Mann hält sich den Hüftspeck © Colourbox Foto: Phovoir

Kryolipolyse: Hilft eine Kältebehandlung gegen Fettpolster?

Stand: 10.02.2025 15:50 Uhr | vom Rundfunk Berlin-Brandenburg-Logo

Fettpolster wie am Doppelkinn sind nur schwer loszuwerden. Eine Kryolipolyse hilft ohne OP: Kälte zerstört dabei das Fettgewebe. Infos zur Behandlung, den Kosten, Erfahrungen und Nebenwirkungen.

von Florian Schumann und Lucia Hennerici

Ob an Bauch, Hüfte, Oberschenkeln oder an den Armen: Viele kennen hartnäckige Fettpolster, die trotz Sport und Diäten nicht verschwinden. Wer sich nicht damit abfinden kann, hat mehrere Möglichkeiten der Behandlung. Am bekanntesten ist die Fettabsaugung, die Liposuktion: Dabei werden Fettzellen aus dem Körper gesaugt, also dem Körper invasiv entnommen. Doch das ist ein operativer Eingriff, bei dem mit einer Kanüle die Haut durchstochen werden muss. Manchmal bleiben auch Narben zurück.

Anders - und ohne OP - funktioniert die Kryolipolyse: Bei der Behandlung wirkt Kälte von außen auf die Fettzellen und zerstört diese. Besonders beliebt ist der Einsatz an schwer erreichbaren Fettpolstern wie dem Doppelkinn oder wenn es um "Sculpting" oder "Shaping" geht - also um kleine Fettpolster, zum Beispiel an Bauch oder Oberschenkeln, die für eine schönere Körperform weichen sollen.

Was ist eine Kryolipolyse-Behandlung?

Das Wort Kryolipolyse stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich zusammen aus: kryos (Frost/Eis), lipos (Fett) und lysis (Lösung). Bei der Behandlung wird eine Partie Fettgewebe durch einen Vakuumsog zwischen zwei Kühlplatten im Gerät gesaugt, bei neueren Geräten wird das Fettgewebe in eine kleine Mulde gesaugt. "In diesem Vakuum wird das Fettgewebe auf Temperaturen bis zu minus elf Grad Celsius gekühlt", erklärt der Plastische Chirurg Olaf Kauder, der die Methode seit 2013 in seiner Praxis anbietet. Damit es keine Erfrierungen der Haut gibt, wird zwischen Haut und Applikator ein Schutzfilm eingebracht - meist ein Gel mit einem dünnen Tuch. Bei dauerhafter Kühlung gehen die Fettzellen zugrunde. Das Fett schmilzt sozusagen dahin.

Eine Sitzung bei einer Kryolipolyse-Behandlung dauert etwa 60 Minuten. Dann wird das Gerät abgenommen und die gekühlte Haut steht zunächst steif vom Körper ab, ist meist rot-blau verfärbt. Diese Wulst muss nach der Behandlung wieder einmassiert werden. Damit gelangen auch die abgestorbenen Fettzellen ins gesunde Gewebe, wo sie in den Wochen nach der Behandlung langsam über Lymph- und Blutgefäße abtransportiert werden.

Wie zerstört die Kryolipolyse Fettzellen?

Wie das "Schmelzen" des Fettes auf Zellebene funktioniert, weiß man noch nicht bis ins letzte Detail. Man stellt es sich so vor, dass die Kälte die Blutversorgung der Fettzellen unterbindet und dabei einige absterben. Dabei wird lokal eine Entzündungsreaktion hervorgerufen, die zum Abtransport der zerstörten Fettzellen nötig ist.

Ist die Wirksamkeit wissenschaftlich belegt?

Weil die Kryolipolyse eine gesundheitsbezogene Behandlung ist, gelten besondere Regeln in Deutschland - zum Beispiel was die Werbung und den Nachweis der Wirksamkeit betrifft. Solide Studien zur Wirksamkeit fehlen aber noch. Dass er mit der Kryolipolyse Fettpolster reduzieren kann, dürfe er deshalb nicht bewerben, bestätigt der Plastische Chirurg Kauder. Denn mehrere deutsche Gerichte mahnten in Urteilen die fehlenden soliden wissenschaftlichen Studien an. So erklärte das Oberlandesgericht München 2016 in einem Urteil: Eine klinische und wissenschaftliche Absicherung für die Funktionsweise des Kryolipolyse-Verfahrens und dafür, dass es sich um eine einfache, erprobte und zuverlässig funktionierende Methode zum gezielten und dauerhaften Fettabbau von Fettpostern handelt, fehle bisher.

Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA habe aber ein Gerät zugelassen, und diese Behörde sei wesentlicher strenger als europäische Institutionen, so Kauder. Das besagte Gerät mit dem Namen "Coolsculpting" wendet er in seiner Praxis an, es werde ausschließlich an Ärzte verkauft. Die Nachahmer-Geräte aber könne jeder kaufen.

Erfahrungen aus der Praxis: Wann ist ein Erfolg der Kryolipolyse sichtbar?

"Erste Effekte sieht man nach etwa zwei Wochen", sagt Kauder über seine Erfahrungen mit der Kälte-Behandlung. "Dann kann man förmlich zusehen, wie die Fettpolster, die man schon jahrelang hatte, immer weniger werden." Bis zum vollen Effekt kann es aber zwei bis drei Monate dauern.

Im Gegensatz zur Fettabsaugung gibt es in der optischen Wirkung einen Unterschied: "Bei der Kryolipolyse kommt es nicht zu einer narbigen Schrumpfung des Bindegewebes, wie beim Fettabsaugen", sagt Kauder. Deshalb hänge das Ergebnis auch davon ab, wie elastisch sich die Haut nach der Behandlung anpassen könne. "Hier muss man abwägen und beraten, denn gerade manchen Älteren ist nicht klar, dass sie danach vielleicht weniger Fett haben, aber die Haut dadurch viel weniger straff wirkt."

Welche Körperstellen sind für die Kryolipolyse geeignet?

Die Methode könne prinzipiell an jeder Körperstelle angewendet werden, an der sich lokale Fettpolster befinden, so Kauder. Bei Frauen werden vor allem diese Körperpartien nachgefragt und sprechen gut auf die Behandlung an:

  • Unterbauch
  • Hüfte
  • hinterer Brustkorb
  • Innenseite der Oberschenkel

Geschlechtsunabhängig ist die Kryolipolyse gegen das Doppelkinn sehr beliebt und weit verbreitet - auch weil dieses Fettgewebe sich schwer oder gar nicht mit Training bekämpfen lässt.

Nebenwirkungen: Welche Risiken gibt es bei der Kryolipolyse?

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schmerzen während und nach der Behandlung, bei älteren Geräten sei das Gewebe nach der Behandlung oft länger verhärtet, auch ein Taubheitsgefühl könne mehrere Wochen anhalten, so Kauder. Außerdem seien Hämatome - also blaue Flecken im behandelten Gewebe - nicht außergewöhnlich, jedoch sehr vom verwendeten Gerät abhängig. Weiterhin könne eine paradoxe Fettgewebsvermehrung als Nebenwirkung auftreten. Statt weniger wird das Fettgewebe in diesem Fall mehr - allerdings erst nach sechs bis acht Monaten. Patienten klagen dann darüber nach der Kryolipolyse zugenommen zu haben.

Studien zu langfristigen Effekten der Kryolipolyse liegen noch nicht vor. Dennoch gehen manche Wissenschaftler davon aus, dass die Methode nicht nur Auswirkungen auf das Fettgewebe, sondern auch auf die umliegenden Strukturen der Unterhaut sowie das Immunsystem hat.

Wann darf Kryolipolyse nicht angewendet werden?

Wegen der vermuteten Auswirkung auf das Immunsystem raten Expertinnen und Experten bei chronischen Erkrankungen wie Morbus CrohnColitis ulcerosa oder Lupus zur Vorsicht.

In einer österreichischen Übersichtsarbeit werden unter anderem Gerinnungs-und Wundheilungsstörungen sowie die Therapie mit Blutverdünnern als Faktoren genannt, die gegen einen zeitgleichen Einsatz der Kryolipolyse sprechen. Gerinnungshemmer müssten also wenigstens einige Tage vor der Behandlung abgesetzt werden. Offizielle Empfehlungen gibt es aufgrund des Mangels an wissenschaftlicher Evidenz aber bisher nicht.

Effizienz geringer als bei Fettabsaugung

Verglichen mit einer Fettabsaugung ist die Kältemethode allerdings weniger effizient. Während Ärzte und Ärztinnen bei einer Liposuktion bis zu 75 Prozent des Fetts entfernen, sind bei der Kryolipolyse eher 25 Prozent die Regel. Dafür gibt es keine Wunden und man kann sofort wieder arbeiten oder Sport treiben.

Zum Abnehmen bei Adipositas nicht geeignet

Zum Abnehmen bei Fettleibigkeit (Adipositas) ist die Kryolipolyse nicht geeignet. "Sie ist eher für Normalgewichtige, die sich an lokalen Fettpölsterchen stören", sagt Kauder. Ziel der Behandlung ist also eher Modellierung, Shaping oder Sculpting. Dazu gehören auch Fettansammlungen bei Frauen nach der Menopause. Manchmal brauche man allerdings zwei oder drei Sitzungen bis zum gewünschten Ergebnis.

Kosten: Wie teuer ist eine Behandlung?

Eine Behandlung, also eine Sitzung, kostet zwischen 250 und 600 Euro - je nach Anbieter und Region. Wie viele Sitzungen nötig sind, hänge von den Wünschen der Patientin oder des Patienten, dem Fettgewebe und der zu behandelnden Stelle ab, so Kauder. Manchmal brauche man zwei oder drei Sitzungen bis zum gewünschten Ergebnis. Bei der Kryolipolyse handelt es sich um eine reine Privatleistung, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt wird.

Nur ein Arzt sollte eine Kryolipolyse durchführen

Wegen der Risiken für Menschen mit chronischen Krankheiten und bei der Einnahme bestimmter Medikamente sehen Ärzte wie Olaf Kauder die Entwicklung kritisch, dass die Kryolipolyse auch von Kosmetiksalons und anderen Laien angeboten wird. Nur ein Arzt oder eine Ärztin könnten im Vorgespräch Erkrankungen sowie Allergien und die Einnahme von Medikamenten richtig beurteilen und im Zweifel eine Behandlung ausschließen.

"Außerdem haben die nicht ärztlichen Anwender nicht den Hintergrund, um jemanden auch über Alternativen aufzuklären." So rate er manchen seiner Patienten und Patientinnen nach dem Vorgespräch auch von der Kryolipolyse ab - etwa Männern mit festem Fettgewebe oder wenn man keine ästhetische Verbesserung erwarten könne. Ob auch nichtärztliche Anbieter im Zweifel zum Wohle des Patienten von der Kryolipolyse abraten würden, bezweifelt Kauder: "Wir Ärzte haben Patienten - die anderen haben Kunden."

Fazit: Kein Ersatz für gesunde Lebensweise und Sport

Richtig durchgeführt, kann die Kryolipolyse offenbar dazu beitragen, das eine oder andere Fettpolster loszuwerden - auch wenn wissenschaftliche Studien nach wie vor Mangelware sind. Kryolipolyse ersetzt aber auf keinen Fall eine gesunde Lebensweise mit viel Sport. Und vielleicht kommt nach gründlicher Abwägung auch mancher zu dem Schluss, dass ein paar kleine Polster gar nicht so schlimm sind, sondern einfach dazugehören.

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BR | aktiv und gesund | 13.05.2024 | 14:10 Uhr

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