Dehnübungen: Beweglichkeit und Gefäßgesundheit verbessern
Studien zufolge lockern Dehnübungen (Stretching) nicht nur Gelenke in Beinen, Hüfte, Rücken, Schulter und Co, sondern sorgen auch für geschmeidige Faszien und elastische Blutgefäße.
Ein gesunder Körper braucht neben Kraft und Ausdauer eine gute Beweglichkeit. Mit Dehnübungen lassen sich Beweglichkeit und Bewegungsspielraum verbessern, was schmerzfreie harmonische Bewegungsabläufe ermöglicht. Verspannungen und Verhärtungen - verursacht durch Schon- oder Fehlhaltungen - lassen sich mit Stretching lösen. Dabei werden laut aktueller Studien auch die Arterien gedehnt, wodurch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt.
Elastografie deckt Verspannungen auf
Der menschliche Bewegungsapparat besteht aus Knochen als Grundgerüst sowie Muskeln, Bändern und Sehnen, die die Knochen beweglich machen. Alles ist mit Nerven verbunden, die Impulse für Bewegung senden. Darüber liegt ein Netz aus Faszien, das Muskeln und Organe umhüllt.
Stehen aufgrund einer Fehl- oder Schonhaltung zum Beispiel die Füße schief, stimmt die Achse der Beine nicht mehr. Die Schiefstellung setzt sich über die Knie nach oben fort, das Becken kann sich schräg stellen und die Wirbelsäule versucht den Schiefstand auszugleichen. Die Spannung wird stärker, die Faszien sind angespannt, die Muskeln verhärten - und irgendwo schmerzt es.
Mit einem speziellen Ultraschall, der Elastografie, lässt sich messen, wie viel Spannung in den Muskeln steckt. Verhärtungen und Verspannen können so entdeckt und mit gezielten Dehnübungen gelöst werden.
Dehnübungen lockern Muskeln, Faszien und Sehnen
Muskuläre Verspannungen sind Dysbalancen zwischen einem Muskel und seinen Gegenspielern, die sich mit Dehnübungen ausgleichen lassen. Durch das Dehnen werden zunächst kurzfristig Fehlstellungen und Schiefstände im Bewegungsapparat korrigiert. Muskeln, Faszien und Sehnen lockern sich, die Knochen kehren zurück in eine optimale Position. Der Bewegungsumfang verbessert sich und Schmerzen verschwinden.
Stretching gegen Rückenschmerzen
Nicht nur für Schmerzpatienten, sondern auch für Vielsitzer ist regelmäßiges Dehnen wichtig - vor allem, um Rückenschmerzen vorzubeugen. Denn verharrt man häufig in derselben Position, verkürzen sich Muskeln, Sehnen und Bänder und die Faszien können zu fest werden. Sie verkleben dann mit den Muskeln - und schränken so die Beweglichkeit ein. Dazu kommt, dass sich in den Faszien Schmerzrezeptoren befinden, die sich bei Verhärtung melden und für Schmerzen sorgen. Werden die Faszien durch Stretching geschmeidiger, lässt auch der Schmerz nach.
Dehnen kann vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen
Eine japanische Studie zeigt, dass regelmäßiges Dehnen auch die Elastizität der Blutgefäße verbessern kann. Als Messgröße für die Elastizität der Gefäße dient die sogenannte arterielle Steifigkeit. Sie gibt außerdem Aufschluss über unser "Gefäßalter". Je höher die arterielle Steifigkeit, desto höher das Gefäßalter - und desto höher ist gleichzeitig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Da die Faszien als Netz neben Muskeln und Organen auch die Blutgefäße umhüllen, lockert regelmäßiges Dehnen die Faszien und somit nimmt auch die Elastizität der Gefäße zu.
Dehnen: So geht es richtig
Es gibt drei verschiedene Formen des Dehnens, die sich auch kombinieren lassen:
- Statisches Dehnen: Dabei nimmt man eine Position ein und hält sie 30 bis 60 Sekunden. Diese Form des Dehnens soll vor allem die Muskulatur lockern. Vor dem Sport empfiehlt sich diese Art der Dehnung nicht, denn der Muskel verliert durch das Dehnen für eine Weile die Fähigkeit sich schnell zusammen zu ziehen. Wer also besonders viel Leistung beim Sport liefern will, sollte lieber danach dehnen.
- Dynamisches Dehnen: Man bleibt nur kurz in einer Position, wiederholt diese Dehnung dafür öfter. Dynamisches Dehnen soll besonders gut auf das Fasziengewebe und die Strukturen von Bändern und Sehnen wirken und dort Verhärtungen lösen können.
- Exzentrisches Dehnen: Dabei wird der Muskel zunächst gedehnt und dann durch Gegendruck in der Dehnung angespannt. Damit kann man gleichzeitig den Bewegungsumfang vergrößern und die Muskulatur kräftigen.
Dehnübungen: Anleitung für den Alltag
Die folgenden Dehnübungen sorgfältig und vorsichtig auf einer rutschfesten Unterlage durchführen. Die Dehnung wird zu spüren sein, sollte aber über eine 7 von 10 auf der Schmerzskala nicht hinausgehen. Bei Schmerzen bitte ärztlichen Rat einholen.
- Dehnung der Arm- und Schultermuskulatur: Aufrecht hinstellen und den Arm quer vor den Oberkörper nehmen. Den Arm waagerecht halten und den Ellenbogen mithilfe des anderen Arms in Richtung gegenüberliegende Schulter ziehen.
- Trizeps-Dehnung: Eine Hand in den Nacken legen, dabei zeigt der Ellenbogen nach oben. Den Ellenbogen mit der anderen Hand in Richtung unterer Rücken drücken.
- Dehnung der Brust- und Schultermuskeln: Aufrecht hinstellen und die Arme gerade nach oben strecken. Die Schultern möglichst unten halten und die Rumpf-Muskulatur anspannen. Unteren Rücken und Bauch während der ganzen Dehnung anspannen.
- Dehnung der Brustmuskulatur: Aufrecht hinstellen und beide Arme nach hinten nehmen. Die Hände fest zusammenfassen und die Arme gestreckt halten, dabei die Brust nach vorne oben schieben. Der Kopf blickt geradeaus.
- Hüfte dehnen mit Vorwärtsbeuge im Stehen: Mit den Füßen schulterbreit auseinander stehen und dann aus der Hüfte nach vorne beugen - nicht aus dem Rücken. Die Beine gestreckt halten und so weit wie möglich mit den Händen nach unten gehen.
- Dehnübung im Knien: Mit einem Bein auf einer bequemen, stabilen Unterlage knien - das andere Bein ist aufgestellt. Jetzt das Becken nach vorne schieben. Zur besseren Stabilität eventuell mit einer Hand irgendwo festhalten. Vorsicht: Das Knie des aufgestellten Beines nicht über die Fußspitze hinaus bewegen!
- Beidbeinige Dehnung im Sitzen: Mit geradem Rücken auf den Boden setzen und die Beine ausstrecken. Nun versuchen, mit den Händen die Zehen zu umfassen und sich nach vorne zu ziehen. Den Rücken nur so weit beugen, wie nötig. Falls es nicht gelingt, mit den Händen bis zu den Füßen zu kommen, die Beine leicht beugen, bis die Zehen umfasst werden können.
- Kindshaltung im Fersensitz: Auf die Knie setzen und die Arme nach vorne ausstrecken. Dann Kopf und Rumpf nach vorne sinken lassen und den Po Richtung Fersen schieben.
- Quadrizeps-Dehnung im Stehen: Auf ein Bein stellen und den anderen Fuß hinter dem Po hochziehen. Dabei die Knie zusammenhalten und das Becken nach vorne schieben. Bei Gleichgewichtsproblemen mit einer Hand an einer Wand abstützen.
- Yoga-Kobra zur Dehnung der Bauchmuskulatur: Auf den Bauch legen, die Hände neben den Schultern ablegen. Die Unterarme liegen neben dem Oberkörper. Nach vorne schauen und den Oberkörper auf den Ellbogen hochstemmen. Die Hüfte bleibt dabei auf dem Boden.
- Dehnung der Oberschenkelrückseite und des Gesäßes: Auf den Rücken legen und ein Bein anwinkeln. Das andere Bein bleibt nach vorne ausgestreckt auf dem Boden. Das angewinkelte Bein langsam und sanft in Richtung Oberkörper ziehen.
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