Lipodystrophie: Wenn das Fehlen von Fettzellen dick macht
Lipodystrophien sind Stoffwechselerkrankungen, Betroffenen fehlt Unterhautfettgewebe. Dies führt zu Leptinmangel und oft zu Diabetes, Fettleber und Adipositas.
Lipodystrophie-Syndrome sind äußerst seltene Erkrankungen, die etwa einen von einer Million Menschen betreffen. Das wichtigste Symptom ist das komplette oder teilweise Fehlen von Unterhautfettgewebe. Betroffene sind entweder extrem schlank oder zeigen eine ungewöhnliche Fettverteilung mit extrem schlanken Gliedmaßen und übermäßiger Fettansammlung an Bauch, Hals und Gesicht.
Damit verbunden sind schwere Stoffwechselstörungen, insbesondere ein Leptinmangel. Das Sättigungshormon Leptin wird im Unterhautfettgewebe produziert. Zudem ist eine Lipodystrophie oft mit Störungen des Zucker- und Fettstoffwechsels verbunden sowie mit einem erhöhten Risiko für akute Entzündungen der Bauchspeicheldrüse und andere Organschäden.
Ursachen und Formen der Lipodystrophie
Lipodystrophien sind meist erblich bedingt, können aber auch erworben sein. Bei generalisierten Lipodystrophien kommt es am gesamten Körper zum Verlust des Fettgewebes unter der Haut, bei partiellen Formen ist das nur in bestimmten Regionen der Fall. Nach ihrer Ursache und Ausbreitung werden Lipodystrophien in vier Formen eingeteilt:
- Kongenitale generalisierte Lipodystrophie (CGL)
- familiäre partielle Lipodystrophie (FPL)
- erworbene generalisierte Lipodystrophie (AGL)
- erworbene partielle Lipodystrophie (APL)
Für die angeborenen Formen CGL und FPL wurden bereits einige Genveränderungen (Mutationen) als Ursache identifiziert, allerdings bei Weitem nicht alle. Eine erworbene Lipodystrophie kann verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Störungen des Immunsystems.
Folgen der Lipodystrophie
Überschüssige Energie speichert der Körper normalerweise in Form von Fett im Fettgewebe. Da das Unterhautfettgewebe bei einer Lipodystrophie deutlich reduziert ist oder komplett fehlt, kann das Fett aus der Nahrung dort nicht gespeichert werden. Der Körper lagert es stattdessen in Leber, Herz, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Muskeln ein. Das kann die Funktion der Organe beeinträchtigen.
Das Unterhautfettgewebe ist aber nicht nur ein wichtiger Energiespeicher des Körpers, sondern produziert auch Hormone wie das Sättigungshormon Leptin. Leptin wird von Fettzellen (Adipozyten) ausgeschüttet und ist wichtig für das Energiemanagement des Körpers, reguliert aber auch das Immunsystem und viele weitere Funktionen. So spielt Leptin auch eine wichtige Rolle für die Geschlechtsreife und die Fruchtbarkeit. Bei einer Lipodystrophie kann es zu einem Leptinmangel kommen mit Stoffwechselentgleisungen wie unstillbarem Hunger (Hyperphagie) und einer übermäßigen Nahrungsaufnahme, die letztlich zur Fettleibigkeit führt.
Weitere mögliche Folgen sind eine nachlassende Wirkung von Insulin (Insulinresistenz), schwer behandelbarer Diabetes, Pubertätsstörungen, polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS), Fettstoffwechselstörungen (Hypertriglyzeridämie), Müdigkeit und Muskelschmerzen.
Symptome und Diagnostik
Eine Heilung der Lipodystrophie ist bisher nicht möglich und es gibt auch keine Therapie, die das fehlende oder verlorene Fettgewebe wieder herstellen kann. Ziel der Behandlung ist es vielmehr, das Auftreten von Stoffwechselstörungen zu vermeiden. Diäten mit einer ausgewogenen Nährstoffzusammensetzung aber reduziertem Energiegehalt können die Stoffwechselstörungen lindern. Der unstillbare Hunger und die durch den Leptinmangel verursachte Hyperphagie machen die Einhaltung einer energiereduzierten Diät aber häufig sehr schwierig.
Da eine Lipodystrophie mit einem erhöhten Risiko für eine Herzmuskelerkrankung verbunden ist, sollten die Betroffenen besonders anstrengendes körperliches Training meiden. Bestimmte Formen der Lipodystrophie mit Leptinmangel können inzwischen auch mit dem Wirkstoff Metreleptin behandelt werden. Das Medikament ersetzt das fehlende Hormon und wird in Kombination mit einer Diät eingesetzt, wenn durch Standardtherapien keine angemessene Einstellung des Stoffwechsels erreicht werden konnte.
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