Kalkschulter: So bekämpfen Sie die schmerzhaften Schulterprobleme
Bei der Kalkschulter (tendinitis calcarea) handelt es sich um schmerzhafte Kalkeinlagerungen in der Schultersehne. Symptome beginnen oft plötzlich. Bewegung und Übungen können helfen. Die Behandlung erfolgt zunächst ohne OP.
Die Kalkschulter ist eine häufige Ursache von Schulterbeschwerden. Sie tritt vornehmlich im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf, betroffen sind insbesondere Frauen. Geschätzt haben etwa zehn Prozent der Deutschen Kalkeinlagerungen in einer Schultersehne, die allerdings längst nicht immer schmerzhaft sind. Treten Schmerzen auf, dann meist plötzlich und ohne vorausgegangene Belastung. Typischerweise kommt es zu starken bewegungsabhängigen Beschwerden - insbesondere bei Über-Kopf-Bewegungen, aber auch nachts in Ruhe.
Ursachen: Kalkeinlagerungen in Sehnen
Durch das Schultergelenk ziehen sich Sehnen. Sie verlaufen in einem engen Raum zwischen dem Schulterdach und dem Oberarmkopf. Aus noch ungeklärtem Grund kommt es vor, dass der Körper Sehnenzellen zu Knorpelzellen umbaut und Kalziumsalze einlagert (Formationsphase). Betroffen sind vor allem die Bereiche der Sehnen, in denen die Durchblutung kritisch ist oder auf die durch das Schulterdach Druck ausgeübt wird. Ein erhöhtes Risiko für dieses Phänomen tragen offenbar Diabetes-Betroffene.
Der Kalkeinlagerungsprozess kann Jahre andauern und auch zwischendurch lange ruhen. Irgendwann lösen sich die Kalkkristalle wieder und werden abgebaut (Resorptionsphase). Infolge der Umbauprozesse kommt es oft es zu einer Verdickung der Sehnen, die Beschwerden verursacht. Verschlimmert werden die Beschwerden durch muskuläre Dysbalancen, also wenn ein Missverhältnis in der Kraft von die Schulter umgebenden Muskeln vorliegt, sodass die Sehne am Schulterdach reibt. Bei Kraftsportlern, die hauptsächlich für die Optik trainieren, ist es keine Seltenheit, dass der Oberarmkopf muskulär hochgezogen wird und den Supraspinatus-Muskel im Schulterdach einklemmt.
Im ungünstigen Fall können die Kalkdepots aufbrechen und in den Schulterschleimbeutel gelangen. Daraus folgt oft eine extrem schmerzhafte akute Entzündungsreaktion.
Symptome der Kalkschulter: Schmerzen und Bewegungsprobleme
Die Anzeichen variieren je nach der genauen Lage des Kalkdepots. Häufig bestehen Schmerzen im äußeren vorderen Schulterbereich, die in den Oberarm oder sogar bis zum Handgelenk ausstrahlen. Die Beschwerden können schon während der Kalkeinlagerung auftreten, meist entstehen sie jedoch beim Auflösen der Kalkdepots und vor allem durch das Einbrechen von Kalk in den Schleimbeutel.
Die Schmerzen verschlimmern sich nachts beim Liegen auf der betroffenen Schulter sowie beim Anheben des Arms über Schulterhöhe. Die heftigen Schmerzen können zudem starke Bewegungseinschränkungen zur Folge haben, zum Beispiel beim Zähneputzen oder beim Anziehen. In der Akutphase lässt sich der Arm unter Umständen gar nicht anheben.
Diagnose unter anderem durch Bildgebung
Abzugrenzen ist die Kalkschulter gegen andere Schmerzursachen wie etwa einen Sehnen(ein)riss oder Arthrose. Kalkeinlagerungen am Sehnenansatz lassen sich in der Regel durch Röntgen des Schultergelenks und eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) gut darstellen. Besonders per Ultraschall ist das Ausmaß einer möglicherweise begleitenden Schleimbeutelentzündung gut zu erkennen.
Ob festgestellte Kalkeinlagerungen auch wirklich schmerzursächlich sind, kann der Arzt nur durch eine genaue Anamnese und die körperliche Untersuchung prüfen. Er betrachtet dazu das Zusammenspiel von Schulter-, Rücken und Brustmuskulatur.
Behandlung bei tendinitis calcarea: Zunächst konservativ
Meist heilt die Kalkschulter binnen einiger Wochen oder Monate von allein aus. Behandelt wird in der Regel zunächst konservativ, also ohne OP.
Gegen erste akute Schmerzen hilft in der Regel die kurzfristige Gabe von Schmerzmitteln, sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Unter Umständen kann eine lokale Injektion von Kortison sinnvoll sein. Sie wirkt antientzündlich und abschwellend und verringert den Schmerz über mehrere Tage.
Bewegung oder Ruhe? Übungen schaffen Raum in der Schulter
Unter Umständen kann in der akuten Schmerzphase eine kurzfristige Ruhigstellung der Schulter in einer Armschlinge helfen. Normalerweise aber erfolgt begleitend zur medikamentösen Schmerzlinderung eine Bewegungstherapie. Sie soll den Rücken stärken und gezielt die Muskeln kräftigen, die den Oberarmkopf nach unten ziehen - damit erhält die Sehne mehr Raum, und der Druck wird vom Schleimbeutel genommen.
Bleibt eine Linderung der Beschwerden aus, kann eine extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) helfen. Dabei werden die Kalkdepots mithilfe hochenergetischer Ultraschallwellen zertrümmert. Zudem fördern die Ultraschallwellen die Durchblutung in der Region, sodass die Kalkreste besser abgebaut werden können. Die Stoßwelle regt zudem durch Freisetzung von Wachstums- und entzündungshemmenden Faktoren einen Selbstheilungsprozess in den Zellen an. Häufig reichen drei zehnminütige Sitzungen in einem Abstand von je einer Woche, um die Beschwerden nachhaltig zu beseitigen.
Als sogenannte Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) müssen die Patientinnen und Patienten die Stoßwellentherapie selbst bezahlen.
OP ist letzte Option
Bleiben alle konservativen Therapieversuche über einen längeren Zeitraum erfolglos, kann eine operative Entfernung der Kalkdepots erwogen werden. Im Rahmen eines minimalinvasiven Eingriffs, der Arthroskopie, können die Kalkdepots eröffnet und ausgeräumt werden. Dabei führt der Operateur in Vollnarkose ganz dünne Endoskope in den Gelenkspalt unter dem Schulterdach und entfernt dort sorgfältig die Kalkablagerungen. Für die Betroffenen ist der Erfolg schnell zu spüren, da die Schmerzen deutlich nachlassen und sie in der Regel innerhalb von zwei Wochen komplett beschwerdefrei sind. Bis die Schulter wieder belastbar und frei beweglich ist, vergehen allerdings etwa zwei Monate. Deshalb wird nach einer OP auch gleich (wieder) mit gezielten Übungen begonnen, um die Beweglichkeit zu erhalten und die gelenkstabilisierenden Muskeln zu kräftigen.
Dass die Kalkeinlagerungen wiederkehren, ist sehr selten. Allerdings kommt eine Kalkschulter häufig beidseitig vor (knapp 40 Prozent der Fälle).
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