
Drittes Screening gehört zur Regelvorsorge bei Schwangeren
Das dritte Screening gehört zur Regelvorsorge und findet in der 29. bis 32. Schwangerschaftswoche statt. Dabei untersucht die Ärztin oder der Arzt das Wachstum des Ungeborenen. Darüber hinaus kontrollieren sie den Sitz der Plazenta sowie die Fruchtwassermenge.
Pränataldiagnostik - Was wird von den Krankenkassen bezahlt?
Während der Schwangerschaft bezahlen die Krankenkassen drei Ultraschalluntersuchungen für gesetzlich Versicherte.
Pränataltest NIPT ist seit Juli 2022 Kassenleistung
Seit Juli 2022 bezahlen die Krankenkassen auch den nicht invasiven Pränataltest, kurz NIPT. Allerdings muss vorher eine ausführliche Aufklärung erfolgt sein. Diese Blutuntersuchung kann Aufschluss geben, ob das Ungeborene eine genetische Erkrankung hat. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizinempfiehlt den Bluttest allerdings nur dann, wenn ein vorangegangener Ultraschall durchgeführt wurde. Der Grund: Die falsch-positiv Rate des NIPT-Tests ist etwa 50 Prozent. Ob das Kind wirklich an einer Trisomie bei einem positiven Test erkrankt ist, hängt vom mütterlichen Alter ab. Bei Frauen zwischen 20 und 30 liegt die die korrekte Erkennung der Trisomie 21 bei bis zu 50 Prozent. Aber: Der Test liefert keine Diagnose, sondern eine Wahrscheinlichkeit für eine Chromosomen-Anomalie.
Vorteile der Pränataldiagnostik
PND bietet Schwangeren eine gute Aufklärung bei Erkrankungen oder Fehlbildungen. Bei einem auffälligen Befund können zukünftige Eltern die richtige Klinik auswählen - mit einer Intensivstation für Neugeborene oder einem Herzzentrum. Außerdem haben Betroffene Anspruch auf eine von der Krankenkasse bezahlte psychosoziale Beratung, zum Beispiel bei Schwangerschaftsberatungen. Schwangere, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, können sich auch über die Broschüre "Von Mutter zu Mutter" informieren und praktische Hilfe holen.